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Krüger, Elsa; Lengefeld, Selma von: Über Wahlrecht und Wahlpflicht der deutschen Frau. Weimar, 1918.

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bei der Wahl zu entscheiden. Der Vorteil dieser Wahlform ist zunächst,
daß die Person des einzelnen Wahlbewerbers mehr zurücktritt; ferner
können in den stark vergrößerten Wahlbezirken kleinliche Sonderwünsche
nicht das Wahlergebnis beeinflussen; weiter beseitigt das neue System
die Stichwahlen, und endlich und hauptsächlich steigert es das allgemeine
politische Jnteresse, denn diese Wahlform hat zur Folge, daß jede
einzelne Stimme ihren Wert hat und daß nicht, wie früher geschah,
die Stimmen für die nicht erfolgreichen Kandidaten unter den Tisch
fallen. Dieser letztere Gesichtpunkt muß den Frauen gegenüber ganz
besonders betont werden, um ihnen klar zu machen, wie wichtig die
Beteiligung jedes Wählers an den kommenden Wahlen ist. Das
Wort Verhältniswahl besagt nämlich, daß in jedem Wahlkreis die
einzelnen Parteien so viele Abgeordnete in das Parlament entsenden
können, als sie im Verhältnis zu den anderen Parteien dieses Bezirks
Stimmen für sich erhalten. Es wurden zu dem Zweck allen Wahl-
kreisen nach der Höhe ihrer Einwohnerzahl eine bestimmte Anzahl
von Volksvertretern zugebilligt. Für die Reichswahlen soll auf
150000 Einwohner ein Abgeordneter entfallen. Jede Partei stellt
nun eine Liste auf mit soviel Kandidaten, als der Kreis insgesamt
wählen darf. Dabei ist die Reihenfolge der Namen von großer
Bedeutung, denn die zuerst genannten haben mehr Aussicht gewählt
zu werden als die späteren. Der einzelne Wähler gibt also seine
Stimme für die ganze Liste der Partei ab, zu der er Vertrauen hat.
Diese Stimmen werden gezählt und jeder Partei alsdann eine ver-
hältnismäßige Anzahl von Abgeordneten zugebilligt, sodaß zum
Beispiel in einem Wahlkreis die Partei, die ein Drittel aller Stimmen
erhalten hat, auch den dritten Teil ihrer aufgestellten Kandidaten
als Abgeordnete entsenden kann, die ein Viertel erhielt, den vierten
Teil, usw. Und zwar gelten die Namen auf der Liste von oben an
gezählt, daher ist, wie schon gesagt, die Reihenfolge der Namen so
wichtig. Die bedeutendsten Parteivertreter wird man an die Spitze
der Liste stellen. Die Berechnung dieser Verhältniswahl ist eine
sehr verwickelte und schwierige, weil die Zahlenverhältnisse natürlich
nie so einfach sind, wie die genannten Beispiele. Jn kurzen Worten
ist es nicht zu erklären; wer sich dafür interessiert, möge das beigefügte
Aufklärungsblatt studieren, auf dem ein möglichst einfaches und
klares Bild solcher Berechnung gezeigt wird. Das Ergebnis der
Wahl ist also, daß in jedem Wahlkreis diejenigen Parteien am meisten
Abgeordnete erhalten, die die meisten Wähler haben und diejenigen
die wenigsten, die die geringste Stimmenzahl aufweisen, daß aber
doch jeder Partei undjedem Wähler ihr Recht wird, wenn nicht
etwa der Anteil an einer Partei so gering ist, daß er bei der Be-
rechnung nicht in Frage kommt.

Die Notwendigkeit von geordneten Parteiorganisationen wurde
schon in den Eingangsworten betont, weil nur durch solchen Zusammen-
schluß die nötige Stoßkraft zum Durchsetzen bestimmter Forderungen
erreicht wird. Darum geht auch an die Frauen von allen Seiten
der dringende Mahnruf: organisiert euch, schließt euch den politischen

bei der Wahl zu entscheiden. Der Vorteil dieser Wahlform ist zunächst,
daß die Person des einzelnen Wahlbewerbers mehr zurücktritt; ferner
können in den stark vergrößerten Wahlbezirken kleinliche Sonderwünsche
nicht das Wahlergebnis beeinflussen; weiter beseitigt das neue System
die Stichwahlen, und endlich und hauptsächlich steigert es das allgemeine
politische Jnteresse, denn diese Wahlform hat zur Folge, daß jede
einzelne Stimme ihren Wert hat und daß nicht, wie früher geschah,
die Stimmen für die nicht erfolgreichen Kandidaten unter den Tisch
fallen. Dieser letztere Gesichtpunkt muß den Frauen gegenüber ganz
besonders betont werden, um ihnen klar zu machen, wie wichtig die
Beteiligung jedes Wählers an den kommenden Wahlen ist. Das
Wort Verhältniswahl besagt nämlich, daß in jedem Wahlkreis die
einzelnen Parteien so viele Abgeordnete in das Parlament entsenden
können, als sie im Verhältnis zu den anderen Parteien dieses Bezirks
Stimmen für sich erhalten. Es wurden zu dem Zweck allen Wahl-
kreisen nach der Höhe ihrer Einwohnerzahl eine bestimmte Anzahl
von Volksvertretern zugebilligt. Für die Reichswahlen soll auf
150000 Einwohner ein Abgeordneter entfallen. Jede Partei stellt
nun eine Liste auf mit soviel Kandidaten, als der Kreis insgesamt
wählen darf. Dabei ist die Reihenfolge der Namen von großer
Bedeutung, denn die zuerst genannten haben mehr Aussicht gewählt
zu werden als die späteren. Der einzelne Wähler gibt also seine
Stimme für die ganze Liste der Partei ab, zu der er Vertrauen hat.
Diese Stimmen werden gezählt und jeder Partei alsdann eine ver-
hältnismäßige Anzahl von Abgeordneten zugebilligt, sodaß zum
Beispiel in einem Wahlkreis die Partei, die ein Drittel aller Stimmen
erhalten hat, auch den dritten Teil ihrer aufgestellten Kandidaten
als Abgeordnete entsenden kann, die ein Viertel erhielt, den vierten
Teil, usw. Und zwar gelten die Namen auf der Liste von oben an
gezählt, daher ist, wie schon gesagt, die Reihenfolge der Namen so
wichtig. Die bedeutendsten Parteivertreter wird man an die Spitze
der Liste stellen. Die Berechnung dieser Verhältniswahl ist eine
sehr verwickelte und schwierige, weil die Zahlenverhältnisse natürlich
nie so einfach sind, wie die genannten Beispiele. Jn kurzen Worten
ist es nicht zu erklären; wer sich dafür interessiert, möge das beigefügte
Aufklärungsblatt studieren, auf dem ein möglichst einfaches und
klares Bild solcher Berechnung gezeigt wird. Das Ergebnis der
Wahl ist also, daß in jedem Wahlkreis diejenigen Parteien am meisten
Abgeordnete erhalten, die die meisten Wähler haben und diejenigen
die wenigsten, die die geringste Stimmenzahl aufweisen, daß aber
doch jeder Partei undjedem Wähler ihr Recht wird, wenn nicht
etwa der Anteil an einer Partei so gering ist, daß er bei der Be-
rechnung nicht in Frage kommt.

Die Notwendigkeit von geordneten Parteiorganisationen wurde
schon in den Eingangsworten betont, weil nur durch solchen Zusammen-
schluß die nötige Stoßkraft zum Durchsetzen bestimmter Forderungen
erreicht wird. Darum geht auch an die Frauen von allen Seiten
der dringende Mahnruf: organisiert euch, schließt euch den politischen

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[10/0010] bei der Wahl zu entscheiden. Der Vorteil dieser Wahlform ist zunächst, daß die Person des einzelnen Wahlbewerbers mehr zurücktritt; ferner können in den stark vergrößerten Wahlbezirken kleinliche Sonderwünsche nicht das Wahlergebnis beeinflussen; weiter beseitigt das neue System die Stichwahlen, und endlich und hauptsächlich steigert es das allgemeine politische Jnteresse, denn diese Wahlform hat zur Folge, daß jede einzelne Stimme ihren Wert hat und daß nicht, wie früher geschah, die Stimmen für die nicht erfolgreichen Kandidaten unter den Tisch fallen. Dieser letztere Gesichtpunkt muß den Frauen gegenüber ganz besonders betont werden, um ihnen klar zu machen, wie wichtig die Beteiligung jedes Wählers an den kommenden Wahlen ist. Das Wort Verhältniswahl besagt nämlich, daß in jedem Wahlkreis die einzelnen Parteien so viele Abgeordnete in das Parlament entsenden können, als sie im Verhältnis zu den anderen Parteien dieses Bezirks Stimmen für sich erhalten. Es wurden zu dem Zweck allen Wahl- kreisen nach der Höhe ihrer Einwohnerzahl eine bestimmte Anzahl von Volksvertretern zugebilligt. Für die Reichswahlen soll auf 150000 Einwohner ein Abgeordneter entfallen. Jede Partei stellt nun eine Liste auf mit soviel Kandidaten, als der Kreis insgesamt wählen darf. Dabei ist die Reihenfolge der Namen von großer Bedeutung, denn die zuerst genannten haben mehr Aussicht gewählt zu werden als die späteren. Der einzelne Wähler gibt also seine Stimme für die ganze Liste der Partei ab, zu der er Vertrauen hat. Diese Stimmen werden gezählt und jeder Partei alsdann eine ver- hältnismäßige Anzahl von Abgeordneten zugebilligt, sodaß zum Beispiel in einem Wahlkreis die Partei, die ein Drittel aller Stimmen erhalten hat, auch den dritten Teil ihrer aufgestellten Kandidaten als Abgeordnete entsenden kann, die ein Viertel erhielt, den vierten Teil, usw. Und zwar gelten die Namen auf der Liste von oben an gezählt, daher ist, wie schon gesagt, die Reihenfolge der Namen so wichtig. Die bedeutendsten Parteivertreter wird man an die Spitze der Liste stellen. Die Berechnung dieser Verhältniswahl ist eine sehr verwickelte und schwierige, weil die Zahlenverhältnisse natürlich nie so einfach sind, wie die genannten Beispiele. Jn kurzen Worten ist es nicht zu erklären; wer sich dafür interessiert, möge das beigefügte Aufklärungsblatt studieren, auf dem ein möglichst einfaches und klares Bild solcher Berechnung gezeigt wird. Das Ergebnis der Wahl ist also, daß in jedem Wahlkreis diejenigen Parteien am meisten Abgeordnete erhalten, die die meisten Wähler haben und diejenigen die wenigsten, die die geringste Stimmenzahl aufweisen, daß aber doch jeder Partei undjedem Wähler ihr Recht wird, wenn nicht etwa der Anteil an einer Partei so gering ist, daß er bei der Be- rechnung nicht in Frage kommt. Die Notwendigkeit von geordneten Parteiorganisationen wurde schon in den Eingangsworten betont, weil nur durch solchen Zusammen- schluß die nötige Stoßkraft zum Durchsetzen bestimmter Forderungen erreicht wird. Darum geht auch an die Frauen von allen Seiten der dringende Mahnruf: organisiert euch, schließt euch den politischen

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-24T15:36:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-11-24T15:36:09Z)

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

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Zitationshilfe: Krüger, Elsa; Lengefeld, Selma von: Über Wahlrecht und Wahlpflicht der deutschen Frau. Weimar, 1918, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_wahlrecht_1918/10>, abgerufen am 21.11.2024.