Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Gräfin. Das heißt: der Kummer zerstöhrt mäch-
tiger, als das Alter. Aber solchen Augenblicken
muß man aus dem Wege eilen. Fort! hinunter in
den Lindengang! Die Sonne wird bald untergehen.
Ein solches Schauspiel der Natur zerstreut.
Eulal. Recht! Die untergehende Sonne ist ein
Schauspiel für einen Unglücklichen.
Gräfin. (indem sie, von Eulalien begleitet, abgebt)
Der des kommenden Morgens nie dabey vergessen
darf.
(ab.)
Fünfter Auftritt.
(Die Bühne verwandelt sich wieder in den Platz
vor Meinaus Wohnung.)
Der Major allein.
Unter Sonn' und Mond ist nur ein solches Paar.
Sie dürfen nicht getrennt werden; er muß ihr ver-
zeihen. -- Aber die Rolle, die ich zu spielen über-
nommen habe, ist schwerer, als ich anfangs dachte.
Was werd' ich ihm antworten, wenn er mir das
Phantom der Ehre entgegenstellt? wenn er mich
fragt, ob ich ihn zum Spott der bürgerlichen Ge-
sellschaft herabwürdigen will? was werd' ich ihm
K 3
Graͤfin. Das heißt: der Kummer zerſtoͤhrt maͤch-
tiger, als das Alter. Aber ſolchen Augenblicken
muß man aus dem Wege eilen. Fort! hinunter in
den Lindengang! Die Sonne wird bald untergehen.
Ein ſolches Schauſpiel der Natur zerſtreut.
Eulal. Recht! Die untergehende Sonne iſt ein
Schauſpiel fuͤr einen Ungluͤcklichen.
Graͤfin. (indem ſie, von Eulalien begleitet, abgebt)
Der des kommenden Morgens nie dabey vergeſſen
darf.
(ab.)
Fuͤnfter Auftritt.
(Die Buͤhne verwandelt ſich wieder in den Platz
vor Meinaus Wohnung.)
Der Major allein.
Unter Sonn’ und Mond iſt nur ein ſolches Paar.
Sie duͤrfen nicht getrennt werden; er muß ihr ver-
zeihen. — Aber die Rolle, die ich zu ſpielen uͤber-
nommen habe, iſt ſchwerer, als ich anfangs dachte.
Was werd’ ich ihm antworten, wenn er mir das
Phantom der Ehre entgegenſtellt? wenn er mich
fragt, ob ich ihn zum Spott der buͤrgerlichen Ge-
ſellſchaft herabwuͤrdigen will? was werd’ ich ihm
K 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0157" n="149"/>
            <sp who="#GRAFIN">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Gra&#x0364;fin.</hi> </speaker>
              <p>Das heißt: der Kummer zer&#x017F;to&#x0364;hrt ma&#x0364;ch-<lb/>
tiger, als das Alter. Aber &#x017F;olchen Augenblicken<lb/>
muß man aus dem Wege eilen. Fort! hinunter in<lb/>
den Lindengang! Die Sonne wird bald untergehen.<lb/>
Ein &#x017F;olches Schau&#x017F;piel der Natur zer&#x017F;treut.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#EUL">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Eulal.</hi> </speaker>
              <p>Recht! Die untergehende Sonne i&#x017F;t ein<lb/>
Schau&#x017F;piel fu&#x0364;r einen Unglu&#x0364;cklichen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GRAFIN">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Gra&#x0364;fin.</hi> </speaker>
              <stage>(indem &#x017F;ie, von Eulalien begleitet, abgebt)</stage><lb/>
              <p>Der des kommenden Morgens nie dabey verge&#x017F;&#x017F;en<lb/>
darf.</p>
              <stage> <hi rendition="#et">(ab.)</hi> </stage>
            </sp>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Fu&#x0364;nfter Auftritt.</hi> </hi> </head><lb/>
            <stage>(Die Bu&#x0364;hne verwandelt &#x017F;ich wieder in den Platz<lb/>
vor Meinaus Wohnung.)</stage><lb/>
            <sp who="#MAJ">
              <speaker>Der Major</speaker>
              <stage>allein.</stage><lb/>
              <p>Unter Sonn&#x2019; und Mond i&#x017F;t nur ein &#x017F;olches Paar.<lb/>
Sie du&#x0364;rfen nicht getrennt werden; er muß ihr ver-<lb/>
zeihen. &#x2014; Aber die Rolle, die ich zu &#x017F;pielen u&#x0364;ber-<lb/>
nommen habe, i&#x017F;t &#x017F;chwerer, als ich anfangs dachte.<lb/>
Was werd&#x2019; ich ihm antworten, wenn er mir das<lb/>
Phantom der Ehre entgegen&#x017F;tellt? wenn er mich<lb/>
fragt, ob ich ihn zum Spott der bu&#x0364;rgerlichen Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft herabwu&#x0364;rdigen will? was werd&#x2019; ich ihm<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0157] Graͤfin. Das heißt: der Kummer zerſtoͤhrt maͤch- tiger, als das Alter. Aber ſolchen Augenblicken muß man aus dem Wege eilen. Fort! hinunter in den Lindengang! Die Sonne wird bald untergehen. Ein ſolches Schauſpiel der Natur zerſtreut. Eulal. Recht! Die untergehende Sonne iſt ein Schauſpiel fuͤr einen Ungluͤcklichen. Graͤfin. (indem ſie, von Eulalien begleitet, abgebt) Der des kommenden Morgens nie dabey vergeſſen darf. (ab.) Fuͤnfter Auftritt. (Die Buͤhne verwandelt ſich wieder in den Platz vor Meinaus Wohnung.) Der Major allein. Unter Sonn’ und Mond iſt nur ein ſolches Paar. Sie duͤrfen nicht getrennt werden; er muß ihr ver- zeihen. — Aber die Rolle, die ich zu ſpielen uͤber- nommen habe, iſt ſchwerer, als ich anfangs dachte. Was werd’ ich ihm antworten, wenn er mir das Phantom der Ehre entgegenſtellt? wenn er mich fragt, ob ich ihn zum Spott der buͤrgerlichen Ge- ſellſchaft herabwuͤrdigen will? was werd’ ich ihm K 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/157
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/157>, abgerufen am 27.11.2024.