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Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.

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"Aehnlichkeitsassociationen" verweisend. Jede dieser grossen Klassen
zerfiel dabei naturgemäss wieder in kleinere Gruppen.

Unter den äusseren Vorstellungsverbindungen bildeten die erste
Reihe diejenigen, bei denen das Bindeglied durch räumliche oder
zeitliche Coexistenz
geliefert wurde, z. B. Pferd-Sattel, Rauch-
Knall und ähnliche. Schwierigkeiten ergeben sich hier hauptsächlich
bei den Associationen zwischen Theil und Ganzem, die sich im All-
gemeinen ohne Zweifel unter den soeben genannten Gesichtspunkt ein-
ordnen lassen, bei denen aber bisweilen auch andere Auffassungen
nahe liegen. Die Verbindungen Haus-Fenster, Baum-Rinde sind ohne
Zweifel als Berührungsassociationen zu betrachten; wie steht es aber
z. B. mit der Verbindung Jahr-Monat? Ist hier für das Zustande-
kommen der Association die Zerlegung des Jahres in seine Bestand-
theile, das zeitliche Aufgehen des Monates im Jahre, ihre Coexistenz
im Datum, oder ist vielmehr ihre begriffliche Aehnlichkeit, ihre ge-
meinsame Unterordnung unter die Allgemeinvorstellung des Zeitab-
schnittes massgebend gewesen?

Weit verwickelter aber gestalten sich die Verhältnisse in der
zweiten Gruppe der äusseren Associationen, in welcher ich alle jene
Verknüpfungen zusammengefasst hatte, die auf mehr oder weniger
mechanischer Einübung beruhen. Hierhin gehören die Citate
und vor Allem die zahlreichen gewohnheitsmässigen Wortverbindungen
und Zusammensetzungen. An diesem Punkte tritt die Unzulänglich-
keit aller Eintheilungsversuche zu statistischen Zwecken klar zu Tage.
Wie Wundt betont hat, fixirt sich die geistige Arbeit der Genera-
tionen wie des Einzelnen mehr und mehr in den festen Redeformen
der Sprache. Was ursprünglich eigenartige associative Leistung war,
wird durch die häufige Wiederholung zur mechanisch eingelernten
Redensart, zur Phrase, die wir gebrauchen, ohne uns der einzelnen
begrifflichen Bestandtheile klar bewusst zu werden, jedenfalls ohne
active Betheiligung an dem Zustandekommen der bereits fertig in
unseren Gedankengang eintretenden Vorstellungsverbindung. Die
Sprache denkt für uns, indem sie uns den Niederschlag früherer Geistes-
arbeit ohne Weiteres zur Verfügung stellt und uns der Mühe über-
hebt, die zahllosen in ihrem Schatze aufbewahrten Verbindungen immer
selbst auf's Neue zu knüpfen. Alle inneren Associationen, namentlich
die sprachlichen, wandeln sich im Laufe ihrer Entwicklung um so
sicherer in äussere um, je häufiger sie vollzogen werden, oder richtiger,
es gesellt sich zu dem inneren ein mit jeder Wiederholung fester
werdendes äusseres Band. Schliesslich genügt dieses letztere allein

3*

„Aehnlichkeitsassociationen“ verweisend. Jede dieser grossen Klassen
zerfiel dabei naturgemäss wieder in kleinere Gruppen.

Unter den äusseren Vorstellungsverbindungen bildeten die erste
Reihe diejenigen, bei denen das Bindeglied durch räumliche oder
zeitliche Coexistenz
geliefert wurde, z. B. Pferd-Sattel, Rauch-
Knall und ähnliche. Schwierigkeiten ergeben sich hier hauptsächlich
bei den Associationen zwischen Theil und Ganzem, die sich im All-
gemeinen ohne Zweifel unter den soeben genannten Gesichtspunkt ein-
ordnen lassen, bei denen aber bisweilen auch andere Auffassungen
nahe liegen. Die Verbindungen Haus-Fenster, Baum-Rinde sind ohne
Zweifel als Berührungsassociationen zu betrachten; wie steht es aber
z. B. mit der Verbindung Jahr-Monat? Ist hier für das Zustande-
kommen der Association die Zerlegung des Jahres in seine Bestand-
theile, das zeitliche Aufgehen des Monates im Jahre, ihre Coexistenz
im Datum, oder ist vielmehr ihre begriffliche Aehnlichkeit, ihre ge-
meinsame Unterordnung unter die Allgemeinvorstellung des Zeitab-
schnittes massgebend gewesen?

Weit verwickelter aber gestalten sich die Verhältnisse in der
zweiten Gruppe der äusseren Associationen, in welcher ich alle jene
Verknüpfungen zusammengefasst hatte, die auf mehr oder weniger
mechanischer Einübung beruhen. Hierhin gehören die Citate
und vor Allem die zahlreichen gewohnheitsmässigen Wortverbindungen
und Zusammensetzungen. An diesem Punkte tritt die Unzulänglich-
keit aller Eintheilungsversuche zu statistischen Zwecken klar zu Tage.
Wie Wundt betont hat, fixirt sich die geistige Arbeit der Genera-
tionen wie des Einzelnen mehr und mehr in den festen Redeformen
der Sprache. Was ursprünglich eigenartige associative Leistung war,
wird durch die häufige Wiederholung zur mechanisch eingelernten
Redensart, zur Phrase, die wir gebrauchen, ohne uns der einzelnen
begrifflichen Bestandtheile klar bewusst zu werden, jedenfalls ohne
active Betheiligung an dem Zustandekommen der bereits fertig in
unseren Gedankengang eintretenden Vorstellungsverbindung. Die
Sprache denkt für uns, indem sie uns den Niederschlag früherer Geistes-
arbeit ohne Weiteres zur Verfügung stellt und uns der Mühe über-
hebt, die zahllosen in ihrem Schatze aufbewahrten Verbindungen immer
selbst auf’s Neue zu knüpfen. Alle inneren Associationen, namentlich
die sprachlichen, wandeln sich im Laufe ihrer Entwicklung um so
sicherer in äussere um, je häufiger sie vollzogen werden, oder richtiger,
es gesellt sich zu dem inneren ein mit jeder Wiederholung fester
werdendes äusseres Band. Schliesslich genügt dieses letztere allein

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[35/0051] „Aehnlichkeitsassociationen“ verweisend. Jede dieser grossen Klassen zerfiel dabei naturgemäss wieder in kleinere Gruppen. Unter den äusseren Vorstellungsverbindungen bildeten die erste Reihe diejenigen, bei denen das Bindeglied durch räumliche oder zeitliche Coexistenz geliefert wurde, z. B. Pferd-Sattel, Rauch- Knall und ähnliche. Schwierigkeiten ergeben sich hier hauptsächlich bei den Associationen zwischen Theil und Ganzem, die sich im All- gemeinen ohne Zweifel unter den soeben genannten Gesichtspunkt ein- ordnen lassen, bei denen aber bisweilen auch andere Auffassungen nahe liegen. Die Verbindungen Haus-Fenster, Baum-Rinde sind ohne Zweifel als Berührungsassociationen zu betrachten; wie steht es aber z. B. mit der Verbindung Jahr-Monat? Ist hier für das Zustande- kommen der Association die Zerlegung des Jahres in seine Bestand- theile, das zeitliche Aufgehen des Monates im Jahre, ihre Coexistenz im Datum, oder ist vielmehr ihre begriffliche Aehnlichkeit, ihre ge- meinsame Unterordnung unter die Allgemeinvorstellung des Zeitab- schnittes massgebend gewesen? Weit verwickelter aber gestalten sich die Verhältnisse in der zweiten Gruppe der äusseren Associationen, in welcher ich alle jene Verknüpfungen zusammengefasst hatte, die auf mehr oder weniger mechanischer Einübung beruhen. Hierhin gehören die Citate und vor Allem die zahlreichen gewohnheitsmässigen Wortverbindungen und Zusammensetzungen. An diesem Punkte tritt die Unzulänglich- keit aller Eintheilungsversuche zu statistischen Zwecken klar zu Tage. Wie Wundt betont hat, fixirt sich die geistige Arbeit der Genera- tionen wie des Einzelnen mehr und mehr in den festen Redeformen der Sprache. Was ursprünglich eigenartige associative Leistung war, wird durch die häufige Wiederholung zur mechanisch eingelernten Redensart, zur Phrase, die wir gebrauchen, ohne uns der einzelnen begrifflichen Bestandtheile klar bewusst zu werden, jedenfalls ohne active Betheiligung an dem Zustandekommen der bereits fertig in unseren Gedankengang eintretenden Vorstellungsverbindung. Die Sprache denkt für uns, indem sie uns den Niederschlag früherer Geistes- arbeit ohne Weiteres zur Verfügung stellt und uns der Mühe über- hebt, die zahllosen in ihrem Schatze aufbewahrten Verbindungen immer selbst auf’s Neue zu knüpfen. Alle inneren Associationen, namentlich die sprachlichen, wandeln sich im Laufe ihrer Entwicklung um so sicherer in äussere um, je häufiger sie vollzogen werden, oder richtiger, es gesellt sich zu dem inneren ein mit jeder Wiederholung fester werdendes äusseres Band. Schliesslich genügt dieses letztere allein 3*

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Zitationshilfe: Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/51>, abgerufen am 21.11.2024.