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Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815.

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Gräfin. Hüten Sie sich, Herr Stall-
meister, daß ich, wider meinen Willen, Sie
nicht verstehen müsse.
Bar. Was könnt' ich dabei wagen? be-
scheidene Verehrung dulden auch die Götter.
Gräfin. Vergessen Sie nicht, daß mein
Gemahl in mir eine Sterbliche zu besitzen
glaubt.
Bar. Sie sind empfindlich, gnädige Grä-
fin - ich ahne Ihren Vorsatz. Ein Wort
von Ihnen bringt mich um meinen Dienst
- ich war schon längst darauf gefaßt. Nicht
Ihre Tugend scheut meine Gegenwart, nur
Ihr beleidigter Stolz. Verzeihen Sie die
herbe Wahrheit. Dem Scheidenden, wie
dem Sterbenden, wird ein letztes kühnes
Wort vergönnt. Nach manchen Stürmen
des Schicksals glaubte ich hier unter edlen
Menschen eine Freistatt gefunden zu haben -
zu meinem Unglück fand ich nicht blos Edel-
muth - auch die höchste Liebenswürdigkeit.
Graͤfin. Huͤten Sie sich, Herr Stall-
meister, daß ich, wider meinen Willen, Sie
nicht verstehen muͤsse.
Bar. Was koͤnnt' ich dabei wagen? be-
scheidene Verehrung dulden auch die Goͤtter.
Graͤfin. Vergessen Sie nicht, daß mein
Gemahl in mir eine Sterbliche zu besitzen
glaubt.
Bar. Sie sind empfindlich, gnaͤdige Graͤ-
fin – ich ahne Ihren Vorsatz. Ein Wort
von Ihnen bringt mich um meinen Dienst
– ich war schon laͤngst darauf gefaßt. Nicht
Ihre Tugend scheut meine Gegenwart, nur
Ihr beleidigter Stolz. Verzeihen Sie die
herbe Wahrheit. Dem Scheidenden, wie
dem Sterbenden, wird ein letztes kuͤhnes
Wort vergoͤnnt. Nach manchen Stuͤrmen
des Schicksals glaubte ich hier unter edlen
Menschen eine Freistatt gefunden zu haben –
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muth – auch die hoͤchste Liebenswuͤrdigkeit.
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[53/0059] Graͤfin. Huͤten Sie sich, Herr Stall- meister, daß ich, wider meinen Willen, Sie nicht verstehen muͤsse. Bar. Was koͤnnt' ich dabei wagen? be- scheidene Verehrung dulden auch die Goͤtter. Graͤfin. Vergessen Sie nicht, daß mein Gemahl in mir eine Sterbliche zu besitzen glaubt. Bar. Sie sind empfindlich, gnaͤdige Graͤ- fin – ich ahne Ihren Vorsatz. Ein Wort von Ihnen bringt mich um meinen Dienst – ich war schon laͤngst darauf gefaßt. Nicht Ihre Tugend scheut meine Gegenwart, nur Ihr beleidigter Stolz. Verzeihen Sie die herbe Wahrheit. Dem Scheidenden, wie dem Sterbenden, wird ein letztes kuͤhnes Wort vergoͤnnt. Nach manchen Stuͤrmen des Schicksals glaubte ich hier unter edlen Menschen eine Freistatt gefunden zu haben – zu meinem Ungluͤck fand ich nicht blos Edel- muth – auch die hoͤchste Liebenswuͤrdigkeit.

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_rehbock_1815/59>, abgerufen am 22.12.2024.