Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.Vierter Auftritt. Die Gräfin am Arm des Majors. Franz. Gräfin. Sieh da, ein fremdes Gesicht! Ver- muthlich der Diener. Major. Mein Freund, kann man seinen Herrn nicht sprechen? Franz. Nein. Major. Nur auf wenige Minuten. Franz. Er hat sich eingeschlossen. Gräfin. Sag er ihm, daß eine Dame hier auf ihn warte. Franz. Dann macht er gar nicht auf. Gräfin. Haßt er unser Geschlecht? Franz. Er haßt das Menschengeschlecht über- baupt, und das weibliche insbesondere. Gräfin. Warum denn? Franz. Er mag wohl betrogen worden seyn. Gräfin. Ey, da ist er aber nicht galant. Franz. Galant ist mein Herr nicht, aber wenn es darauf ankommt, einem Menschen das Leben zu retten, so thut er es mit Gefahr seines eigenen. Major. Und das ist mehr werth, als kahle Galanterie. Er hat Recht. Auch uns führt Ga- F
Vierter Auftritt. Die Graͤfin am Arm des Majors. Franz. Graͤfin. Sieh da, ein fremdes Geſicht! Ver- muthlich der Diener. Major. Mein Freund, kann man ſeinen Herrn nicht ſprechen? Franz. Nein. Major. Nur auf wenige Minuten. Franz. Er hat ſich eingeſchloſſen. Graͤfin. Sag er ihm, daß eine Dame hier auf ihn warte. Franz. Dann macht er gar nicht auf. Graͤfin. Haßt er unſer Geſchlecht? Franz. Er haßt das Menſchengeſchlecht uͤber- baupt, und das weibliche insbeſondere. Graͤfin. Warum denn? Franz. Er mag wohl betrogen worden ſeyn. Graͤfin. Ey, da iſt er aber nicht galant. Franz. Galant iſt mein Herr nicht, aber wenn es darauf ankommt, einem Menſchen das Leben zu retten, ſo thut er es mit Gefahr ſeines eigenen. Major. Und das iſt mehr werth, als kahle Galanterie. Er hat Recht. Auch uns fuͤhrt Ga- F
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0089" n="81"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Vierter Auftritt.</hi> </hi> </head><lb/> <stage>Die Graͤfin am Arm des Majors. Franz.</stage><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Sieh da, ein fremdes Geſicht! Ver-<lb/> muthlich der Diener.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Mein Freund, kann man ſeinen Herrn<lb/> nicht ſprechen?</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Nein.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Nur auf wenige Minuten.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Er hat ſich eingeſchloſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Sag er ihm, daß eine Dame hier auf<lb/> ihn warte.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Dann macht er gar nicht auf.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Haßt er unſer Geſchlecht?</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Er haßt das Menſchengeſchlecht uͤber-<lb/> baupt, und das weibliche insbeſondere.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Warum denn?</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Er mag wohl betrogen worden ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Ey, da iſt er aber nicht galant.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Franz.</hi> </speaker> <p>Galant iſt mein Herr nicht, aber wenn<lb/> es darauf ankommt, einem Menſchen das Leben<lb/> zu retten, ſo thut er es mit Gefahr ſeines eigenen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Und das iſt mehr werth, als kahle<lb/> Galanterie. Er hat Recht. Auch uns fuͤhrt Ga-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [81/0089]
Vierter Auftritt.
Die Graͤfin am Arm des Majors. Franz.
Graͤfin. Sieh da, ein fremdes Geſicht! Ver-
muthlich der Diener.
Major. Mein Freund, kann man ſeinen Herrn
nicht ſprechen?
Franz. Nein.
Major. Nur auf wenige Minuten.
Franz. Er hat ſich eingeſchloſſen.
Graͤfin. Sag er ihm, daß eine Dame hier auf
ihn warte.
Franz. Dann macht er gar nicht auf.
Graͤfin. Haßt er unſer Geſchlecht?
Franz. Er haßt das Menſchengeſchlecht uͤber-
baupt, und das weibliche insbeſondere.
Graͤfin. Warum denn?
Franz. Er mag wohl betrogen worden ſeyn.
Graͤfin. Ey, da iſt er aber nicht galant.
Franz. Galant iſt mein Herr nicht, aber wenn
es darauf ankommt, einem Menſchen das Leben
zu retten, ſo thut er es mit Gefahr ſeines eigenen.
Major. Und das iſt mehr werth, als kahle
Galanterie. Er hat Recht. Auch uns fuͤhrt Ga-
F
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |