Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.schränkung auf ganz gleichartige, sich eng an einander anschliessende Als psychische Leistungen wählte ich bei den hier in Betracht Die Grundlage des Addirens bildeten Rechenhefte, in denen die schränkung auf ganz gleichartige, sich eng an einander anschliessende Als psychische Leistungen wählte ich bei den hier in Betracht Die Grundlage des Addirens bildeten Rechenhefte, in denen die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0022" n="6"/> schränkung auf ganz gleichartige, sich eng an einander anschliessende<lb/> Vorgänge liegen die Mängel der fortlaufenden Methode, in der Messung<lb/> continuirlicher Geistesarbeit, in der Anlehnung an alltägliche Vor-<lb/> gänge und in dem Fortfall feinerer psychometrischer Instrumente ihre<lb/> Vorzüge.</p><lb/> <p>Als psychische Leistungen wählte ich bei den hier in Betracht<lb/> kommenden Versuchen das <hi rendition="#g">Lesen,</hi> das <hi rendition="#g">Addiren einstelliger<lb/> Zahlen</hi> und das <hi rendition="#g">Auswendiglernen 12stelliger Zahlenreihen.</hi><lb/> Alle Versuche wurden ganz genau in der von <hi rendition="#g">Oehrn</hi> beschriebenen Weise<lb/> durchgeführt. Für die Leseversuche benutzten wir die einzelnen Bände<lb/> von <hi rendition="#g">Freytag</hi>’s „Bilder aus der deutschen Vergangenheit“ derart, dass<lb/> die Versuchspersonen bei jedem Versuche aus einem neuen Bande lesen<lb/> mussten. Das Lesen geschah halblaut; die einzelnen Silben sollten<lb/> deutlich articulirt, der Sinn aber nicht beachtet und die Interpunc-<lb/> tionszeichen nicht eingehalten werden. Anmerkungen wurden<lb/> nicht mitgelesen. In den Büchern waren die Silben zu je 100 vorher<lb/> abgezählt worden, wobei die vorkommenden Zahlen natürlich mit ihrer<lb/> Silbenzahl beim Aussprechen berücksichtigt wurden. Bei dem alle 5<lb/> Minuten ertönenden Glockenschlage wurde von jedem Leser an der Stelle,<lb/> an der er sich gerade befand, ein Bleistiftzeichen gemacht. Nach<lb/> Abschluss des Versuches wurde die Anzahl der in je 5 Minuten ge-<lb/> lesenen Silben berechnet und als Massstab für die Arbeitsleistung be-<lb/> nutzt. Um die kleineren Schwankungen mehr zurücktreten zu lassen,<lb/> erwies es sich späterhin als zweckmässig, die 3 in einer Viertel-<lb/> stunde gewonnenen Werthe zu einer arithmetischen Mittelzahl zu ver-<lb/> einigen, welche die durchschnittliche Lesegeschwindigkeit während<lb/> jener Zeit angab und deren mittlere Abweichung von den Einzel-<lb/> werthen ein Urtheil über die grössere oder geringere Gleichmässigkeit<lb/> der geleisteten Arbeit gestattete.</p><lb/> <p>Die Grundlage des Addirens bildeten Rechenhefte, in denen die<lb/> 9 einstelligen Zahlen in systematischer Abwechselung fortlaufend<lb/> reihenweise unter einander geschrieben waren. Die Aufgabe bestand<lb/> darin, mit möglichster Schnelligkeit jede folgende Zahl zu der Summe<lb/> der vorhergehenden hinzuzuaddiren. Zusammenfassen mehrerer Zahlen<lb/> zu Theilsummen musste dabei vermieden werden. Bei besonderer<lb/> Neigung zu derartigem Rechnen wurde die Zahlenreihe bedeckt und<lb/> immer nur die gerade in Betracht kommende Zahl freigelassen. So-<lb/> bald die Summe bis auf oder über 100 angewachsen war, liess man<lb/> den Hunderter einfach fort und benutzte den Ueberschuss sofort als<lb/> Grundlage für die weitere Fortsetzung der Addition u. s. w. Auch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0022]
schränkung auf ganz gleichartige, sich eng an einander anschliessende
Vorgänge liegen die Mängel der fortlaufenden Methode, in der Messung
continuirlicher Geistesarbeit, in der Anlehnung an alltägliche Vor-
gänge und in dem Fortfall feinerer psychometrischer Instrumente ihre
Vorzüge.
Als psychische Leistungen wählte ich bei den hier in Betracht
kommenden Versuchen das Lesen, das Addiren einstelliger
Zahlen und das Auswendiglernen 12stelliger Zahlenreihen.
Alle Versuche wurden ganz genau in der von Oehrn beschriebenen Weise
durchgeführt. Für die Leseversuche benutzten wir die einzelnen Bände
von Freytag’s „Bilder aus der deutschen Vergangenheit“ derart, dass
die Versuchspersonen bei jedem Versuche aus einem neuen Bande lesen
mussten. Das Lesen geschah halblaut; die einzelnen Silben sollten
deutlich articulirt, der Sinn aber nicht beachtet und die Interpunc-
tionszeichen nicht eingehalten werden. Anmerkungen wurden
nicht mitgelesen. In den Büchern waren die Silben zu je 100 vorher
abgezählt worden, wobei die vorkommenden Zahlen natürlich mit ihrer
Silbenzahl beim Aussprechen berücksichtigt wurden. Bei dem alle 5
Minuten ertönenden Glockenschlage wurde von jedem Leser an der Stelle,
an der er sich gerade befand, ein Bleistiftzeichen gemacht. Nach
Abschluss des Versuches wurde die Anzahl der in je 5 Minuten ge-
lesenen Silben berechnet und als Massstab für die Arbeitsleistung be-
nutzt. Um die kleineren Schwankungen mehr zurücktreten zu lassen,
erwies es sich späterhin als zweckmässig, die 3 in einer Viertel-
stunde gewonnenen Werthe zu einer arithmetischen Mittelzahl zu ver-
einigen, welche die durchschnittliche Lesegeschwindigkeit während
jener Zeit angab und deren mittlere Abweichung von den Einzel-
werthen ein Urtheil über die grössere oder geringere Gleichmässigkeit
der geleisteten Arbeit gestattete.
Die Grundlage des Addirens bildeten Rechenhefte, in denen die
9 einstelligen Zahlen in systematischer Abwechselung fortlaufend
reihenweise unter einander geschrieben waren. Die Aufgabe bestand
darin, mit möglichster Schnelligkeit jede folgende Zahl zu der Summe
der vorhergehenden hinzuzuaddiren. Zusammenfassen mehrerer Zahlen
zu Theilsummen musste dabei vermieden werden. Bei besonderer
Neigung zu derartigem Rechnen wurde die Zahlenreihe bedeckt und
immer nur die gerade in Betracht kommende Zahl freigelassen. So-
bald die Summe bis auf oder über 100 angewachsen war, liess man
den Hunderter einfach fort und benutzte den Ueberschuss sofort als
Grundlage für die weitere Fortsetzung der Addition u. s. w. Auch
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