Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.Ferdinand Friedrich Urban war durch seine anhaltenden Herrn Urbans rothseidenes Taschentuch fuhr fortwährend Sie waren vor der hinteren Veranda des Wohnhauses "Ach was, bleiben Sie! Haben Sie schon Wein ge¬ Und zum grenzenlosen Erstaunen seiner Frau, und zum 5 *
Ferdinand Friedrich Urban war durch ſeine anhaltenden Herrn Urbans rothſeidenes Taſchentuch fuhr fortwährend Sie waren vor der hinteren Veranda des Wohnhauſes „Ach was, bleiben Sie! Haben Sie ſchon Wein ge¬ Und zum grenzenloſen Erſtaunen ſeiner Frau, und zum 5 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0079" n="67"/> <p>Ferdinand Friedrich Urban war durch ſeine anhaltenden<lb/> Geſtikulationen ſo erſchöpft geworden, daß er zu ſeinem<lb/> Leidweſen die Lektion mit den Damen nicht von Neuem be¬<lb/> ginnen konnte. Und da ſeine Frau durchaus keine<lb/> Neigung verrieth, wie er und ſeine Stieftochter es be¬<lb/> reits gethan hatten, den Kopf durch das Loch in der<lb/> Mauer zu ſtecken, ſo machte man wieder Kehrt und ſchritt auf<lb/> dem breiten Mittelweg zurück, den man gekommen war, die<lb/> Damen diesmal voran und Franz mit ſeinem keuchenden Ge¬<lb/> bieter hinterdrein, da er es noch immer nicht an der Zeit<lb/> hielt, ſich zu verabſchieden.</p><lb/> <p>Herrn Urbans rothſeidenes Taſchentuch fuhr fortwährend<lb/> über das Geſicht und zur Abwechſelung einigemal über die<lb/> Gläſer der goldenen Brille. Da er die Angewohnheit hatte,<lb/> die Arme niemals ſtill zu halten und beim Gehen fortwäh¬<lb/> rend zu tänzeln, ſo bemühte Franz ſich ſoviel als möglich,<lb/> einen gewiſſen Abſtand von ihm einzuhalten, um eine Karam¬<lb/> bolage der Füße zu verhindern.</p><lb/> <p>Sie waren vor der hinteren Veranda des Wohnhauſes<lb/> angelangt. Allmälig war der Himmel dunkler geworden, ſo<lb/> daß die Abenddämmerung den Baumſtämmen die ſcharfen<lb/> Konturen nahm. Jetzt endlich wollte Franz ſich verabſchieden,<lb/> da ſagte plötzlich Urban:</p><lb/> <p>„Ach was, bleiben Sie! Haben Sie ſchon Wein ge¬<lb/> trunken, zum Beiſpiel echten Rüdesheimer Berg? —<lb/> Kommen Sie nur, wir haben noch zu reden, Ihr Vater muß<lb/> nachgeben!“</p><lb/> <p>Und zum grenzenloſen Erſtaunen ſeiner Frau, und zum<lb/> heimlichen Vergnügen Emma's und Thereſen's, faßte der kleine<lb/> <fw place="bottom" type="sig">5 *<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [67/0079]
Ferdinand Friedrich Urban war durch ſeine anhaltenden
Geſtikulationen ſo erſchöpft geworden, daß er zu ſeinem
Leidweſen die Lektion mit den Damen nicht von Neuem be¬
ginnen konnte. Und da ſeine Frau durchaus keine
Neigung verrieth, wie er und ſeine Stieftochter es be¬
reits gethan hatten, den Kopf durch das Loch in der
Mauer zu ſtecken, ſo machte man wieder Kehrt und ſchritt auf
dem breiten Mittelweg zurück, den man gekommen war, die
Damen diesmal voran und Franz mit ſeinem keuchenden Ge¬
bieter hinterdrein, da er es noch immer nicht an der Zeit
hielt, ſich zu verabſchieden.
Herrn Urbans rothſeidenes Taſchentuch fuhr fortwährend
über das Geſicht und zur Abwechſelung einigemal über die
Gläſer der goldenen Brille. Da er die Angewohnheit hatte,
die Arme niemals ſtill zu halten und beim Gehen fortwäh¬
rend zu tänzeln, ſo bemühte Franz ſich ſoviel als möglich,
einen gewiſſen Abſtand von ihm einzuhalten, um eine Karam¬
bolage der Füße zu verhindern.
Sie waren vor der hinteren Veranda des Wohnhauſes
angelangt. Allmälig war der Himmel dunkler geworden, ſo
daß die Abenddämmerung den Baumſtämmen die ſcharfen
Konturen nahm. Jetzt endlich wollte Franz ſich verabſchieden,
da ſagte plötzlich Urban:
„Ach was, bleiben Sie! Haben Sie ſchon Wein ge¬
trunken, zum Beiſpiel echten Rüdesheimer Berg? —
Kommen Sie nur, wir haben noch zu reden, Ihr Vater muß
nachgeben!“
Und zum grenzenloſen Erſtaunen ſeiner Frau, und zum
heimlichen Vergnügen Emma's und Thereſen's, faßte der kleine
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