Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743. Wilhelm. Sie haben mich dazu noch nicht über- führet. Tempelst. Was? sie wollen es nicht thun? Wilhelm. Auf ihrem Befehle beruht diese wich- tige Sache nicht. Tempelst. Nun, so übergebe ich sie dem Sata- nas, dem Beelzebub, dem Teufel! Wilhelm. Und nun hat der ganze Proceß ein Ende? Tempelst. Ja. Jch hab ihnen gesagt, was ich gekonnt habe. Wilhelm. Wer hat denn nun Recht unter uns beyden? Tempelst. Jch. Denn ein Geistlicher muß nie- mals Unrecht haben. Wilhelm. So hören sie mich nun auch auf ei- nen Augenblick. Jch habe ihnen und al- len ihres gleichen etwas nöthiges zu sagen. Unser Vaterland hat zwar nicht mehr nö- thig, sich von einem einzigen Geistlichen alles, was es denken, glauben und läugnen soll, verschreiben zu lassen; es hat aber an des Einen statt eine ganze Menge Päbste bekommen, so viele nemlich, als es unver- nünftige Geistliche hat. Sie selbst sind ei- ner von diesen war ganz kleinen, aber recht großherrischen Päbstgen. Jch aber gehöre nicht unter die Heerde ihrer Layen. Mich dünkt, recht und vernünftig zu handeln, wenn ich ihnen nicht das geringste auf ihren Kragen
Wilhelm. Sie haben mich dazu noch nicht uͤber- fuͤhret. Tempelſt. Was? ſie wollen es nicht thun? Wilhelm. Auf ihrem Befehle beruht dieſe wich- tige Sache nicht. Tempelſt. Nun, ſo uͤbergebe ich ſie dem Sata- nas, dem Beelzebub, dem Teufel! Wilhelm. Und nun hat der ganze Proceß ein Ende? Tempelſt. Ja. Jch hab ihnen geſagt, was ich gekonnt habe. Wilhelm. Wer hat denn nun Recht unter uns beyden? Tempelſt. Jch. Denn ein Geiſtlicher muß nie- mals Unrecht haben. Wilhelm. So hoͤren ſie mich nun auch auf ei- nen Augenblick. Jch habe ihnen und al- len ihres gleichen etwas noͤthiges zu ſagen. Unſer Vaterland hat zwar nicht mehr noͤ- thig, ſich von einem einzigen Geiſtlichen alles, was es denken, glauben und laͤugnen ſoll, verſchreiben zu laſſen; es hat aber an des Einen ſtatt eine ganze Menge Paͤbſte bekommen, ſo viele nemlich, als es unver- nuͤnftige Geiſtliche hat. Sie ſelbſt ſind ei- ner von dieſen war ganz kleinen, aber recht großherriſchen Paͤbſtgen. Jch aber gehoͤre nicht unter die Heerde ihrer Layen. Mich duͤnkt, recht und vernuͤnftig zu handeln, wenn ich ihnen nicht das geringſte auf ihren Kragen
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Wilhelm. Sie haben mich dazu noch nicht uͤber-
fuͤhret.
Tempelſt. Was? ſie wollen es nicht thun?
Wilhelm. Auf ihrem Befehle beruht dieſe wich-
tige Sache nicht.
Tempelſt. Nun, ſo uͤbergebe ich ſie dem Sata-
nas, dem Beelzebub, dem Teufel!
Wilhelm. Und nun hat der ganze Proceß ein
Ende?
Tempelſt. Ja. Jch hab ihnen geſagt, was ich
gekonnt habe.
Wilhelm. Wer hat denn nun Recht unter uns
beyden?
Tempelſt. Jch. Denn ein Geiſtlicher muß nie-
mals Unrecht haben.
Wilhelm. So hoͤren ſie mich nun auch auf ei-
nen Augenblick. Jch habe ihnen und al-
len ihres gleichen etwas noͤthiges zu ſagen.
Unſer Vaterland hat zwar nicht mehr noͤ-
thig, ſich von einem einzigen Geiſtlichen
alles, was es denken, glauben und laͤugnen
ſoll, verſchreiben zu laſſen; es hat aber an
des Einen ſtatt eine ganze Menge Paͤbſte
bekommen, ſo viele nemlich, als es unver-
nuͤnftige Geiſtliche hat. Sie ſelbſt ſind ei-
ner von dieſen war ganz kleinen, aber recht
großherriſchen Paͤbſtgen. Jch aber gehoͤre
nicht unter die Heerde ihrer Layen. Mich
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