Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.

Bild:
<< vorherige Seite


Herr von R. Sagen sie mir doch geschwinde,
was es für eine Sünde ist.
Fr. von B. Ach meine Tochter! meine Tochter!
Herr v. R. Was ist denn ihrer Tochter?
Fr. v. B. Ach! ich fürchte mich der Sünde,
daß ich es nur sagen soll.
Wilhelmine. Nun, Mama!
Fr. v. B. Ach! meine Tochter ist - - Gott
verzeyhe mir die Sünde, mit dem Herrn
Wahrmund allein im Zimmer gewesen.
Herr v. R. Jst das das Unglück, und die him-
melschreyende Sünde?
Fr. v. B. Ach sie ist mit einem Philosophen
allein gewesen!
Herr v. R. So meynen sie, daß ein Philosoph
mit keinem Frauenzimmer allein seyn darf?
Fr. v. B. Nein, die Philosophen sind Leute,
welche kein Gewissen haben, und meine
Tochter ist noch gar jung, ich weiß, wie
schwer es mir in ihrem Alter gefallen, den
Mannspersonen zu wiederstehen. Wie ich
sage, Herr Bruder, es ist ein Unglück ge-
schehen. Gestehe nur meine Tochter, was
du gethan hast, damit ich dich noch heute
mit Ehren an den Herren Tempelstolzen
verheyrathe, und du unserm Hause keine
Schande machest.
Herr v. R. Jch bin ihnen sowohl für ihre Toch-
ter, als auch für den Herrn Wahrmund
Bürge. Ueberdem können sie versichert
seyn, daß ich sie lieber in der Gesellschaft
des


Herr von R. Sagen ſie mir doch geſchwinde,
was es fuͤr eine Suͤnde iſt.
Fr. von B. Ach meine Tochter! meine Tochter!
Herr v. R. Was iſt denn ihrer Tochter?
Fr. v. B. Ach! ich fuͤrchte mich der Suͤnde,
daß ich es nur ſagen ſoll.
Wilhelmine. Nun, Mama!
Fr. v. B. Ach! meine Tochter iſt ‒ ‒ Gott
verzeyhe mir die Suͤnde, mit dem Herrn
Wahrmund allein im Zimmer geweſen.
Herr v. R. Jſt das das Ungluͤck, und die him-
melſchreyende Suͤnde?
Fr. v. B. Ach ſie iſt mit einem Philoſophen
allein geweſen!
Herr v. R. So meynen ſie, daß ein Philoſoph
mit keinem Frauenzimmer allein ſeyn darf?
Fr. v. B. Nein, die Philoſophen ſind Leute,
welche kein Gewiſſen haben, und meine
Tochter iſt noch gar jung, ich weiß, wie
ſchwer es mir in ihrem Alter gefallen, den
Mannsperſonen zu wiederſtehen. Wie ich
ſage, Herr Bruder, es iſt ein Ungluͤck ge-
ſchehen. Geſtehe nur meine Tochter, was
du gethan haſt, damit ich dich noch heute
mit Ehren an den Herren Tempelſtolzen
verheyrathe, und du unſerm Hauſe keine
Schande macheſt.
Herr v. R. Jch bin ihnen ſowohl fuͤr ihre Toch-
ter, als auch fuͤr den Herrn Wahrmund
Buͤrge. Ueberdem koͤnnen ſie verſichert
ſeyn, daß ich ſie lieber in der Geſellſchaft
des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0054" n="50"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <sp who="#HVR">
            <speaker>Herr von R.</speaker>
            <p>Sagen &#x017F;ie mir doch ge&#x017F;chwinde,<lb/>
was es fu&#x0364;r eine Su&#x0364;nde i&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FVB">
            <speaker>Fr. von B.</speaker>
            <p>Ach meine Tochter! meine Tochter!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HVR">
            <speaker>Herr v. R.</speaker>
            <p>Was i&#x017F;t denn ihrer Tochter?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FVB">
            <speaker>Fr. v. B.</speaker>
            <p>Ach! ich fu&#x0364;rchte mich der Su&#x0364;nde,<lb/>
daß ich es nur &#x017F;agen &#x017F;oll.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WIL">
            <speaker>Wilhelmine.</speaker>
            <p>Nun, Mama!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FVB">
            <speaker>Fr. v. B.</speaker>
            <p>Ach! meine Tochter i&#x017F;t &#x2012; &#x2012; Gott<lb/>
verzeyhe mir die Su&#x0364;nde, mit dem Herrn<lb/>
Wahrmund allein im Zimmer gewe&#x017F;en.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HVR">
            <speaker>Herr v. R.</speaker>
            <p>J&#x017F;t das das Unglu&#x0364;ck, und die him-<lb/>
mel&#x017F;chreyende Su&#x0364;nde?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FVB">
            <speaker>Fr. v. B.</speaker>
            <p>Ach &#x017F;ie i&#x017F;t mit einem Philo&#x017F;ophen<lb/>
allein gewe&#x017F;en!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HVR">
            <speaker>Herr v. R.</speaker>
            <p>So meynen &#x017F;ie, daß ein Philo&#x017F;oph<lb/>
mit keinem Frauenzimmer allein &#x017F;eyn darf?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FVB">
            <speaker>Fr. v. B.</speaker>
            <p>Nein, die Philo&#x017F;ophen &#x017F;ind Leute,<lb/>
welche kein Gewi&#x017F;&#x017F;en haben, und meine<lb/>
Tochter i&#x017F;t noch gar jung, ich weiß, wie<lb/>
&#x017F;chwer es mir in ihrem Alter gefallen, den<lb/>
Mannsper&#x017F;onen zu wieder&#x017F;tehen. Wie ich<lb/>
&#x017F;age, Herr Bruder, es i&#x017F;t ein Unglu&#x0364;ck ge-<lb/>
&#x017F;chehen. Ge&#x017F;tehe nur meine Tochter, was<lb/>
du gethan ha&#x017F;t, damit ich dich noch heute<lb/>
mit Ehren an den Herren Tempel&#x017F;tolzen<lb/>
verheyrathe, und du un&#x017F;erm Hau&#x017F;e keine<lb/>
Schande mache&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HVR">
            <speaker>Herr v. R.</speaker>
            <p>Jch bin ihnen &#x017F;owohl fu&#x0364;r ihre Toch-<lb/>
ter, als auch fu&#x0364;r den Herrn Wahrmund<lb/>
Bu&#x0364;rge. Ueberdem ko&#x0364;nnen &#x017F;ie ver&#x017F;ichert<lb/>
&#x017F;eyn, daß ich &#x017F;ie lieber in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">des</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0054] Herr von R. Sagen ſie mir doch geſchwinde, was es fuͤr eine Suͤnde iſt. Fr. von B. Ach meine Tochter! meine Tochter! Herr v. R. Was iſt denn ihrer Tochter? Fr. v. B. Ach! ich fuͤrchte mich der Suͤnde, daß ich es nur ſagen ſoll. Wilhelmine. Nun, Mama! Fr. v. B. Ach! meine Tochter iſt ‒ ‒ Gott verzeyhe mir die Suͤnde, mit dem Herrn Wahrmund allein im Zimmer geweſen. Herr v. R. Jſt das das Ungluͤck, und die him- melſchreyende Suͤnde? Fr. v. B. Ach ſie iſt mit einem Philoſophen allein geweſen! Herr v. R. So meynen ſie, daß ein Philoſoph mit keinem Frauenzimmer allein ſeyn darf? Fr. v. B. Nein, die Philoſophen ſind Leute, welche kein Gewiſſen haben, und meine Tochter iſt noch gar jung, ich weiß, wie ſchwer es mir in ihrem Alter gefallen, den Mannsperſonen zu wiederſtehen. Wie ich ſage, Herr Bruder, es iſt ein Ungluͤck ge- ſchehen. Geſtehe nur meine Tochter, was du gethan haſt, damit ich dich noch heute mit Ehren an den Herren Tempelſtolzen verheyrathe, und du unſerm Hauſe keine Schande macheſt. Herr v. R. Jch bin ihnen ſowohl fuͤr ihre Toch- ter, als auch fuͤr den Herrn Wahrmund Buͤrge. Ueberdem koͤnnen ſie verſichert ſeyn, daß ich ſie lieber in der Geſellſchaft des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/54
Zitationshilfe: Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/54>, abgerufen am 23.11.2024.