Seit dieser Nacht ging Johannes Timpe wie ein ver¬ schlossener Mensch umher, der Jedermann ausweicht, weil er befürchtet, nach Dingen gefragt zu werden, die ihn in Verlegenheit bringen würden.
An dem Tage bereits, an dem man die irdische Hülle des Großvaters zu Grabe getragen, hatten Jamrath, Deppler und Anton Nölte, die den Meister erst wenige Tage vorher ge¬ sehen hatten, sich gegenseitig ihr Erstaunen über sein veränder¬ tes Aussehen zugeflüstert.
Er machte in der That den Eindruck, als wäre er plötz¬ lich um zehn Jahr älter geworden. Die entsetzliche Enthüllung, die ihm die letzten Worte Gottfried Timpe's gebracht hatten, lasteten wie das Bewußtsein eines selbstbegangenen Verbrechens auf seiner Seele. Am Tage des Begräbnisses war die Nach¬ richt eingetroffen, daß Franz krank sei und das Zimmer nicht verlassen dürfe. Dafür hatte er einen großen Kranz gesandt, der dem Großvater mit in die Gruft gelegt werden sollte. Nun fand Johannes erst recht eine Bestätigung der Anklage
XIII. Timpe's Verſuchung.
Seit dieſer Nacht ging Johannes Timpe wie ein ver¬ ſchloſſener Menſch umher, der Jedermann ausweicht, weil er befürchtet, nach Dingen gefragt zu werden, die ihn in Verlegenheit bringen würden.
An dem Tage bereits, an dem man die irdiſche Hülle des Großvaters zu Grabe getragen, hatten Jamrath, Deppler und Anton Nölte, die den Meiſter erſt wenige Tage vorher ge¬ ſehen hatten, ſich gegenſeitig ihr Erſtaunen über ſein veränder¬ tes Ausſehen zugeflüſtert.
Er machte in der That den Eindruck, als wäre er plötz¬ lich um zehn Jahr älter geworden. Die entſetzliche Enthüllung, die ihm die letzten Worte Gottfried Timpe's gebracht hatten, laſteten wie das Bewußtſein eines ſelbſtbegangenen Verbrechens auf ſeiner Seele. Am Tage des Begräbniſſes war die Nach¬ richt eingetroffen, daß Franz krank ſei und das Zimmer nicht verlaſſen dürfe. Dafür hatte er einen großen Kranz geſandt, der dem Großvater mit in die Gruft gelegt werden ſollte. Nun fand Johannes erſt recht eine Beſtätigung der Anklage
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XIII.
Timpe's Verſuchung.
Seit dieſer Nacht ging Johannes Timpe wie ein ver¬
ſchloſſener Menſch umher, der Jedermann ausweicht,
weil er befürchtet, nach Dingen gefragt zu werden, die
ihn in Verlegenheit bringen würden.
An dem Tage bereits, an dem man die irdiſche Hülle des
Großvaters zu Grabe getragen, hatten Jamrath, Deppler und
Anton Nölte, die den Meiſter erſt wenige Tage vorher ge¬
ſehen hatten, ſich gegenſeitig ihr Erſtaunen über ſein veränder¬
tes Ausſehen zugeflüſtert.
Er machte in der That den Eindruck, als wäre er plötz¬
lich um zehn Jahr älter geworden. Die entſetzliche Enthüllung,
die ihm die letzten Worte Gottfried Timpe's gebracht hatten,
laſteten wie das Bewußtſein eines ſelbſtbegangenen Verbrechens
auf ſeiner Seele. Am Tage des Begräbniſſes war die Nach¬
richt eingetroffen, daß Franz krank ſei und das Zimmer nicht
verlaſſen dürfe. Dafür hatte er einen großen Kranz geſandt,
der dem Großvater mit in die Gruft gelegt werden ſollte.
Nun fand Johannes erſt recht eine Beſtätigung der Anklage
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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. [201]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/213>, abgerufen am 21.11.2024.
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