Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.Art und Weise, die der Mißgestalt nur zu deutlich das Eines Abends wurde der kleine Herr sogar wüthend. "Sie können auch gar nicht genug kriegen!" rief er Timpe Die ernste Miene, mit der er das sagte, ließ Timpe Die Annahme Deppler's, daß die Vermögensverhältnisse Art und Weiſe, die der Mißgeſtalt nur zu deutlich das Eines Abends wurde der kleine Herr ſogar wüthend. „Sie können auch gar nicht genug kriegen!“ rief er Timpe Die ernſte Miene, mit der er das ſagte, ließ Timpe Die Annahme Deppler's, daß die Vermögensverhältniſſe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0233" n="221"/> Art und Weiſe, die der Mißgeſtalt nur zu deutlich das<lb/> Gewiſſenloſe ihrer Handlung vor Augen führen mußte —<lb/> immer kam die gleichgültige Antwort: Man müſſe heute<lb/> zu Tage der Konkurrenz die Spitze zu bieten verſuchen;<lb/> wer das nicht könne, der ſolle lieber ruhig einpacken und als<lb/> Rentier leben.</p><lb/> <p>Eines Abends wurde der kleine Herr ſogar wüthend.</p><lb/> <p>„Sie können auch gar nicht genug kriegen!“ rief er Timpe<lb/> zu. „Sie haben doch gewiß ſchon ihre Reichthümer geſammen.<lb/> Wer ſo einen Sohn hat, dem kann es doch nicht fehlen . .<lb/> Uebrigens ſpricht ja alle Welt davon, daß Sie nach und nach<lb/> das Arbeiten ganz aufgeben wollen, um von ihren Renten zu<lb/> leben. Wie ich gehört habe, halten Sie ſich Ihre zwei Ge¬<lb/> ſellen nur noch, um mit den letzten Beſtellungen aufzu¬<lb/> räumen.“</p><lb/> <p>Die ernſte Miene, mit der er das ſagte, ließ Timpe<lb/> erkennen, daß von irgend einer Verhöhnung keine Rede ſein<lb/> könne. Und da die traurigen Erfahrungen der letzten Jahre<lb/> ihn gelehrt hatten, nicht Jedermann ſeine innerſten Gedanken<lb/> preiszugeben, ſo nahm er eine reſervirte Haltung an und<lb/> lächelte ſtatt der Antwort nur, ſo daß man das als eine Zu¬<lb/> ſtimmung auffaſſen konnte.</p><lb/> <p>Die Annahme Deppler's, daß die Vermögensverhältniſſe<lb/> des Drechslers vortreffliche ſeien, war nicht nur die ſeinige.<lb/> Da ſie die inneren Familienverhältniſſe nicht kannten, ſo<lb/> waren viele Leute, mit denen der Meiſter zu thun hatte,<lb/> der Anſicht, daß er durch ſeinen Sohn große materielle Vor¬<lb/> theile genieße, und nur ſeine und ſeiner Frau Anſpruchs¬<lb/> loſigkeit es verhinderten, aus der Beſcheidenheit herauszu¬<lb/> treten und ſich ein behaglicheres Leben zu verſchaffen. Schlie߬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [221/0233]
Art und Weiſe, die der Mißgeſtalt nur zu deutlich das
Gewiſſenloſe ihrer Handlung vor Augen führen mußte —
immer kam die gleichgültige Antwort: Man müſſe heute
zu Tage der Konkurrenz die Spitze zu bieten verſuchen;
wer das nicht könne, der ſolle lieber ruhig einpacken und als
Rentier leben.
Eines Abends wurde der kleine Herr ſogar wüthend.
„Sie können auch gar nicht genug kriegen!“ rief er Timpe
zu. „Sie haben doch gewiß ſchon ihre Reichthümer geſammen.
Wer ſo einen Sohn hat, dem kann es doch nicht fehlen . .
Uebrigens ſpricht ja alle Welt davon, daß Sie nach und nach
das Arbeiten ganz aufgeben wollen, um von ihren Renten zu
leben. Wie ich gehört habe, halten Sie ſich Ihre zwei Ge¬
ſellen nur noch, um mit den letzten Beſtellungen aufzu¬
räumen.“
Die ernſte Miene, mit der er das ſagte, ließ Timpe
erkennen, daß von irgend einer Verhöhnung keine Rede ſein
könne. Und da die traurigen Erfahrungen der letzten Jahre
ihn gelehrt hatten, nicht Jedermann ſeine innerſten Gedanken
preiszugeben, ſo nahm er eine reſervirte Haltung an und
lächelte ſtatt der Antwort nur, ſo daß man das als eine Zu¬
ſtimmung auffaſſen konnte.
Die Annahme Deppler's, daß die Vermögensverhältniſſe
des Drechslers vortreffliche ſeien, war nicht nur die ſeinige.
Da ſie die inneren Familienverhältniſſe nicht kannten, ſo
waren viele Leute, mit denen der Meiſter zu thun hatte,
der Anſicht, daß er durch ſeinen Sohn große materielle Vor¬
theile genieße, und nur ſeine und ſeiner Frau Anſpruchs¬
loſigkeit es verhinderten, aus der Beſcheidenheit herauszu¬
treten und ſich ein behaglicheres Leben zu verſchaffen. Schlie߬
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