Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).epos, zum Gegenstande hat. Ebers will auch in diesem Werke Der Pentaur ist ein in seiner ersten Jugend mit einem ande- epos, zum Gegenſtande hat. Ebers will auch in dieſem Werke Der Pentaur iſt ein in ſeiner erſten Jugend mit einem ande- <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0013" n="13 205"/> epos, zum Gegenſtande hat. Ebers will auch in dieſem Werke<lb/> keine Geſchichte, vielmehr <hi rendition="#g">in erſter Linie einen Roman</hi> und<lb/> erſt in <hi rendition="#g">zweiter</hi> Linie ein <hi rendition="#g">kulturhiſtoriſches Bild</hi> geben.<lb/> Dem guten Willen entſpricht aber die Ausführung nicht. Noch<lb/> mehr als in der „egyptiſchen Königstochter‟ wird der Leſer, unter<lb/> Verweiſung auf die Noten des erſten Romans, mit kultur-<lb/> geſchichtlichem Detail, mit egyptiſchem Religionsweſen beglückt.<lb/> So iſt die Titelfigur Uarda, die Tochter eines Paraſchiten,<lb/> d. h. eines Leicheneröffners. Die Kolchyten ſind die Balſamirer<lb/> der Leichen. Die hieroglyphiſche Schrift heißt, wenn ſie abgekürzt<lb/> wird, die hieratiſche, und wenn ſie nochmals abgekürzt wird, die<lb/> demotiſche Schrift. Zu wiſſenſchaftlichen Zwecken wird aus der<lb/> Leiche eines Oberprieſters das Herz geraubt — ein todeswürdiges<lb/> Verbrechen — und an jenes Stelle ein Hammelherz gethan.<lb/> Daraus entſteht ein Räthſel, „das nur die Gottheit zu löſen<lb/> vermag‟; da aber in derſelben Zeit der heilige Widder des<lb/> Amon den Kampf ums Daſein aufgegeben hat, ſo brachte man<lb/> beide Ereigniſſe in eine wunderſame Verbindung. Ein ganzes<lb/> Capitel handelt von den Mumiſirungen. Kurz, es gehört eine<lb/> ſolide deutſche Geduld dazu, um ſich durch drei Bände hindurch<lb/> mit jenem altheidniſchen Kram von Sperberköpfen, Katzenliebe,<lb/> Katzenverehrung und dergl. bruchſtückweiſe abſpeiſen zu laſſen.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Pentaur</hi> iſt ein in ſeiner erſten Jugend mit einem ande-<lb/> ren Kinde vertauſchter Prinz, der in der Prieſterſchule erzogen und<lb/> neben <hi rendition="#g">Meſu</hi> (Moſes) Liebling des Oberprieſters <hi rendition="#g">Ameni</hi> ge-<lb/> worden iſt. Leider muß letzterer erfahren, daß Pentaur, ein<lb/> aufgeklärter Mann, ſich über ſo viele religiöſe Vorſchriften hin-<lb/> ausſetzt, daß man für gut findet, ihn als <hi rendition="#aq">canonicus irregularis</hi><lb/> in die Erzminen zu verbannen. Jn dieſelbe Gegend kommt zu-<lb/> fällig um nothwendiger Reinigungen willen Bent Anat. Eines<lb/> Tages ſteigt Pentaur in der Morgendämmerung hinauf auf das<lb/> Felſengebirg. Bald wiegt ſich tief unter ihm ein Adler, das<lb/> einzige lebende Weſen weit und breit. Lautloſes Schweigen<lb/> ringsum. Pentaur erinnert ſich an den Tag ſeiner Prieſterweihe.<lb/> „Es war ihm als müſſe hier die Gottheit ſeiner Lippen leiſeſtes<lb/> Stammeln vernehmen und doch war ſein Herz ſo übervoll von<lb/></p> </body> </text> </TEI> [13 205/0013]
epos, zum Gegenſtande hat. Ebers will auch in dieſem Werke
keine Geſchichte, vielmehr in erſter Linie einen Roman und
erſt in zweiter Linie ein kulturhiſtoriſches Bild geben.
Dem guten Willen entſpricht aber die Ausführung nicht. Noch
mehr als in der „egyptiſchen Königstochter‟ wird der Leſer, unter
Verweiſung auf die Noten des erſten Romans, mit kultur-
geſchichtlichem Detail, mit egyptiſchem Religionsweſen beglückt.
So iſt die Titelfigur Uarda, die Tochter eines Paraſchiten,
d. h. eines Leicheneröffners. Die Kolchyten ſind die Balſamirer
der Leichen. Die hieroglyphiſche Schrift heißt, wenn ſie abgekürzt
wird, die hieratiſche, und wenn ſie nochmals abgekürzt wird, die
demotiſche Schrift. Zu wiſſenſchaftlichen Zwecken wird aus der
Leiche eines Oberprieſters das Herz geraubt — ein todeswürdiges
Verbrechen — und an jenes Stelle ein Hammelherz gethan.
Daraus entſteht ein Räthſel, „das nur die Gottheit zu löſen
vermag‟; da aber in derſelben Zeit der heilige Widder des
Amon den Kampf ums Daſein aufgegeben hat, ſo brachte man
beide Ereigniſſe in eine wunderſame Verbindung. Ein ganzes
Capitel handelt von den Mumiſirungen. Kurz, es gehört eine
ſolide deutſche Geduld dazu, um ſich durch drei Bände hindurch
mit jenem altheidniſchen Kram von Sperberköpfen, Katzenliebe,
Katzenverehrung und dergl. bruchſtückweiſe abſpeiſen zu laſſen.
Der Pentaur iſt ein in ſeiner erſten Jugend mit einem ande-
ren Kinde vertauſchter Prinz, der in der Prieſterſchule erzogen und
neben Meſu (Moſes) Liebling des Oberprieſters Ameni ge-
worden iſt. Leider muß letzterer erfahren, daß Pentaur, ein
aufgeklärter Mann, ſich über ſo viele religiöſe Vorſchriften hin-
ausſetzt, daß man für gut findet, ihn als canonicus irregularis
in die Erzminen zu verbannen. Jn dieſelbe Gegend kommt zu-
fällig um nothwendiger Reinigungen willen Bent Anat. Eines
Tages ſteigt Pentaur in der Morgendämmerung hinauf auf das
Felſengebirg. Bald wiegt ſich tief unter ihm ein Adler, das
einzige lebende Weſen weit und breit. Lautloſes Schweigen
ringsum. Pentaur erinnert ſich an den Tag ſeiner Prieſterweihe.
„Es war ihm als müſſe hier die Gottheit ſeiner Lippen leiſeſtes
Stammeln vernehmen und doch war ſein Herz ſo übervoll von
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