Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743. Wahrm. Dem ohngeachtet werde ich vor wie nach gleich unglücklich bleiben. Gesetzt auch, daß mir weder Tempelstolz noch Muffel das geringste in meiner Liebe scha- den könnten, so ist doch jetzo der Haß ihrer Frau Schwester gegen mich so unversöha- lich geworden, daß er mir auch noch die wenige Hofnung und das Zutrauen, so ich auf ihren vielgültigen Vorspruch gesetzet, geraubet hat, denn ich bin in den Augen der Fr. v. B. nunmehro der abschenlichste Bösewicht, und darf mich nicht mehr vor ihr sehen lassen. Herr v. R. Der Zufall ist sonderlich. Jn dem Augenblicke, da mir das Glück Mittel und Wege gezeiget, sicher zu unserm Endzwecke zu gelangen, da ich zu meiner grösten Be- ruhigung meine Schwester im Geiste von ihren Vorurtheilen für die beyde Geistliche gerettet, und sie mit der Fräulein Wil- helmine schon verbunden sahe, in eben dem Augenblicke hat das Glück auf der andern Seite alle Hofnung wieder hingerissen? entdecken sie mir doch den Grund dieses unvermutheten Uebels. Wahrm. Sie waren kaum von uns hinausge- gangen, als Tempelstolz so wütend in das Zimmer trat, als ob wir ihm seinen gan- zen geistlichen Staat mit allen dazu gehö- rigen Spielwerken des Aberglaubens ge- nommen hätten. Herr
Wahrm. Dem ohngeachtet werde ich vor wie nach gleich ungluͤcklich bleiben. Geſetzt auch, daß mir weder Tempelſtolz noch Muffel das geringſte in meiner Liebe ſcha- den koͤnnten, ſo iſt doch jetzo der Haß ihrer Frau Schweſter gegen mich ſo unverſoͤha- lich geworden, daß er mir auch noch die wenige Hofnung und das Zutrauen, ſo ich auf ihren vielguͤltigen Vorſpruch geſetzet, geraubet hat, denn ich bin in den Augen der Fr. v. B. nunmehro der abſchenlichſte Boͤſewicht, und darf mich nicht mehr vor ihr ſehen laſſen. Herr v. R. Der Zufall iſt ſonderlich. Jn dem Augenblicke, da mir das Gluͤck Mittel und Wege gezeiget, ſicher zu unſerm Endzwecke zu gelangen, da ich zu meiner groͤſten Be- ruhigung meine Schweſter im Geiſte von ihren Vorurtheilen fuͤr die beyde Geiſtliche gerettet, und ſie mit der Fraͤulein Wil- helmine ſchon verbunden ſahe, in eben dem Augenblicke hat das Gluͤck auf der andern Seite alle Hofnung wieder hingeriſſen? entdecken ſie mir doch den Grund dieſes unvermutheten Uebels. Wahrm. Sie waren kaum von uns hinausge- gangen, als Tempelſtolz ſo wuͤtend in das Zimmer trat, als ob wir ihm ſeinen gan- zen geiſtlichen Staat mit allen dazu gehoͤ- rigen Spielwerken des Aberglaubens ge- nommen haͤtten. Herr
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Wahrm. Dem ohngeachtet werde ich vor wie
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auch, daß mir weder Tempelſtolz noch
Muffel das geringſte in meiner Liebe ſcha-
den koͤnnten, ſo iſt doch jetzo der Haß ihrer
Frau Schweſter gegen mich ſo unverſoͤha-
lich geworden, daß er mir auch noch die
wenige Hofnung und das Zutrauen, ſo ich
auf ihren vielguͤltigen Vorſpruch geſetzet,
geraubet hat, denn ich bin in den Augen
der Fr. v. B. nunmehro der abſchenlichſte
Boͤſewicht, und darf mich nicht mehr vor
ihr ſehen laſſen.
Herr v. R. Der Zufall iſt ſonderlich. Jn dem
Augenblicke, da mir das Gluͤck Mittel und
Wege gezeiget, ſicher zu unſerm Endzwecke
zu gelangen, da ich zu meiner groͤſten Be-
ruhigung meine Schweſter im Geiſte von
ihren Vorurtheilen fuͤr die beyde Geiſtliche
gerettet, und ſie mit der Fraͤulein Wil-
helmine ſchon verbunden ſahe, in eben dem
Augenblicke hat das Gluͤck auf der andern
Seite alle Hofnung wieder hingeriſſen?
entdecken ſie mir doch den Grund dieſes
unvermutheten Uebels.
Wahrm. Sie waren kaum von uns hinausge-
gangen, als Tempelſtolz ſo wuͤtend in das
Zimmer trat, als ob wir ihm ſeinen gan-
zen geiſtlichen Staat mit allen dazu gehoͤ-
rigen Spielwerken des Aberglaubens ge-
nommen haͤtten.
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