Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.Besondere Pflanzenbaulehre. Ausgezeichneten Leinsamen producirt auch Ostpreußen, besonders Memel und Königs-berg, in neuerer Zeit auch Tirol (Etschthal, Axem). Zu den bewährtesten Sorten zählt schließlich der aus Holland in Ballen importirte Zeeländer Lein. Die erste Ernte von Tonnenlein liefert noch nicht den vollsten Flachsertrag, sondern erst die zweite, welche aus der ersten Samengeneration, dem Kronen- oder Rosenlein, hervorgeht. Die weiteren Samengenerationen, welche zum Unterschiede als Saatlein bezeichnet werden, nehmen dann in Qualität immer mehr ab, bis es nach 4--5 Jahren angezeigt wird, den Samen zum Oelschlagen, als sogenannten Schlaglein, zu verwenden und neuerlich den Samen zu wechseln. Zur Gewinnung eines vorzüglichen Samens trägt, nächst der günstigen Lage, die Ist es Absicht, möglichst vielen und guten Bast, mit Hintansetzung der Samen- Zur Saat empfiehlt es sich, überjährigen Samen zu verwenden, nachdem dieser, Der Lein wird entweder frühzeitig, Ende März bis Anfang April, als Frühlein, Für die Flachsgewinnung wird der Same kreuz und quer breitwürfig aus- Beſondere Pflanzenbaulehre. Ausgezeichneten Leinſamen producirt auch Oſtpreußen, beſonders Memel und Königs-berg, in neuerer Zeit auch Tirol (Etſchthal, Axem). Zu den bewährteſten Sorten zählt ſchließlich der aus Holland in Ballen importirte Zeeländer Lein. Die erſte Ernte von Tonnenlein liefert noch nicht den vollſten Flachsertrag, ſondern erſt die zweite, welche aus der erſten Samengeneration, dem Kronen- oder Roſenlein, hervorgeht. Die weiteren Samengenerationen, welche zum Unterſchiede als Saatlein bezeichnet werden, nehmen dann in Qualität immer mehr ab, bis es nach 4—5 Jahren angezeigt wird, den Samen zum Oelſchlagen, als ſogenannten Schlaglein, zu verwenden und neuerlich den Samen zu wechſeln. Zur Gewinnung eines vorzüglichen Samens trägt, nächſt der günſtigen Lage, die Iſt es Abſicht, möglichſt vielen und guten Baſt, mit Hintanſetzung der Samen- Zur Saat empfiehlt es ſich, überjährigen Samen zu verwenden, nachdem dieſer, Der Lein wird entweder frühzeitig, Ende März bis Anfang April, als Frühlein, Für die Flachsgewinnung wird der Same kreuz und quer breitwürfig aus- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0136" n="122"/><fw place="top" type="header">Beſondere Pflanzenbaulehre.</fw><lb/> Ausgezeichneten Leinſamen producirt auch Oſtpreußen, beſonders Memel und Königs-<lb/> berg, in neuerer Zeit auch Tirol (Etſchthal, Axem). Zu den bewährteſten Sorten zählt<lb/> ſchließlich der aus Holland in Ballen importirte Zeeländer Lein. Die erſte Ernte<lb/> von Tonnenlein liefert noch nicht den vollſten Flachsertrag, ſondern erſt die zweite,<lb/> welche aus der erſten Samengeneration, dem Kronen- oder Roſenlein, hervorgeht. Die<lb/> weiteren Samengenerationen, welche zum Unterſchiede als Saatlein bezeichnet werden,<lb/> nehmen dann in Qualität immer mehr ab, bis es nach 4—5 Jahren angezeigt<lb/> wird, den Samen zum Oelſchlagen, als ſogenannten Schlaglein, zu verwenden und<lb/> neuerlich den Samen zu wechſeln.</p><lb/> <p>Zur Gewinnung eines vorzüglichen Samens trägt, nächſt der günſtigen Lage, die<lb/> Art der Cultur weſentlich bei. Zur Samengewinnung ſäet man den Lein möglichſt<lb/> früh auf umgebrochenes Grasland. Am zweckmäßigſten iſt es, den Samen zu drillen<lb/> oder möglichſt ſchütter mit einem Saatquantum von 1—1.75 Hektoliter auf ein Hektar<lb/> zu ſäen, damit die Pflanzen weit entfernt von einander ſtehen und ſich um ſomehr ver-<lb/> äſteln können. Außerdem läßt man den Samenlein vollkommen ausreifen, abgeſehen<lb/> davon, daß man dann auf die Gewinnung eines guten Baſtes verzichten muß.</p><lb/> <p>Iſt es Abſicht, möglichſt vielen und guten Baſt, mit Hintanſetzung der Samen-<lb/> gewinnung zu erhalten, ſo ſäet man dicht, 3—4.2 Hektoliter auf ein Hektar. Je<lb/> dichter die Pflanzen am Felde ſtehen, um ſo länger, dünner und aſtärmer werden die<lb/> Stengel und um ſo feiner wird die Faſer. Letztere bleibt elaſtiſcher, da ſie ſich wegen<lb/> des durch den dichten Stand der Pflanzen verringerten Lichtzutrittes weniger verholzt.<lb/> Zwiſchen dieſen beiden Extremen der vorzugsweiſen Samen- oder Baſtgewinnung<lb/> gibt es eine Mehrzahl von Uebergängen, welchen entſprechend das Saatquantum an-<lb/> gepaßt werden muß. Am häufigſten wünſcht man mittelguten Baſt und doch auch<lb/> brauchbaren Samen zu erziehen. Für dieſen Fall ſäet man mäßig dicht, 2 Hekto-<lb/> liter auf 1 Hektar.</p><lb/> <p>Zur Saat empfiehlt es ſich, überjährigen Samen zu verwenden, nachdem dieſer,<lb/> wie die Erfahrung lehrt, beſſere Erträge als friſcher abwirft. Die Urſache ſucht<lb/> man in der größeren Austrocknung des älteren gegenüber dem friſchen Samen. Wie<lb/> die Saatverſuche von Pietrusky zeigen, iſt es daher bei Verwendung von friſchem,<lb/> unverdorbenem Samen gerathen, denſelben vorher künſtlich bei 30°<hi rendition="#aq">C.</hi> (jedoch nicht<lb/> über 37°<hi rendition="#aq">C.</hi>, da bei dieſer Temperatur der Lein nach Haberlandt ſeine Keimfähig-<lb/> keit verliert) auszudörren.</p><lb/> <p>Der Lein wird entweder frühzeitig, Ende März bis Anfang April, als Frühlein,<lb/> oder ſpäter, Anfang Mai bis Mitte Juni, als Spätlein angebaut. Je trockener die<lb/> Gegend, um ſo eher wird der Same, wenn er frühzeitig ausgeſäet wird, die nöthige<lb/> Feuchte zum Keimen finden. Bei häufigen Frühfröſten iſt es jedoch zu empfehlen, die<lb/> Saaten zu verſchiedenen Zeiten vorzunehmen, um ſicher zu gehen und ſich zugleich<lb/> auch die Ernte zu erleichtern.</p><lb/> <p>Für die Flachsgewinnung wird der Same kreuz und quer breitwürfig aus-<lb/> geſäet, da nur auf dieſe Weiſe ein dichter und zugleich gleichmäßiger Pflanzenſtand<lb/> erreicht werden kann Die Drillſaat eignet ſich weniger gut, da die Reihen nicht nahe<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0136]
Beſondere Pflanzenbaulehre.
Ausgezeichneten Leinſamen producirt auch Oſtpreußen, beſonders Memel und Königs-
berg, in neuerer Zeit auch Tirol (Etſchthal, Axem). Zu den bewährteſten Sorten zählt
ſchließlich der aus Holland in Ballen importirte Zeeländer Lein. Die erſte Ernte
von Tonnenlein liefert noch nicht den vollſten Flachsertrag, ſondern erſt die zweite,
welche aus der erſten Samengeneration, dem Kronen- oder Roſenlein, hervorgeht. Die
weiteren Samengenerationen, welche zum Unterſchiede als Saatlein bezeichnet werden,
nehmen dann in Qualität immer mehr ab, bis es nach 4—5 Jahren angezeigt
wird, den Samen zum Oelſchlagen, als ſogenannten Schlaglein, zu verwenden und
neuerlich den Samen zu wechſeln.
Zur Gewinnung eines vorzüglichen Samens trägt, nächſt der günſtigen Lage, die
Art der Cultur weſentlich bei. Zur Samengewinnung ſäet man den Lein möglichſt
früh auf umgebrochenes Grasland. Am zweckmäßigſten iſt es, den Samen zu drillen
oder möglichſt ſchütter mit einem Saatquantum von 1—1.75 Hektoliter auf ein Hektar
zu ſäen, damit die Pflanzen weit entfernt von einander ſtehen und ſich um ſomehr ver-
äſteln können. Außerdem läßt man den Samenlein vollkommen ausreifen, abgeſehen
davon, daß man dann auf die Gewinnung eines guten Baſtes verzichten muß.
Iſt es Abſicht, möglichſt vielen und guten Baſt, mit Hintanſetzung der Samen-
gewinnung zu erhalten, ſo ſäet man dicht, 3—4.2 Hektoliter auf ein Hektar. Je
dichter die Pflanzen am Felde ſtehen, um ſo länger, dünner und aſtärmer werden die
Stengel und um ſo feiner wird die Faſer. Letztere bleibt elaſtiſcher, da ſie ſich wegen
des durch den dichten Stand der Pflanzen verringerten Lichtzutrittes weniger verholzt.
Zwiſchen dieſen beiden Extremen der vorzugsweiſen Samen- oder Baſtgewinnung
gibt es eine Mehrzahl von Uebergängen, welchen entſprechend das Saatquantum an-
gepaßt werden muß. Am häufigſten wünſcht man mittelguten Baſt und doch auch
brauchbaren Samen zu erziehen. Für dieſen Fall ſäet man mäßig dicht, 2 Hekto-
liter auf 1 Hektar.
Zur Saat empfiehlt es ſich, überjährigen Samen zu verwenden, nachdem dieſer,
wie die Erfahrung lehrt, beſſere Erträge als friſcher abwirft. Die Urſache ſucht
man in der größeren Austrocknung des älteren gegenüber dem friſchen Samen. Wie
die Saatverſuche von Pietrusky zeigen, iſt es daher bei Verwendung von friſchem,
unverdorbenem Samen gerathen, denſelben vorher künſtlich bei 30°C. (jedoch nicht
über 37°C., da bei dieſer Temperatur der Lein nach Haberlandt ſeine Keimfähig-
keit verliert) auszudörren.
Der Lein wird entweder frühzeitig, Ende März bis Anfang April, als Frühlein,
oder ſpäter, Anfang Mai bis Mitte Juni, als Spätlein angebaut. Je trockener die
Gegend, um ſo eher wird der Same, wenn er frühzeitig ausgeſäet wird, die nöthige
Feuchte zum Keimen finden. Bei häufigen Frühfröſten iſt es jedoch zu empfehlen, die
Saaten zu verſchiedenen Zeiten vorzunehmen, um ſicher zu gehen und ſich zugleich
auch die Ernte zu erleichtern.
Für die Flachsgewinnung wird der Same kreuz und quer breitwürfig aus-
geſäet, da nur auf dieſe Weiſe ein dichter und zugleich gleichmäßiger Pflanzenſtand
erreicht werden kann Die Drillſaat eignet ſich weniger gut, da die Reihen nicht nahe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |