Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.Die Mehlfrüchte. die Unbeständigkeit der zahlreichen Weizenspielarten. Ein trockenes, warmes Klimabegünstigt die Entstehung der begrannten Weizenspielarten (Bartweizen). Der Bart- weizen, in einem kühlen und feuchten Klima gebaut, verliert jedoch allmählig seine Grannen und verwandelt sich in den unbegrannten Weizen (Kolbenweizen). Erhält der Weizen, wie z. B. in Gebirgsgegenden, unzureichende Wärmemengen, Die Varietäten des Sommerweizens machen in einem Vegetationsjahre alle ihre In Betreff der chemischen Zusammensetzung der Weizenkörner bedingen hohe Der Weizen beansprucht gebundenere Bodenarten, welche sich in trockenen Ge- Die Mehlfrüchte. die Unbeſtändigkeit der zahlreichen Weizenſpielarten. Ein trockenes, warmes Klimabegünſtigt die Entſtehung der begrannten Weizenſpielarten (Bartweizen). Der Bart- weizen, in einem kühlen und feuchten Klima gebaut, verliert jedoch allmählig ſeine Grannen und verwandelt ſich in den unbegrannten Weizen (Kolbenweizen). Erhält der Weizen, wie z. B. in Gebirgsgegenden, unzureichende Wärmemengen, Die Varietäten des Sommerweizens machen in einem Vegetationsjahre alle ihre In Betreff der chemiſchen Zuſammenſetzung der Weizenkörner bedingen hohe Der Weizen beanſprucht gebundenere Bodenarten, welche ſich in trockenen Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0027" n="13"/><fw place="top" type="header">Die Mehlfrüchte.</fw><lb/> die Unbeſtändigkeit der zahlreichen Weizenſpielarten. Ein trockenes, warmes Klima<lb/> begünſtigt die Entſtehung der begrannten Weizenſpielarten (Bartweizen). Der Bart-<lb/> weizen, in einem kühlen und feuchten Klima gebaut, verliert jedoch allmählig ſeine<lb/> Grannen und verwandelt ſich in den unbegrannten Weizen (Kolbenweizen).</p><lb/> <p>Erhält der Weizen, wie z. B. in Gebirgsgegenden, unzureichende Wärmemengen,<lb/> ſo bleiben die Aehren kurz und die Körner klein (Igelweizen). Feuchte, warme Ge-<lb/> gend begünſtigt dagegen die Veräſtelung und das anſcheinend üppigere Wachsthum<lb/> der Aehrchen (Wunderweizen).</p><lb/> <p>Die Varietäten des Sommerweizens machen in einem Vegetationsjahre alle ihre<lb/> Entwickelungsphaſen durch, während die Winterweizen vorher noch eine länger dauernde<lb/> Beſtockungsperiode im Herbſte benöthigen. Der Winterweizen, im Frühjahre an-<lb/> gebaut, wird ſich zwar beſtocken, gelangt aber nur ausnahmsweiſe zur Halmbildung.<lb/> Der Sommerweizen, im Herbſte ausgeſäet, wird dagegen meiſt durch die Winterkälte<lb/> vernichtet werden. Je nördlicher der Anbauort, um ſo größer wird dieſer Unterſchied<lb/> zwiſchen Sommer- und Winterfrucht. Durch mehrjährigen Anbau derſelben Körner-<lb/> ſorte im Frühjahre und im Herbſte gelingt es jedoch, den ſogenannten Wechſelweizen<lb/> zu erziehen, welcher mit gleichem Erfolge in beiden Saatzeiten gebaut werden kann.<lb/> In Gegenden (Südoſteuropa) mit continentalem Klima, welches ſich durch raſches<lb/> Steigen der Temperatur im Frühjahre und durch Regenmangel im Sommer kenn-<lb/> zeichnet, entſtehen frühreifende, in feuchtem, kühlem Klima dagegen ſpätreifende Weizenſorten.</p><lb/> <p>In Betreff der chemiſchen Zuſammenſetzung der Weizenkörner bedingen hohe<lb/> Sommerwärme und geringer Regenfall hohen Stickſtoffgehalt (Max. 3.97 %) in den<lb/> producirten Weizenſorten. In der That ſteigt in Europa der Stickſtoffgehalt des<lb/> Weizens mit der von Weſt nach Oſt vorrückenden Lage des Anbauortes. Mit der<lb/> Vermehrung des Stickſtoff- oder Prote<hi rendition="#aq">ï</hi>ngehaltes ſteht die Glaſigkeit der Weizenkörner<lb/> im Zuſammenhange. 100 Theile glaſiger Weizenkörner enthielten 69.84 Theile<lb/> Stärke und Zucker und 12.54 Theile Prote<hi rendition="#aq">ï</hi>n; mehlige Weizenkörner 73.85, reſp.<lb/> 8.58 Theile. Durch ein trockenes, warmes Klima wird daher die Bildung von<lb/> Weizenkörnern mit glaſigem Bruch begünſtigt, während in einem feuchten, kühlen<lb/> Klima die Körner mehlig werden.</p><lb/> <p>Der Weizen beanſprucht gebundenere <hi rendition="#g">Bodenarten</hi>, welche ſich in trockenen Ge-<lb/> bieten länger als lockere Bodenarten friſch erhalten. Für den Weizen als Winter-<lb/> getreide ſind vorzugsweiſe geeignet die Thonböden und der ſtrenge Lehmboden, welche<lb/> wegen dieſer Eignung kurzweg von den praktiſchen Landwirthen als „Weizenböden“<lb/> bezeichnet werden. In kühleren, feuchteren Gegenden hat die Gebundenheit des Bo-<lb/> dens weniger Bedeutung. In warmen Gegenden gedieht der Weizen am beſten auf<lb/> tiefgründigem Boden, welcher durch Grundwaſſer ſtets feucht erhalten wird. Der<lb/> ſtrenge Thonboden, der naſſe Lehmboden, der loſe Sandboden, der Flugſand und<lb/> der Moorboden ſind für die Weizencultur ausgeſchloſſen. Ebenſo ſind ſehr trockene<lb/> und ſehr naſſe Bodenarten wegen der Gefahr des Auswinterns beſonders für das<lb/> Wintergetreide untauglich. Weniger gebundene Bodenarten eignen ſich noch am beſten<lb/> für den Winterſpelz und den Sommer-Emmer.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0027]
Die Mehlfrüchte.
die Unbeſtändigkeit der zahlreichen Weizenſpielarten. Ein trockenes, warmes Klima
begünſtigt die Entſtehung der begrannten Weizenſpielarten (Bartweizen). Der Bart-
weizen, in einem kühlen und feuchten Klima gebaut, verliert jedoch allmählig ſeine
Grannen und verwandelt ſich in den unbegrannten Weizen (Kolbenweizen).
Erhält der Weizen, wie z. B. in Gebirgsgegenden, unzureichende Wärmemengen,
ſo bleiben die Aehren kurz und die Körner klein (Igelweizen). Feuchte, warme Ge-
gend begünſtigt dagegen die Veräſtelung und das anſcheinend üppigere Wachsthum
der Aehrchen (Wunderweizen).
Die Varietäten des Sommerweizens machen in einem Vegetationsjahre alle ihre
Entwickelungsphaſen durch, während die Winterweizen vorher noch eine länger dauernde
Beſtockungsperiode im Herbſte benöthigen. Der Winterweizen, im Frühjahre an-
gebaut, wird ſich zwar beſtocken, gelangt aber nur ausnahmsweiſe zur Halmbildung.
Der Sommerweizen, im Herbſte ausgeſäet, wird dagegen meiſt durch die Winterkälte
vernichtet werden. Je nördlicher der Anbauort, um ſo größer wird dieſer Unterſchied
zwiſchen Sommer- und Winterfrucht. Durch mehrjährigen Anbau derſelben Körner-
ſorte im Frühjahre und im Herbſte gelingt es jedoch, den ſogenannten Wechſelweizen
zu erziehen, welcher mit gleichem Erfolge in beiden Saatzeiten gebaut werden kann.
In Gegenden (Südoſteuropa) mit continentalem Klima, welches ſich durch raſches
Steigen der Temperatur im Frühjahre und durch Regenmangel im Sommer kenn-
zeichnet, entſtehen frühreifende, in feuchtem, kühlem Klima dagegen ſpätreifende Weizenſorten.
In Betreff der chemiſchen Zuſammenſetzung der Weizenkörner bedingen hohe
Sommerwärme und geringer Regenfall hohen Stickſtoffgehalt (Max. 3.97 %) in den
producirten Weizenſorten. In der That ſteigt in Europa der Stickſtoffgehalt des
Weizens mit der von Weſt nach Oſt vorrückenden Lage des Anbauortes. Mit der
Vermehrung des Stickſtoff- oder Proteïngehaltes ſteht die Glaſigkeit der Weizenkörner
im Zuſammenhange. 100 Theile glaſiger Weizenkörner enthielten 69.84 Theile
Stärke und Zucker und 12.54 Theile Proteïn; mehlige Weizenkörner 73.85, reſp.
8.58 Theile. Durch ein trockenes, warmes Klima wird daher die Bildung von
Weizenkörnern mit glaſigem Bruch begünſtigt, während in einem feuchten, kühlen
Klima die Körner mehlig werden.
Der Weizen beanſprucht gebundenere Bodenarten, welche ſich in trockenen Ge-
bieten länger als lockere Bodenarten friſch erhalten. Für den Weizen als Winter-
getreide ſind vorzugsweiſe geeignet die Thonböden und der ſtrenge Lehmboden, welche
wegen dieſer Eignung kurzweg von den praktiſchen Landwirthen als „Weizenböden“
bezeichnet werden. In kühleren, feuchteren Gegenden hat die Gebundenheit des Bo-
dens weniger Bedeutung. In warmen Gegenden gedieht der Weizen am beſten auf
tiefgründigem Boden, welcher durch Grundwaſſer ſtets feucht erhalten wird. Der
ſtrenge Thonboden, der naſſe Lehmboden, der loſe Sandboden, der Flugſand und
der Moorboden ſind für die Weizencultur ausgeſchloſſen. Ebenſo ſind ſehr trockene
und ſehr naſſe Bodenarten wegen der Gefahr des Auswinterns beſonders für das
Wintergetreide untauglich. Weniger gebundene Bodenarten eignen ſich noch am beſten
für den Winterſpelz und den Sommer-Emmer.
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