Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).der auf die Frage, ob seiner Schwester nach dem Homer, dem Da Ebers laut Vorwort den Menschen als historische Person der auf die Frage, ob ſeiner Schweſter nach dem Homer, dem Da Ebers laut Vorwort den Menſchen als hiſtoriſche Perſon <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0029" n="29 221"/> der auf die Frage, ob ſeiner Schweſter nach dem Homer, dem<lb/> Pindar, Sophokles und Plato „das heilige Buch der Juden‟<lb/> gefallen könne, zur Antwort erhält: „Jch finde Stellen darin,<lb/> die von tiefer Lebensweisheit zeugen, und andere, denen Niemand<lb/> hohen poetiſchen Schwung abſprechen darf.‟ Als Kleopatra kein<lb/> Verſtändniß für den Parallelismus der Pſalmen zeigt, vertheidigt<lb/> Euergetes denſelben nachdrücklich. Von der Bibel ſelbſt ſagt er:<lb/> „Ja, ſie ſind höchſt ſchätzenswerth, dieſe Vorſchriften, weil ſie es<lb/> denen, die ſie befolgen, erſparen, für ſich ſelbſt zu denken. Dazu<lb/> ſoll ja der große Gott der Juden Alles, was in dieſem Buche<lb/> ſteht, ihren Vorfahren vorgeſagt haben, wie ich meinem buckligen<lb/> Schreiber Philippus das, was ich aufzeichnen möchte, dictire.‟<lb/> Nach weiterem Wiſſenſchafts-Geſchnatter ſagt Euergetes zu ſeiner<lb/> Schweſter: „Du verwechſelſt dieſen eiferſüchtigen, höchſt unliebens-<lb/> würdigen und übel gelaunten Tyrannen der Welt mit dem<lb/> abſoluten Geiſte des Ariſtoteles. Als Sünde und wieder als<lb/> Sünde bezeichnet er das Meiſte, was du und ich und alle ver-<lb/> ſtändigen Griechen zum Genuß des Lebens bedürfen. Und doch!<lb/> Herrſchte mein leicht zu überredender Bruder in Alexandria, ſo<lb/> würde es ſeinen klugen Dienern vielleicht gelingen, ihn zu einem<lb/> Verehrer dieſes großen Schulmeiſters zu ſtempeln, der ſeine un-<lb/> gezogene Brut mit Feuer und Jammer abſtraft.‟</p><lb/> <p>Da Ebers laut Vorwort den Menſchen als hiſtoriſche Perſon<lb/> hinter dem Menſchen als ſolchem zurücktreten läßt, ſo werden<lb/> wir es nicht gerade auffallend finden, wenn er in die Figur des<lb/> Euergetes Elemente von Heinrich <hi rendition="#g">Heine,</hi> Carl <hi rendition="#g">Vogt</hi> und der-<lb/> artigen Leuten hineinverarbeitet hat, nur iſt ihm das Copiren<lb/> jener Originalien nicht ſonderlich gelungen. — Das Vorwort der<lb/> „Schweſtern‟ iſt vom 13. November 1879 datirt, der folgende<lb/> Roman „<hi rendition="#g">Der Kaiſer</hi>‟, vom 2. November 1880, der neueſte<lb/> vom 30. October 1881, die Ebers’ſchen Romane gehören hier-<lb/> nach als ſtets friſcher Artikel auf den Weihnachtsmarkt der Buch-<lb/> händler und die deutſchen Hausfrauen und ihre Töchter ſind<lb/> bereits daran gewöhnt, ſich zu Weihnachten „etwas von Ebers‟<lb/> zu wünſchen. Und genau wie bei der Mode von Roben und<lb/> dergleichen iſt immer die jüngſte Erſcheinung die „geſchmackvollſte‟,<lb/></p> </body> </text> </TEI> [29 221/0029]
der auf die Frage, ob ſeiner Schweſter nach dem Homer, dem
Pindar, Sophokles und Plato „das heilige Buch der Juden‟
gefallen könne, zur Antwort erhält: „Jch finde Stellen darin,
die von tiefer Lebensweisheit zeugen, und andere, denen Niemand
hohen poetiſchen Schwung abſprechen darf.‟ Als Kleopatra kein
Verſtändniß für den Parallelismus der Pſalmen zeigt, vertheidigt
Euergetes denſelben nachdrücklich. Von der Bibel ſelbſt ſagt er:
„Ja, ſie ſind höchſt ſchätzenswerth, dieſe Vorſchriften, weil ſie es
denen, die ſie befolgen, erſparen, für ſich ſelbſt zu denken. Dazu
ſoll ja der große Gott der Juden Alles, was in dieſem Buche
ſteht, ihren Vorfahren vorgeſagt haben, wie ich meinem buckligen
Schreiber Philippus das, was ich aufzeichnen möchte, dictire.‟
Nach weiterem Wiſſenſchafts-Geſchnatter ſagt Euergetes zu ſeiner
Schweſter: „Du verwechſelſt dieſen eiferſüchtigen, höchſt unliebens-
würdigen und übel gelaunten Tyrannen der Welt mit dem
abſoluten Geiſte des Ariſtoteles. Als Sünde und wieder als
Sünde bezeichnet er das Meiſte, was du und ich und alle ver-
ſtändigen Griechen zum Genuß des Lebens bedürfen. Und doch!
Herrſchte mein leicht zu überredender Bruder in Alexandria, ſo
würde es ſeinen klugen Dienern vielleicht gelingen, ihn zu einem
Verehrer dieſes großen Schulmeiſters zu ſtempeln, der ſeine un-
gezogene Brut mit Feuer und Jammer abſtraft.‟
Da Ebers laut Vorwort den Menſchen als hiſtoriſche Perſon
hinter dem Menſchen als ſolchem zurücktreten läßt, ſo werden
wir es nicht gerade auffallend finden, wenn er in die Figur des
Euergetes Elemente von Heinrich Heine, Carl Vogt und der-
artigen Leuten hineinverarbeitet hat, nur iſt ihm das Copiren
jener Originalien nicht ſonderlich gelungen. — Das Vorwort der
„Schweſtern‟ iſt vom 13. November 1879 datirt, der folgende
Roman „Der Kaiſer‟, vom 2. November 1880, der neueſte
vom 30. October 1881, die Ebers’ſchen Romane gehören hier-
nach als ſtets friſcher Artikel auf den Weihnachtsmarkt der Buch-
händler und die deutſchen Hausfrauen und ihre Töchter ſind
bereits daran gewöhnt, ſich zu Weihnachten „etwas von Ebers‟
zu wünſchen. Und genau wie bei der Mode von Roben und
dergleichen iſt immer die jüngſte Erſcheinung die „geſchmackvollſte‟,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeAutorname, Autorvorname: Kurztitel. In: Kurztitel… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |