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Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.

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fügig, dass sie keinesfalls aus dem Rahmen der auch normalerweise vor-
kommenden Schwankungen herausfallen.

Ein ganz ähnliches Resultat stellt sich für die Coffeinversuche
heraus. Auch hier erfolgt nach der Einverleibung des Mittels eine
Beschleunigung der Reaction, die allerdings erst nach sehr langer
Zeit ihre grösste Ausgiebigkeit erreicht und sich auch weiterhin nicht
völlig wieder ausgleicht. Wenn demnach ein gewisser verkürzender
Einfluss des Mittels nicht unwahrscheinlich ist, so kommen wir doch
auch bei dieser Berechnungsart der Versuche zu demselben Schlusse
wie Dehio, dass nämlich die Wirkung des Thees oder Coffeins auf
die Dauer der einfachen Reaction im Ganzen eine recht undeutliche
und unsichere ist.

Kaum viel anders liegen die Dinge hinsichtlich der Wahlreac-
tion
. Die Theeversuche S. und De. zeigen uns freilich wieder ein
mehr oder weniger rasches Sinken der Werthe mit nachherigem
Ansteigen. Die grösste Verkürzung liegt bei S. etwa 23', bei De.
ungefähr 53' nach dem Theegenuss. Im letzteren Falle, wo der Ver-
such 11/2 Stunden lang fortgesetzt wurde, überschritten die letzten
Zahlen weit die Norm, im ersteren war sie nach 3/4 Stunden noch
nicht ganz wieder erreicht. Ganz anders aber ist der Versuch K.
ausgefallen, der allerdings erst Abends gegen 3/4 10 Uhr begonnen
wurde. Hier stellte sich gleich von vornherein eine beträchtliche
Verlangsamung der psychischen Arbeit ein, die erst am Schlusse des
Versuches, nach etwa 37 Minuten, der Rückkehr zur Norm Platz
machte. Auch hier wäre es möglich, die schon oben gegebene Er-
klärung des abweichenden Verlaufes anzunehmen. Es könnte wegen
der späten Abendstunde eine besonders grosse Ermüdbarkeit bestanden
haben, welche erst nach einer gewissen Zeit durch den Thee beseitigt
wurde. Dafür würde die anfängliche grosse Schwankung gegenüber
der späteren Constanz sprechen. Zudem hatte ich im Laufe des Vor-
mittags bereits einen Aether- und einen Chloroformversuch angestellt
und war überhaupt zu jener Zeit sehr angestrengt, da ich während
des Monats Mai 1882 fast alle meine Versuche über Aether, Chloroform
und Amylnitrit, sowie einen grossen Theil der älteren Alkoholversuche
und noch manche andere ausführte.

Der Coffeinversuch zeigt ebenfalls eine Beschleunigung der Reac-
tion, die sich an eine anfängliche, ganz unbedeutende, wol nur
zufällige Verlangsamung anschliesst und am deutlichsten etwa nach
einer Stunde erscheint. Da Dehio's Reihen mit ziemlich grossen
Zwischenpausen gewonnen wurden, um die Ermüdungseinflüsse nach

fügig, dass sie keinesfalls aus dem Rahmen der auch normalerweise vor-
kommenden Schwankungen herausfallen.

Ein ganz ähnliches Resultat stellt sich für die Coffeinversuche
heraus. Auch hier erfolgt nach der Einverleibung des Mittels eine
Beschleunigung der Reaction, die allerdings erst nach sehr langer
Zeit ihre grösste Ausgiebigkeit erreicht und sich auch weiterhin nicht
völlig wieder ausgleicht. Wenn demnach ein gewisser verkürzender
Einfluss des Mittels nicht unwahrscheinlich ist, so kommen wir doch
auch bei dieser Berechnungsart der Versuche zu demselben Schlusse
wie Dehio, dass nämlich die Wirkung des Thees oder Coffeins auf
die Dauer der einfachen Reaction im Ganzen eine recht undeutliche
und unsichere ist.

Kaum viel anders liegen die Dinge hinsichtlich der Wahlreac-
tion
. Die Theeversuche S. und De. zeigen uns freilich wieder ein
mehr oder weniger rasches Sinken der Werthe mit nachherigem
Ansteigen. Die grösste Verkürzung liegt bei S. etwa 23′, bei De.
ungefähr 53′ nach dem Theegenuss. Im letzteren Falle, wo der Ver-
such 1½ Stunden lang fortgesetzt wurde, überschritten die letzten
Zahlen weit die Norm, im ersteren war sie nach ¾ Stunden noch
nicht ganz wieder erreicht. Ganz anders aber ist der Versuch K.
ausgefallen, der allerdings erst Abends gegen ¾ 10 Uhr begonnen
wurde. Hier stellte sich gleich von vornherein eine beträchtliche
Verlangsamung der psychischen Arbeit ein, die erst am Schlusse des
Versuches, nach etwa 37 Minuten, der Rückkehr zur Norm Platz
machte. Auch hier wäre es möglich, die schon oben gegebene Er-
klärung des abweichenden Verlaufes anzunehmen. Es könnte wegen
der späten Abendstunde eine besonders grosse Ermüdbarkeit bestanden
haben, welche erst nach einer gewissen Zeit durch den Thee beseitigt
wurde. Dafür würde die anfängliche grosse Schwankung gegenüber
der späteren Constanz sprechen. Zudem hatte ich im Laufe des Vor-
mittags bereits einen Aether- und einen Chloroformversuch angestellt
und war überhaupt zu jener Zeit sehr angestrengt, da ich während
des Monats Mai 1882 fast alle meine Versuche über Aether, Chloroform
und Amylnitrit, sowie einen grossen Theil der älteren Alkoholversuche
und noch manche andere ausführte.

Der Coffeinversuch zeigt ebenfalls eine Beschleunigung der Reac-
tion, die sich an eine anfängliche, ganz unbedeutende, wol nur
zufällige Verlangsamung anschliesst und am deutlichsten etwa nach
einer Stunde erscheint. Da Dehio’s Reihen mit ziemlich grossen
Zwischenpausen gewonnen wurden, um die Ermüdungseinflüsse nach

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[110/0126] fügig, dass sie keinesfalls aus dem Rahmen der auch normalerweise vor- kommenden Schwankungen herausfallen. Ein ganz ähnliches Resultat stellt sich für die Coffeinversuche heraus. Auch hier erfolgt nach der Einverleibung des Mittels eine Beschleunigung der Reaction, die allerdings erst nach sehr langer Zeit ihre grösste Ausgiebigkeit erreicht und sich auch weiterhin nicht völlig wieder ausgleicht. Wenn demnach ein gewisser verkürzender Einfluss des Mittels nicht unwahrscheinlich ist, so kommen wir doch auch bei dieser Berechnungsart der Versuche zu demselben Schlusse wie Dehio, dass nämlich die Wirkung des Thees oder Coffeins auf die Dauer der einfachen Reaction im Ganzen eine recht undeutliche und unsichere ist. Kaum viel anders liegen die Dinge hinsichtlich der Wahlreac- tion. Die Theeversuche S. und De. zeigen uns freilich wieder ein mehr oder weniger rasches Sinken der Werthe mit nachherigem Ansteigen. Die grösste Verkürzung liegt bei S. etwa 23′, bei De. ungefähr 53′ nach dem Theegenuss. Im letzteren Falle, wo der Ver- such 1½ Stunden lang fortgesetzt wurde, überschritten die letzten Zahlen weit die Norm, im ersteren war sie nach ¾ Stunden noch nicht ganz wieder erreicht. Ganz anders aber ist der Versuch K. ausgefallen, der allerdings erst Abends gegen ¾ 10 Uhr begonnen wurde. Hier stellte sich gleich von vornherein eine beträchtliche Verlangsamung der psychischen Arbeit ein, die erst am Schlusse des Versuches, nach etwa 37 Minuten, der Rückkehr zur Norm Platz machte. Auch hier wäre es möglich, die schon oben gegebene Er- klärung des abweichenden Verlaufes anzunehmen. Es könnte wegen der späten Abendstunde eine besonders grosse Ermüdbarkeit bestanden haben, welche erst nach einer gewissen Zeit durch den Thee beseitigt wurde. Dafür würde die anfängliche grosse Schwankung gegenüber der späteren Constanz sprechen. Zudem hatte ich im Laufe des Vor- mittags bereits einen Aether- und einen Chloroformversuch angestellt und war überhaupt zu jener Zeit sehr angestrengt, da ich während des Monats Mai 1882 fast alle meine Versuche über Aether, Chloroform und Amylnitrit, sowie einen grossen Theil der älteren Alkoholversuche und noch manche andere ausführte. Der Coffeinversuch zeigt ebenfalls eine Beschleunigung der Reac- tion, die sich an eine anfängliche, ganz unbedeutende, wol nur zufällige Verlangsamung anschliesst und am deutlichsten etwa nach einer Stunde erscheint. Da Dehio’s Reihen mit ziemlich grossen Zwischenpausen gewonnen wurden, um die Ermüdungseinflüsse nach

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Zitationshilfe: Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/126>, abgerufen am 27.11.2024.