Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815.werde vergebens seyn, und am wenigsten wird Baronin. Meinst du? Nan. Warum wollten wir auch nicht lie- ber eine Zierde der Schöpfung bleiben? Baronin. Mich dünkt, ich benehme mich doch sehr ungezwungen. Nan. Ja, vor dreißig oder vierzig Jah- ren, da hätten Sie allenfalls noch für einen Mann gelten mögen; aber jetzt - wo ist der ungeheure Backenbart? und vor Allem, wo ist der Uebermuth? die Keckheit? die Zu- versicht, mit welcher heut zu Tage die jun- gen Herren auftreten müssen? - Sie, gnä- dige Frau, verstehn nicht einmal mit der Hand in den Haaren zu wühlen, um sie in der gehörigen Unordnung zu erhalten. Bar. Gesetzt auch, man argwöhnte, ich sey ein Frauenzimmer, doch gewiß nicht wel- ches. werde vergebens seyn, und am wenigsten wird Baronin. Meinst du? Nan. Warum wollten wir auch nicht lie- ber eine Zierde der Schoͤpfung bleiben? Baronin. Mich duͤnkt, ich benehme mich doch sehr ungezwungen. Nan. Ja, vor dreißig oder vierzig Jah- ren, da haͤtten Sie allenfalls noch fuͤr einen Mann gelten moͤgen; aber jetzt – wo ist der ungeheure Backenbart? und vor Allem, wo ist der Uebermuth? die Keckheit? die Zu- versicht, mit welcher heut zu Tage die jun- gen Herren auftreten muͤssen? – Sie, gnaͤ- dige Frau, verstehn nicht einmal mit der Hand in den Haaren zu wuͤhlen, um sie in der gehoͤrigen Unordnung zu erhalten. Bar. Gesetzt auch, man argwoͤhnte, ich sey ein Frauenzimmer, doch gewiß nicht wel- ches. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0034" n="28"/> werde vergebens seyn, und am wenigsten wird<lb/> die Mummerei helfen. Es gehoͤrt eben kein<lb/> scharfes Auge dazu, um zu erkennen, daß wir<lb/> keine Herren der Schoͤpfung sind.</p> <sp who="#BAR"> <speaker>Baronin.</speaker> <p> Meinst du?</p> </sp> <sp who="#NA"> <speaker>Nan.</speaker> <p> Warum wollten wir auch nicht lie-<lb/> ber eine <hi rendition="#g">Zierde</hi> der Schoͤpfung bleiben?</p> </sp> <sp who="#BAR"> <speaker>Baronin.</speaker> <p> Mich duͤnkt, ich benehme<lb/> mich doch sehr ungezwungen.</p> </sp> <sp who="#NA"> <speaker>Nan.</speaker> <p> Ja, vor dreißig oder vierzig Jah-<lb/> ren, da haͤtten Sie allenfalls noch fuͤr einen<lb/> Mann gelten moͤgen; aber jetzt – wo ist<lb/> der ungeheure Backenbart? und vor Allem,<lb/> wo ist der Uebermuth? die Keckheit? die Zu-<lb/> versicht, mit welcher heut zu Tage die jun-<lb/> gen Herren auftreten muͤssen? – Sie, gnaͤ-<lb/> dige Frau, verstehn nicht einmal mit der Hand<lb/> in den Haaren zu wuͤhlen, um sie in der<lb/> gehoͤrigen Unordnung zu erhalten.</p> </sp> <sp who="#BA"> <speaker>Bar.</speaker> <p> Gesetzt auch, man argwoͤhnte, ich<lb/> sey ein Frauenzimmer, doch gewiß nicht wel-<lb/> ches. </p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0034]
werde vergebens seyn, und am wenigsten wird
die Mummerei helfen. Es gehoͤrt eben kein
scharfes Auge dazu, um zu erkennen, daß wir
keine Herren der Schoͤpfung sind.
Baronin. Meinst du?
Nan. Warum wollten wir auch nicht lie-
ber eine Zierde der Schoͤpfung bleiben?
Baronin. Mich duͤnkt, ich benehme
mich doch sehr ungezwungen.
Nan. Ja, vor dreißig oder vierzig Jah-
ren, da haͤtten Sie allenfalls noch fuͤr einen
Mann gelten moͤgen; aber jetzt – wo ist
der ungeheure Backenbart? und vor Allem,
wo ist der Uebermuth? die Keckheit? die Zu-
versicht, mit welcher heut zu Tage die jun-
gen Herren auftreten muͤssen? – Sie, gnaͤ-
dige Frau, verstehn nicht einmal mit der Hand
in den Haaren zu wuͤhlen, um sie in der
gehoͤrigen Unordnung zu erhalten.
Bar. Gesetzt auch, man argwoͤhnte, ich
sey ein Frauenzimmer, doch gewiß nicht wel-
ches.
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