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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber stutzte nun doch.
Timpe hatte sich nicht vom Flecke gerührt, zeigte auch nicht
die geringste Neigung, die dargereichte Hand zu ergreifen, so
seltsam er auch von dem Klange der weichen Stimme und
dem bittenden Ausdruck der Augen berührt wurde. Der
Kummer, der seit Jahren an ihm fraß, der unauslöschliche
Haß gegen Urban und Alles, was zu ihm gehörte, hatten
ein krankhaftes Mißtrauen in ihm erweckt, das ihn in jedem
Menschen außerhalb des Hauses einen Feind erblicken ließ,
dem er nicht trauen dürfe. Wo war seine bei Jedermann
sprichwörtlich gewesene Höflichkeit geblieben, wo die vielen
Verbeugungen, die er stets bereit hatte, wenn ein "feiner
Besuch", wie er zu sagen pflegte, ihn beehrte? Wie er so
dastand, die Arbeitsmütze in der linken Hand, die rechte im
Brustlatz seiner Schürze verborgen, war er nur noch der
eckige, rauhe Handwerker, der durch des Lebens Verdruß ge¬
stachelt, eine Genugthuung darin fand, herausfordernd zu er¬
scheinen.

Er hatte die Absicht, kurz und bündig zu erklären, daß
er nicht die geringste Gemeinschaft mehr mit "Denen da
drüben" haben wolle, als seine getreue Ehehälfte, die ihm
den Unmuth vom Gesichte abgelesen hatte, sich in's Mittel
legte.

"Johannes, das Fräulein hat Dir doch nichts gethan,
es meint es ja so gut. Wer wird denn einen Glückwunsch
zurückweisen", sagte sie vorwurfsvoll. Das milderte seine
Rauhheit.

"Ach so -- Sie sind nur gekommen, um uns Ihre
Neujahrs-Gratulation zu überbringen, Fräulein. -- Das
ändert die Sache -- gewiß. Das ist 'was anderes . . . .

Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber ſtutzte nun doch.
Timpe hatte ſich nicht vom Flecke gerührt, zeigte auch nicht
die geringſte Neigung, die dargereichte Hand zu ergreifen, ſo
ſeltſam er auch von dem Klange der weichen Stimme und
dem bittenden Ausdruck der Augen berührt wurde. Der
Kummer, der ſeit Jahren an ihm fraß, der unauslöſchliche
Haß gegen Urban und Alles, was zu ihm gehörte, hatten
ein krankhaftes Mißtrauen in ihm erweckt, das ihn in jedem
Menſchen außerhalb des Hauſes einen Feind erblicken ließ,
dem er nicht trauen dürfe. Wo war ſeine bei Jedermann
ſprichwörtlich geweſene Höflichkeit geblieben, wo die vielen
Verbeugungen, die er ſtets bereit hatte, wenn ein „feiner
Beſuch“, wie er zu ſagen pflegte, ihn beehrte? Wie er ſo
daſtand, die Arbeitsmütze in der linken Hand, die rechte im
Bruſtlatz ſeiner Schürze verborgen, war er nur noch der
eckige, rauhe Handwerker, der durch des Lebens Verdruß ge¬
ſtachelt, eine Genugthuung darin fand, herausfordernd zu er¬
ſcheinen.

Er hatte die Abſicht, kurz und bündig zu erklären, daß
er nicht die geringſte Gemeinſchaft mehr mit „Denen da
drüben“ haben wolle, als ſeine getreue Ehehälfte, die ihm
den Unmuth vom Geſichte abgeleſen hatte, ſich in's Mittel
legte.

„Johannes, das Fräulein hat Dir doch nichts gethan,
es meint es ja ſo gut. Wer wird denn einen Glückwunſch
zurückweiſen“, ſagte ſie vorwurfsvoll. Das milderte ſeine
Rauhheit.

„Ach ſo — Sie ſind nur gekommen, um uns Ihre
Neujahrs-Gratulation zu überbringen, Fräulein. — Das
ändert die Sache — gewiß. Das iſt 'was anderes . . . .

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[213/0225] Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber ſtutzte nun doch. Timpe hatte ſich nicht vom Flecke gerührt, zeigte auch nicht die geringſte Neigung, die dargereichte Hand zu ergreifen, ſo ſeltſam er auch von dem Klange der weichen Stimme und dem bittenden Ausdruck der Augen berührt wurde. Der Kummer, der ſeit Jahren an ihm fraß, der unauslöſchliche Haß gegen Urban und Alles, was zu ihm gehörte, hatten ein krankhaftes Mißtrauen in ihm erweckt, das ihn in jedem Menſchen außerhalb des Hauſes einen Feind erblicken ließ, dem er nicht trauen dürfe. Wo war ſeine bei Jedermann ſprichwörtlich geweſene Höflichkeit geblieben, wo die vielen Verbeugungen, die er ſtets bereit hatte, wenn ein „feiner Beſuch“, wie er zu ſagen pflegte, ihn beehrte? Wie er ſo daſtand, die Arbeitsmütze in der linken Hand, die rechte im Bruſtlatz ſeiner Schürze verborgen, war er nur noch der eckige, rauhe Handwerker, der durch des Lebens Verdruß ge¬ ſtachelt, eine Genugthuung darin fand, herausfordernd zu er¬ ſcheinen. Er hatte die Abſicht, kurz und bündig zu erklären, daß er nicht die geringſte Gemeinſchaft mehr mit „Denen da drüben“ haben wolle, als ſeine getreue Ehehälfte, die ihm den Unmuth vom Geſichte abgeleſen hatte, ſich in's Mittel legte. „Johannes, das Fräulein hat Dir doch nichts gethan, es meint es ja ſo gut. Wer wird denn einen Glückwunſch zurückweiſen“, ſagte ſie vorwurfsvoll. Das milderte ſeine Rauhheit. „Ach ſo — Sie ſind nur gekommen, um uns Ihre Neujahrs-Gratulation zu überbringen, Fräulein. — Das ändert die Sache — gewiß. Das iſt 'was anderes . . . .

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/225>, abgerufen am 21.11.2024.