Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815.
die Sonne vom Himmel weg zu disputiren. An häuslichen Sonnenschein war gar nicht zu denken. Zum Glücke starb sie auch an der Rechthaberei; denn ich hatte sie oft genug ge- warnt, ihr Schlafzimmer nicht in einen Blu- mengarten umzuschaffen, allein nach jeder War- nung setzte sie noch ein Dutzend Blumentöpfe mehr hinein. Endlich am heiligen Pfingst- feste macht sie gar eine Birkenlaube daraus, und die gab ihr den Rest. Graf. Sie erstickte im Blumenduft. Ein recht poetischer Tod! Bar. Was hätte sie auch am Pfingstfeste gewinnen mögen? Die Gabe mit vielen Zun- gen zu reden? deren bedurfte sie nicht. Sie hatte nur Eine Zunge, aber welche!! Graf. Wer dich so bitter spotten hört, sollte nimmer glauben, daß dich nach einer zweiten Heirath gelüsten könnte. Bar. Ist denn die Erfahrung in der Welt um uns klüger zu machen? siehst du nicht
die Sonne vom Himmel weg zu disputiren. An haͤuslichen Sonnenschein war gar nicht zu denken. Zum Gluͤcke starb sie auch an der Rechthaberei; denn ich hatte sie oft genug ge- warnt, ihr Schlafzimmer nicht in einen Blu- mengarten umzuschaffen, allein nach jeder War- nung setzte sie noch ein Dutzend Blumentoͤpfe mehr hinein. Endlich am heiligen Pfingst- feste macht sie gar eine Birkenlaube daraus, und die gab ihr den Rest. Graf. Sie erstickte im Blumenduft. Ein recht poetischer Tod! Bar. Was haͤtte sie auch am Pfingstfeste gewinnen moͤgen? Die Gabe mit vielen Zun- gen zu reden? deren bedurfte sie nicht. Sie hatte nur Eine Zunge, aber welche!! Graf. Wer dich so bitter spotten hoͤrt, sollte nimmer glauben, daß dich nach einer zweiten Heirath geluͤsten koͤnnte. Bar. Ist denn die Erfahrung in der Welt um uns kluͤger zu machen? siehst du nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#BA"> <p><pb facs="#f0011" n="5"/> die Sonne vom Himmel weg zu disputiren.<lb/> An <hi rendition="#g">haͤuslichen</hi> Sonnenschein war gar nicht<lb/> zu denken. Zum Gluͤcke starb sie auch an der<lb/> Rechthaberei; denn ich hatte sie oft genug ge-<lb/> warnt, ihr Schlafzimmer nicht in einen Blu-<lb/> mengarten umzuschaffen, allein nach jeder War-<lb/> nung setzte sie noch ein Dutzend Blumentoͤpfe<lb/> mehr hinein. Endlich am heiligen Pfingst-<lb/> feste macht sie gar eine Birkenlaube daraus,<lb/> und die gab ihr den Rest.</p> </sp> <sp who="#GRAF"> <speaker>Graf.</speaker> <p> Sie erstickte im Blumenduft. Ein<lb/> recht poetischer Tod!</p> </sp> <sp who="#BA"> <speaker>Bar.</speaker> <p> Was haͤtte sie auch am Pfingstfeste<lb/> gewinnen moͤgen? Die Gabe mit vielen Zun-<lb/> gen zu reden? deren bedurfte sie nicht. Sie<lb/> hatte nur Eine Zunge, aber welche!!</p> </sp> <sp who="#GRAF"> <speaker>Graf.</speaker> <p> Wer dich so bitter spotten hoͤrt,<lb/> sollte nimmer glauben, daß dich nach einer<lb/> zweiten Heirath geluͤsten koͤnnte.</p> </sp> <sp who="#BA"> <speaker>Bar.</speaker> <p> Ist denn die Erfahrung in der<lb/> Welt um uns kluͤger zu machen? siehst du<lb/> nicht<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0011]
die Sonne vom Himmel weg zu disputiren.
An haͤuslichen Sonnenschein war gar nicht
zu denken. Zum Gluͤcke starb sie auch an der
Rechthaberei; denn ich hatte sie oft genug ge-
warnt, ihr Schlafzimmer nicht in einen Blu-
mengarten umzuschaffen, allein nach jeder War-
nung setzte sie noch ein Dutzend Blumentoͤpfe
mehr hinein. Endlich am heiligen Pfingst-
feste macht sie gar eine Birkenlaube daraus,
und die gab ihr den Rest.
Graf. Sie erstickte im Blumenduft. Ein
recht poetischer Tod!
Bar. Was haͤtte sie auch am Pfingstfeste
gewinnen moͤgen? Die Gabe mit vielen Zun-
gen zu reden? deren bedurfte sie nicht. Sie
hatte nur Eine Zunge, aber welche!!
Graf. Wer dich so bitter spotten hoͤrt,
sollte nimmer glauben, daß dich nach einer
zweiten Heirath geluͤsten koͤnnte.
Bar. Ist denn die Erfahrung in der
Welt um uns kluͤger zu machen? siehst du
nicht
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