Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.experimentelles Material gesammelt habe; nur einige Gesichtspunkte Die wichtigste Veränderung, welche sich fortwährend mit unserem Einen Anhaltspunkt für dieses Urtheil giebt uns die Betrachtung experimentelles Material gesammelt habe; nur einige Gesichtspunkte Die wichtigste Veränderung, welche sich fortwährend mit unserem Einen Anhaltspunkt für dieses Urtheil giebt uns die Betrachtung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0026" n="10"/> experimentelles Material gesammelt habe; nur einige Gesichtspunkte<lb/> sehr einfacher Natur, die sich auch späterhin werden verwerthen lassen,<lb/> sollen hier kurze Besprechung finden.</p><lb/> <p>Die wichtigste Veränderung, welche sich fortwährend mit unserem<lb/> Nervengewebe vollzieht und welche daher vor Allem den jeweiligen<lb/> Zustand desselben bestimmt, wird durch die Vorgänge der <hi rendition="#g">Ermüdung</hi><lb/> und der <hi rendition="#g">Erholung</hi> hervorgebracht. In grossen Zügen bringt der regel-<lb/> mässige Wechsel zwischen Wachen und Schlafen dieses Schwanken<lb/> zum Ausdruck. Aber auch während des Wachens lösen die Zeiten<lb/> der Arbeit und des Ausruhens und damit Zustände der Ermüdung<lb/> und Erholung immerfort einander ab. Man kann daher mit einem<lb/> gewissen Rechte den jeweiligen Grad der Ermüdung als das mass-<lb/> gebende Element für die augenblickliche Arbeitsdisposition des In-<lb/> dividuums ansehen. Bestimmt wird dieser Grad durch Art, Dauer<lb/> und Intensität der vorher geleisteten geistigen und körperlichen Ar-<lb/> beit, durch das Verhältniss derselben zu den eingeschobenen Erholungs-<lb/> und Schlafpausen, durch die Beziehungen zur Nahrungsaufnahme im<lb/> weitesten Sinne, die Beschaffenheit und Temperatur der Luft, die Ein-<lb/> wirkung chemischer Stoffe, körperlicher Störungen und endlich durch<lb/> die persönliche Constitution. Es ist natürlich nicht möglich, den<lb/> Effect aller dieser Einflüsse bei jeder psychophysischen Untersuchung<lb/> gesondert zu studiren, aber es erscheint wünschenswerth, wenigstens<lb/> in allgemeinen Umrissen überall ein Urtheil über den Stand des Er-<lb/> müdungsniveaus zu gewinnen.</p><lb/> <p>Einen Anhaltspunkt für dieses Urtheil giebt uns die Betrachtung<lb/> der typischen Veränderungen, welche die Höhe der Arbeitsleistung<lb/> während des Ueberganges aus dem Zustande grösster Erholung in den-<lb/> jenigen maximaler Ermüdung erleidet. Bei der Verfolgung dieser Ver-<lb/> änderungen sehen wir regelmässig, dass die Leistungsfähigkeit nicht im<lb/> Beginne, sondern erst <hi rendition="#g">nach einer gewissen Dauer der Arbeit</hi><lb/> am grössten ist. Diese Zunahme der Leistung tritt auch ein, wo von<lb/> einer Uebung im gewöhnlichen Sinne kaum die Rede sein kann, bei<lb/> Arbeiten, welche auch durch lange Fortsetzung der Versuche eine<lb/> dauernde Erleichterung nicht mehr erkennen lassen. Ich bin vielmehr<lb/> geneigt, anzunehmen, dass es sich hier um den Fortfall von Hem-<lb/> mungen, um jene Erregbarkeitssteigerung handelt, welche auch das<lb/> physiologische Experiment durch wiederholte Reizung des motorischen<lb/> Nerven hervorruft. Freilich wird sich diese <hi rendition="#g">allgemeine</hi> Erregbar-<lb/> keitssteigerung, welche jeder beliebigen Arbeitsleistung zu Gute kommt,<lb/> im einzelnen Falle nur schwierig von dem speziellen Uebungseffect für<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0026]
experimentelles Material gesammelt habe; nur einige Gesichtspunkte
sehr einfacher Natur, die sich auch späterhin werden verwerthen lassen,
sollen hier kurze Besprechung finden.
Die wichtigste Veränderung, welche sich fortwährend mit unserem
Nervengewebe vollzieht und welche daher vor Allem den jeweiligen
Zustand desselben bestimmt, wird durch die Vorgänge der Ermüdung
und der Erholung hervorgebracht. In grossen Zügen bringt der regel-
mässige Wechsel zwischen Wachen und Schlafen dieses Schwanken
zum Ausdruck. Aber auch während des Wachens lösen die Zeiten
der Arbeit und des Ausruhens und damit Zustände der Ermüdung
und Erholung immerfort einander ab. Man kann daher mit einem
gewissen Rechte den jeweiligen Grad der Ermüdung als das mass-
gebende Element für die augenblickliche Arbeitsdisposition des In-
dividuums ansehen. Bestimmt wird dieser Grad durch Art, Dauer
und Intensität der vorher geleisteten geistigen und körperlichen Ar-
beit, durch das Verhältniss derselben zu den eingeschobenen Erholungs-
und Schlafpausen, durch die Beziehungen zur Nahrungsaufnahme im
weitesten Sinne, die Beschaffenheit und Temperatur der Luft, die Ein-
wirkung chemischer Stoffe, körperlicher Störungen und endlich durch
die persönliche Constitution. Es ist natürlich nicht möglich, den
Effect aller dieser Einflüsse bei jeder psychophysischen Untersuchung
gesondert zu studiren, aber es erscheint wünschenswerth, wenigstens
in allgemeinen Umrissen überall ein Urtheil über den Stand des Er-
müdungsniveaus zu gewinnen.
Einen Anhaltspunkt für dieses Urtheil giebt uns die Betrachtung
der typischen Veränderungen, welche die Höhe der Arbeitsleistung
während des Ueberganges aus dem Zustande grösster Erholung in den-
jenigen maximaler Ermüdung erleidet. Bei der Verfolgung dieser Ver-
änderungen sehen wir regelmässig, dass die Leistungsfähigkeit nicht im
Beginne, sondern erst nach einer gewissen Dauer der Arbeit
am grössten ist. Diese Zunahme der Leistung tritt auch ein, wo von
einer Uebung im gewöhnlichen Sinne kaum die Rede sein kann, bei
Arbeiten, welche auch durch lange Fortsetzung der Versuche eine
dauernde Erleichterung nicht mehr erkennen lassen. Ich bin vielmehr
geneigt, anzunehmen, dass es sich hier um den Fortfall von Hem-
mungen, um jene Erregbarkeitssteigerung handelt, welche auch das
physiologische Experiment durch wiederholte Reizung des motorischen
Nerven hervorruft. Freilich wird sich diese allgemeine Erregbar-
keitssteigerung, welche jeder beliebigen Arbeitsleistung zu Gute kommt,
im einzelnen Falle nur schwierig von dem speziellen Uebungseffect für
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