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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Besondere Pflanzenbaulehre.
falle können jedoch auch Dachräume, Scheunen, unbenützte Kühlschiffe und dergleichen
verwendet werden. In den Trockenhäusern oder Trockenräumen werden die einzelnen
Blätter auf Schnüren, welche mit einer Nadel durch die Mittelrippe gezogen werden,
frei aufgehängt. Bei dicken Blattrippen durchschneidet man wohl auch mit einem Messer
die Rippe und reiht die Blätter auf kleine, durch die Rippe gezogenen Ruthen auf.
Der Tabak darf jedoch erst dann zum Aufhängen kommen, wenn die Mittelrippe
runzlig wird und sich trocken anfühlt.

Je feuchter das Klima, um so schwieriger wird sich ein gutes Trocknen, ohne
daß ein Verstocken der Blätter oder der sogenannte Dachbrand eintritt, bewerkstelligen
lassen. Um in solchen Fällen ein Verschimmeln und Vermodern hintanzuhalten,
müssen die Blätter an den Schnüren so weit von einander geschoben werden, daß sie
sich nach dem durch das Trocknen herbeigeführten Einrollen nicht berühren.

Die Blätter sind bis spätestens November, Anfang October getrocknet, wenn
sie zusammengeballt wieder auseinandergehen und die Mittelrippe völlig trocken
ist. Nach dem Trocknen wird der Tabak nochmals sortirt und in kleinen Kästchen
zu je 25--30 Blätter zusammengelegt und mit einem passenden Brett zusammen-
gepreßt, um dann leicht mit einem Strohseile zusammengebunden zu werden. In die-
sen Bündeln, welche wöchentlich umzusetzen sind, wird der Tabak bis zum Verkaufe
aufgespeichert.

Je nach der Eignung des Klima's und der Witterung erntet man 860--2500
Kilogramm Blätter. Als Durchschnittserträge werden in Ungarn 1000 Kilogramm,
in Galizien 1000--1200 Kilogramm, in der Pfalz 1300--1700 Kilogramm
angegeben. Der mittlere Preis des Tabakes stellt sich auf 32--40 Mark (16 bis
20 fl.) per 100 Kilogramm, feinere Qualität bis auf 40 Mark (80 fl.). Bei
frühzeitiger Tabakernte und günstiger Herbstwitterung entwickeln sich aus den stehen-
gebliebenen Stengeln Seitentriebe, welche noch 170--350 Kilogramm eines wenig werth-
vollen Tabakes geben. Zur Samengewinnung läßt man an einigen Pflanzen die Blüthen
stehen und wartet die vollständige Reife der Samen ab. Bei der großen Anzahl Samen,
welche eine Pflanze liefert, und bei dem geringen für 1 Hektar erforderlichen Saatquantum
genügen für große Anbauflächen einige wenige Pflanzen. Die Samen werden in den
Kapseln über Winter belassen und erst im Frühjahre ausgenommen. Bei sorgfältiger
Samenerziehung läßt man nur die ersten vollkommenen Blüthen stehen, während man
alle später nachkommenden sorgfältig abbricht.

VII.
Die Gespinnstpflanzen.

Die Gespinnstpflanzen werden hauptsächlich zur Gewinnung der Faser cultivirt,
nebenbei gewähren viele derselben in ihren Samen auch Oel. Nachdem ihre Cultur
viele Handarbeit erfordert, so eignet sich ihr Anbau besonders für kleinere Land-
wirthe. In neuerer Zeit, in welcher die Zubereitung der Flachsfaser dem Landwirthe
beinahe gänzlich von den Fabriken abgenommen wurde, läßt sich jedoch auch mit erheblichem

Beſondere Pflanzenbaulehre.
falle können jedoch auch Dachräume, Scheunen, unbenützte Kühlſchiffe und dergleichen
verwendet werden. In den Trockenhäuſern oder Trockenräumen werden die einzelnen
Blätter auf Schnüren, welche mit einer Nadel durch die Mittelrippe gezogen werden,
frei aufgehängt. Bei dicken Blattrippen durchſchneidet man wohl auch mit einem Meſſer
die Rippe und reiht die Blätter auf kleine, durch die Rippe gezogenen Ruthen auf.
Der Tabak darf jedoch erſt dann zum Aufhängen kommen, wenn die Mittelrippe
runzlig wird und ſich trocken anfühlt.

Je feuchter das Klima, um ſo ſchwieriger wird ſich ein gutes Trocknen, ohne
daß ein Verſtocken der Blätter oder der ſogenannte Dachbrand eintritt, bewerkſtelligen
laſſen. Um in ſolchen Fällen ein Verſchimmeln und Vermodern hintanzuhalten,
müſſen die Blätter an den Schnüren ſo weit von einander geſchoben werden, daß ſie
ſich nach dem durch das Trocknen herbeigeführten Einrollen nicht berühren.

Die Blätter ſind bis ſpäteſtens November, Anfang October getrocknet, wenn
ſie zuſammengeballt wieder auseinandergehen und die Mittelrippe völlig trocken
iſt. Nach dem Trocknen wird der Tabak nochmals ſortirt und in kleinen Käſtchen
zu je 25—30 Blätter zuſammengelegt und mit einem paſſenden Brett zuſammen-
gepreßt, um dann leicht mit einem Strohſeile zuſammengebunden zu werden. In die-
ſen Bündeln, welche wöchentlich umzuſetzen ſind, wird der Tabak bis zum Verkaufe
aufgeſpeichert.

Je nach der Eignung des Klima’s und der Witterung erntet man 860—2500
Kilogramm Blätter. Als Durchſchnittserträge werden in Ungarn 1000 Kilogramm,
in Galizien 1000—1200 Kilogramm, in der Pfalz 1300—1700 Kilogramm
angegeben. Der mittlere Preis des Tabakes ſtellt ſich auf 32—40 Mark (16 bis
20 fl.) per 100 Kilogramm, feinere Qualität bis auf 40 Mark (80 fl.). Bei
frühzeitiger Tabakernte und günſtiger Herbſtwitterung entwickeln ſich aus den ſtehen-
gebliebenen Stengeln Seitentriebe, welche noch 170—350 Kilogramm eines wenig werth-
vollen Tabakes geben. Zur Samengewinnung läßt man an einigen Pflanzen die Blüthen
ſtehen und wartet die vollſtändige Reife der Samen ab. Bei der großen Anzahl Samen,
welche eine Pflanze liefert, und bei dem geringen für 1 Hektar erforderlichen Saatquantum
genügen für große Anbauflächen einige wenige Pflanzen. Die Samen werden in den
Kapſeln über Winter belaſſen und erſt im Frühjahre ausgenommen. Bei ſorgfältiger
Samenerziehung läßt man nur die erſten vollkommenen Blüthen ſtehen, während man
alle ſpäter nachkommenden ſorgfältig abbricht.

VII.
Die Geſpinnſtpflanzen.

Die Geſpinnſtpflanzen werden hauptſächlich zur Gewinnung der Faſer cultivirt,
nebenbei gewähren viele derſelben in ihren Samen auch Oel. Nachdem ihre Cultur
viele Handarbeit erfordert, ſo eignet ſich ihr Anbau beſonders für kleinere Land-
wirthe. In neuerer Zeit, in welcher die Zubereitung der Flachsfaſer dem Landwirthe
beinahe gänzlich von den Fabriken abgenommen wurde, läßt ſich jedoch auch mit erheblichem

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[118/0132] Beſondere Pflanzenbaulehre. falle können jedoch auch Dachräume, Scheunen, unbenützte Kühlſchiffe und dergleichen verwendet werden. In den Trockenhäuſern oder Trockenräumen werden die einzelnen Blätter auf Schnüren, welche mit einer Nadel durch die Mittelrippe gezogen werden, frei aufgehängt. Bei dicken Blattrippen durchſchneidet man wohl auch mit einem Meſſer die Rippe und reiht die Blätter auf kleine, durch die Rippe gezogenen Ruthen auf. Der Tabak darf jedoch erſt dann zum Aufhängen kommen, wenn die Mittelrippe runzlig wird und ſich trocken anfühlt. Je feuchter das Klima, um ſo ſchwieriger wird ſich ein gutes Trocknen, ohne daß ein Verſtocken der Blätter oder der ſogenannte Dachbrand eintritt, bewerkſtelligen laſſen. Um in ſolchen Fällen ein Verſchimmeln und Vermodern hintanzuhalten, müſſen die Blätter an den Schnüren ſo weit von einander geſchoben werden, daß ſie ſich nach dem durch das Trocknen herbeigeführten Einrollen nicht berühren. Die Blätter ſind bis ſpäteſtens November, Anfang October getrocknet, wenn ſie zuſammengeballt wieder auseinandergehen und die Mittelrippe völlig trocken iſt. Nach dem Trocknen wird der Tabak nochmals ſortirt und in kleinen Käſtchen zu je 25—30 Blätter zuſammengelegt und mit einem paſſenden Brett zuſammen- gepreßt, um dann leicht mit einem Strohſeile zuſammengebunden zu werden. In die- ſen Bündeln, welche wöchentlich umzuſetzen ſind, wird der Tabak bis zum Verkaufe aufgeſpeichert. Je nach der Eignung des Klima’s und der Witterung erntet man 860—2500 Kilogramm Blätter. Als Durchſchnittserträge werden in Ungarn 1000 Kilogramm, in Galizien 1000—1200 Kilogramm, in der Pfalz 1300—1700 Kilogramm angegeben. Der mittlere Preis des Tabakes ſtellt ſich auf 32—40 Mark (16 bis 20 fl.) per 100 Kilogramm, feinere Qualität bis auf 40 Mark (80 fl.). Bei frühzeitiger Tabakernte und günſtiger Herbſtwitterung entwickeln ſich aus den ſtehen- gebliebenen Stengeln Seitentriebe, welche noch 170—350 Kilogramm eines wenig werth- vollen Tabakes geben. Zur Samengewinnung läßt man an einigen Pflanzen die Blüthen ſtehen und wartet die vollſtändige Reife der Samen ab. Bei der großen Anzahl Samen, welche eine Pflanze liefert, und bei dem geringen für 1 Hektar erforderlichen Saatquantum genügen für große Anbauflächen einige wenige Pflanzen. Die Samen werden in den Kapſeln über Winter belaſſen und erſt im Frühjahre ausgenommen. Bei ſorgfältiger Samenerziehung läßt man nur die erſten vollkommenen Blüthen ſtehen, während man alle ſpäter nachkommenden ſorgfältig abbricht. VII. Die Geſpinnſtpflanzen. Die Geſpinnſtpflanzen werden hauptſächlich zur Gewinnung der Faſer cultivirt, nebenbei gewähren viele derſelben in ihren Samen auch Oel. Nachdem ihre Cultur viele Handarbeit erfordert, ſo eignet ſich ihr Anbau beſonders für kleinere Land- wirthe. In neuerer Zeit, in welcher die Zubereitung der Flachsfaſer dem Landwirthe beinahe gänzlich von den Fabriken abgenommen wurde, läßt ſich jedoch auch mit erheblichem

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/132>, abgerufen am 24.11.2024.