bestätigen, oder auf den Ausdruck hinweisen, nach dem man vergeblich gesucht hatte, um dem Satze einen Zusammenhang zu geben.
Auf der einen Seite des Saales steckte man die Köpfe längere Zeit zusammen und blickte nach der äußersten Ecke neben der Bühne. Dort saß mit einem fremden Herrn Franz Timpe, der stille Kompagnon Urbans. Er hatte das Strike-Komitee um die Erlaubniß gebeten, der Versammlung beiwohnen zu dürfen, und man hatte sie ihm gegeben, weil man annahm, es sei ihm um eine baldige Einigung zu thun. Die ihn erkannt hatten, hielten sich sehr reservirt ihm gegenüber: denn wie freundlich hatte er den Polizeilieutenant gegrüßt und wie liebenswürdig war der Gruß erwidert worden.
Die Klingel des Vorsitzenden ertönte und es trat Ruhe ein. Allgemeine Mittheilungen über die Ursachen des Strikes wurden gemacht, dann ergriff ein Arbeiter der Urban'schen Fabrik als Referent das Wort. Sein Name hatte bei den Versammelten einen guten Klang, seine Erscheinung war männlich und einnehmend. Er schilderte in be¬ redten Worten den Niedergang des Drechslergewerbes, er¬ örterte an der Hand von Lohntabellen die traurige Lage der Gehilfen und verglich damit die lange Arbeitszeit. Es war ein trübes Gemälde, das er entwarf. Das Drechslergewerbe, so führte er aus, sei früher eins der blühendsten gewesen, heute aber durch die außerordentlich große Konkurrenz völlig auf den Hund gekommen.
Ein lautes "Bravo! Bravo!" unterbrach ihn. Es kam von der Thür her, wo ein Knäuel von Arbeitern sich gestaut hatte. Man blickte sich um, um zu sehen, wer der Unter¬ brecher sei, konnte ihn aber nicht entdecken.
beſtätigen, oder auf den Ausdruck hinweiſen, nach dem man vergeblich geſucht hatte, um dem Satze einen Zuſammenhang zu geben.
Auf der einen Seite des Saales ſteckte man die Köpfe längere Zeit zuſammen und blickte nach der äußerſten Ecke neben der Bühne. Dort ſaß mit einem fremden Herrn Franz Timpe, der ſtille Kompagnon Urbans. Er hatte das Strike-Komitee um die Erlaubniß gebeten, der Verſammlung beiwohnen zu dürfen, und man hatte ſie ihm gegeben, weil man annahm, es ſei ihm um eine baldige Einigung zu thun. Die ihn erkannt hatten, hielten ſich ſehr reſervirt ihm gegenüber: denn wie freundlich hatte er den Polizeilieutenant gegrüßt und wie liebenswürdig war der Gruß erwidert worden.
Die Klingel des Vorſitzenden ertönte und es trat Ruhe ein. Allgemeine Mittheilungen über die Urſachen des Strikes wurden gemacht, dann ergriff ein Arbeiter der Urban'ſchen Fabrik als Referent das Wort. Sein Name hatte bei den Verſammelten einen guten Klang, ſeine Erſcheinung war männlich und einnehmend. Er ſchilderte in be¬ redten Worten den Niedergang des Drechslergewerbes, er¬ örterte an der Hand von Lohntabellen die traurige Lage der Gehilfen und verglich damit die lange Arbeitszeit. Es war ein trübes Gemälde, das er entwarf. Das Drechslergewerbe, ſo führte er aus, ſei früher eins der blühendſten geweſen, heute aber durch die außerordentlich große Konkurrenz völlig auf den Hund gekommen.
Ein lautes „Bravo! Bravo!“ unterbrach ihn. Es kam von der Thür her, wo ein Knäuel von Arbeitern ſich geſtaut hatte. Man blickte ſich um, um zu ſehen, wer der Unter¬ brecher ſei, konnte ihn aber nicht entdecken.
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beſtätigen, oder auf den Ausdruck hinweiſen, nach dem man
vergeblich geſucht hatte, um dem Satze einen Zuſammenhang
zu geben.
Auf der einen Seite des Saales ſteckte man die Köpfe längere
Zeit zuſammen und blickte nach der äußerſten Ecke neben der Bühne.
Dort ſaß mit einem fremden Herrn Franz Timpe, der ſtille
Kompagnon Urbans. Er hatte das Strike-Komitee um die
Erlaubniß gebeten, der Verſammlung beiwohnen zu dürfen,
und man hatte ſie ihm gegeben, weil man annahm, es ſei
ihm um eine baldige Einigung zu thun. Die ihn erkannt
hatten, hielten ſich ſehr reſervirt ihm gegenüber: denn wie
freundlich hatte er den Polizeilieutenant gegrüßt und wie
liebenswürdig war der Gruß erwidert worden.
Die Klingel des Vorſitzenden ertönte und es trat Ruhe
ein. Allgemeine Mittheilungen über die Urſachen des Strikes
wurden gemacht, dann ergriff ein Arbeiter der Urban'ſchen
Fabrik als Referent das Wort. Sein Name hatte bei den
Verſammelten einen guten Klang, ſeine Erſcheinung war
männlich und einnehmend. Er ſchilderte in be¬
redten Worten den Niedergang des Drechslergewerbes, er¬
örterte an der Hand von Lohntabellen die traurige Lage der
Gehilfen und verglich damit die lange Arbeitszeit. Es war
ein trübes Gemälde, das er entwarf. Das Drechslergewerbe,
ſo führte er aus, ſei früher eins der blühendſten geweſen,
heute aber durch die außerordentlich große Konkurrenz völlig
auf den Hund gekommen.
Ein lautes „Bravo! Bravo!“ unterbrach ihn. Es kam
von der Thür her, wo ein Knäuel von Arbeitern ſich geſtaut
hatte. Man blickte ſich um, um zu ſehen, wer der Unter¬
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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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