Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Cathrine. Er weiß es vielleicht so wenig, als
ich und du.
Peter. Das wäre auch unverschämt gelogen.
Er wird doch nicht von Dingen reden, wo-
von er selbst nichts weiß. Er sagt doch
mehr, als einmahl, daß eine Hölle in der
Welt ist, und wann er sie niemals gesehen
hätte, so wäre er ein rechter Betrüger.
Jch würde mich zu Tode schämen, wann
ich öffentlich auftreten und sagen solte:
Meine Vielgeliebten, in Utopia liegt ein
Land, das heisset Schlaraffenland, da kom-
men einem die gebratne Tauben mit Mes-
sern und Gabeln ins Maul geflogen. Wie
Teusel kan ich das sagen? ich bin so weit
nicht gereiset, und mein Vater Andreas,
der mir es im Spaße erzehlte, ist auch nicht
weiter, als aus unserm Dorfe bis nach B***
gewesen.
Cathrine. Wie wollten aber die Priester in die
Hölle kommen? sie müsten denn alle zwey-
mahl sterben?
Peter. Wer weiß, was sie sich nicht alles auf
der Universität versuchen müssen? sie mö-
gen auch wohl darauf sterben, und Höllen-
fahrten halten.
Cathrine. So würde unser Herr gewiß mehr
von der Hölle zu erzählen wissen.
Peter. Er sagt freylich nicht mehr davon, als
daß Pech und Schwefel darinn brennt, und
daß die Teufel schwarz aussehn, und Pfer-
defüsse haben; aber mich dünkt die Herren
Geist-

Cathrine. Er weiß es vielleicht ſo wenig, als
ich und du.
Peter. Das waͤre auch unverſchaͤmt gelogen.
Er wird doch nicht von Dingen reden, wo-
von er ſelbſt nichts weiß. Er ſagt doch
mehr, als einmahl, daß eine Hoͤlle in der
Welt iſt, und wann er ſie niemals geſehen
haͤtte, ſo waͤre er ein rechter Betruͤger.
Jch wuͤrde mich zu Tode ſchaͤmen, wann
ich oͤffentlich auftreten und ſagen ſolte:
Meine Vielgeliebten, in Utopia liegt ein
Land, das heiſſet Schlaraffenland, da kom-
men einem die gebratne Tauben mit Meſ-
ſern und Gabeln ins Maul geflogen. Wie
Teuſel kan ich das ſagen? ich bin ſo weit
nicht gereiſet, und mein Vater Andreas,
der mir es im Spaße erzehlte, iſt auch nicht
weiter, als aus unſerm Dorfe bis nach B***
geweſen.
Cathrine. Wie wollten aber die Prieſter in die
Hoͤlle kommen? ſie muͤſten denn alle zwey-
mahl ſterben?
Peter. Wer weiß, was ſie ſich nicht alles auf
der Univerſitaͤt verſuchen muͤſſen? ſie moͤ-
gen auch wohl darauf ſterben, und Hoͤllen-
fahrten halten.
Cathrine. So wuͤrde unſer Herr gewiß mehr
von der Hoͤlle zu erzaͤhlen wiſſen.
Peter. Er ſagt freylich nicht mehr davon, als
daß Pech und Schwefel darinn brennt, und
daß die Teufel ſchwarz ausſehn, und Pfer-
defuͤſſe haben; aber mich duͤnkt die Herren
Geiſt-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0010" n="6"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <sp who="#CAT">
            <speaker>Cathrine.</speaker>
            <p>Er weiß es vielleicht &#x017F;o wenig, als<lb/>
ich und du.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PET">
            <speaker>Peter.</speaker>
            <p>Das wa&#x0364;re auch unver&#x017F;cha&#x0364;mt gelogen.<lb/>
Er wird doch nicht von Dingen reden, wo-<lb/>
von er &#x017F;elb&#x017F;t nichts weiß. Er &#x017F;agt doch<lb/>
mehr, als einmahl, daß eine Ho&#x0364;lle in der<lb/>
Welt i&#x017F;t, und wann er &#x017F;ie niemals ge&#x017F;ehen<lb/>
ha&#x0364;tte, &#x017F;o wa&#x0364;re er ein rechter Betru&#x0364;ger.<lb/>
Jch wu&#x0364;rde mich zu Tode &#x017F;cha&#x0364;men, wann<lb/>
ich o&#x0364;ffentlich auftreten und &#x017F;agen &#x017F;olte:<lb/>
Meine Vielgeliebten, in Utopia liegt ein<lb/>
Land, das hei&#x017F;&#x017F;et Schlaraffenland, da kom-<lb/>
men einem die gebratne Tauben mit Me&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern und Gabeln ins Maul geflogen. Wie<lb/>
Teu&#x017F;el kan ich das &#x017F;agen? ich bin &#x017F;o weit<lb/>
nicht gerei&#x017F;et, und mein Vater Andreas,<lb/>
der mir es im Spaße erzehlte, i&#x017F;t auch nicht<lb/>
weiter, als aus un&#x017F;erm Dorfe bis nach B***<lb/>
gewe&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAT">
            <speaker>Cathrine.</speaker>
            <p>Wie wollten aber die Prie&#x017F;ter in die<lb/>
Ho&#x0364;lle kommen? &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;ten denn alle zwey-<lb/>
mahl &#x017F;terben?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PET">
            <speaker>Peter.</speaker>
            <p>Wer weiß, was &#x017F;ie &#x017F;ich nicht alles auf<lb/>
der Univer&#x017F;ita&#x0364;t ver&#x017F;uchen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en? &#x017F;ie mo&#x0364;-<lb/>
gen auch wohl darauf &#x017F;terben, und Ho&#x0364;llen-<lb/>
fahrten halten.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CAT">
            <speaker>Cathrine.</speaker>
            <p>So wu&#x0364;rde un&#x017F;er Herr gewiß mehr<lb/>
von der Ho&#x0364;lle zu erza&#x0364;hlen wi&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PET">
            <speaker>Peter.</speaker>
            <p>Er &#x017F;agt freylich nicht mehr davon, als<lb/>
daß Pech und Schwefel darinn brennt, und<lb/>
daß die Teufel &#x017F;chwarz aus&#x017F;ehn, und Pfer-<lb/>
defu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e haben; aber mich du&#x0364;nkt die Herren<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gei&#x017F;t-</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0010] Cathrine. Er weiß es vielleicht ſo wenig, als ich und du. Peter. Das waͤre auch unverſchaͤmt gelogen. Er wird doch nicht von Dingen reden, wo- von er ſelbſt nichts weiß. Er ſagt doch mehr, als einmahl, daß eine Hoͤlle in der Welt iſt, und wann er ſie niemals geſehen haͤtte, ſo waͤre er ein rechter Betruͤger. Jch wuͤrde mich zu Tode ſchaͤmen, wann ich oͤffentlich auftreten und ſagen ſolte: Meine Vielgeliebten, in Utopia liegt ein Land, das heiſſet Schlaraffenland, da kom- men einem die gebratne Tauben mit Meſ- ſern und Gabeln ins Maul geflogen. Wie Teuſel kan ich das ſagen? ich bin ſo weit nicht gereiſet, und mein Vater Andreas, der mir es im Spaße erzehlte, iſt auch nicht weiter, als aus unſerm Dorfe bis nach B*** geweſen. Cathrine. Wie wollten aber die Prieſter in die Hoͤlle kommen? ſie muͤſten denn alle zwey- mahl ſterben? Peter. Wer weiß, was ſie ſich nicht alles auf der Univerſitaͤt verſuchen muͤſſen? ſie moͤ- gen auch wohl darauf ſterben, und Hoͤllen- fahrten halten. Cathrine. So wuͤrde unſer Herr gewiß mehr von der Hoͤlle zu erzaͤhlen wiſſen. Peter. Er ſagt freylich nicht mehr davon, als daß Pech und Schwefel darinn brennt, und daß die Teufel ſchwarz ausſehn, und Pfer- defuͤſſe haben; aber mich duͤnkt die Herren Geiſt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/10
Zitationshilfe: Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/10>, abgerufen am 03.12.2024.