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Krüger, Elsa; Lengefeld, Selma von: Über Wahlrecht und Wahlpflicht der deutschen Frau. Weimar, 1918.

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Frauen müssen es erreichen, daß solche in genügender Zahl und an
erfolgreichen Plätzen auf die Abgeordnetenlisten gesetzt werden und
haben sich mit diesen Vertreterinnen zu verständigen.

Über alle eigenen Wünschen hinaus muß es aber immer wieder
den neuen Wählerinnen eingeprägt werden: nicht nur um eurer selbst
willen erhieltet ihr die politischen Rechte, ihr tragt jetzt mit die
Verantwortung für das Ganze
. Deutschlands, eures Heimats-
landes, eures Volkes Wohl, - das muß euch über alles gehen.
Soviel kostbares Blut ist um seine Verteidigung geflossen, soviel
Arbeit, Entbehrung und Schmerz haben Männer und Frauen um
dieser Heimat willen zu ertragen gehabt, diesem Land zu dienen
und es nach der schweren Niederlage neu wieder aufzubauen, das
soll die erste Losung aller Wähler sein, vor ihm gilt nicht Mann
noch Weib, vor ihm gibt es nur Deutsche.

Dieser Weckruf an die Frauen soll nicht zum Abschluß kommen,
ohne noch auf einige Gedanken einzugehen, die sie als gewissenhafte
Menschen in ihre Betrachtung mit hinein ziehen müssen, weil von
ihrer Lösung Wert oder Unwert der politischen Tätigkeit der Frau
abhängt. Es gilt eine Antwort zu finden auf die Frage: Wie
können die Frauen an dem Kampf der öffentlichen Meinung teil-
nehmen, ohne mit ihren nächstliegenden Pflichten in Widerstreit zu
geraten, und ohne etwas von ihrer Weiblichkeit dabei einzubüßen?
Denn auch darüber steht das alte Wort: Was hülfe es dem Menschen,
wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an
seiner Seele!

Da sind zunächst die äußeren Formen des politischen Kampfes,
schön, moralisch hoch stehend sind sie nicht. Was im bürgerlichen
Leben kein anständiger Mensch dem anderen an Beleidigendem sagen
würde, das werfen sich recht häufig die Politiker in ihren öffentlichen
Streitreden an den Kopf. Jm Grunde denken sie garnicht persönlich
so geringschätzig von einander, es ist nur die Form, der leidenschaft-
liche Ausdruck für die erhitzte Überzeugung. Es ist begreiflich, daß
sehr viele Frauen, und darunter manche der besten, sich so davon
angewidert fühlen, daß sie lieber auf alle Rechte Verzicht leisten, als
daß sie sich zu solchem Gezänk hergeben. Liegt aber darin nicht
vielleicht auch ein gut Teil Bequemlichkeit, Selbstsucht und moralische
Überhebung? - und wäre es nicht besser, wenn sie statt dessen sagten:
Wir wollen uns dafür einsetzen, wir wollen wenigstens den Versuch
machen, daß durch unsern Einfluß die Formen an Häßlichkeit und
Schärfe verlieren. Wir müssen uns selbst zu gut sein, um in den
eingerissenen gehässigen Ton einzustimmen. Es hat schon mancher
Mann die Hoffnung ausgesprochen, daß mit Eintritt der Frau in
das parlamentarische Leben eine Verfeinerung der politischen Sitten
einziehen würde. Zum Trost sei auch gesagt, daß der eigentliche
politische Wahlkampf nur von den Führern und ihren direkten Helfern
ausgefochten wird. Der gewöhnliche Bürger kann seine Überzeugung
bilden und danach handeln, ohne unausgesetzt im öffentlichen Streit
zu stehen. Ein anderes ist die Frage: Werden die Frauen es ver-

Frauen müssen es erreichen, daß solche in genügender Zahl und an
erfolgreichen Plätzen auf die Abgeordnetenlisten gesetzt werden und
haben sich mit diesen Vertreterinnen zu verständigen.

Über alle eigenen Wünschen hinaus muß es aber immer wieder
den neuen Wählerinnen eingeprägt werden: nicht nur um eurer selbst
willen erhieltet ihr die politischen Rechte, ihr tragt jetzt mit die
Verantwortung für das Ganze
. Deutschlands, eures Heimats-
landes, eures Volkes Wohl, – das muß euch über alles gehen.
Soviel kostbares Blut ist um seine Verteidigung geflossen, soviel
Arbeit, Entbehrung und Schmerz haben Männer und Frauen um
dieser Heimat willen zu ertragen gehabt, diesem Land zu dienen
und es nach der schweren Niederlage neu wieder aufzubauen, das
soll die erste Losung aller Wähler sein, vor ihm gilt nicht Mann
noch Weib, vor ihm gibt es nur Deutsche.

Dieser Weckruf an die Frauen soll nicht zum Abschluß kommen,
ohne noch auf einige Gedanken einzugehen, die sie als gewissenhafte
Menschen in ihre Betrachtung mit hinein ziehen müssen, weil von
ihrer Lösung Wert oder Unwert der politischen Tätigkeit der Frau
abhängt. Es gilt eine Antwort zu finden auf die Frage: Wie
können die Frauen an dem Kampf der öffentlichen Meinung teil-
nehmen, ohne mit ihren nächstliegenden Pflichten in Widerstreit zu
geraten, und ohne etwas von ihrer Weiblichkeit dabei einzubüßen?
Denn auch darüber steht das alte Wort: Was hülfe es dem Menschen,
wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an
seiner Seele!

Da sind zunächst die äußeren Formen des politischen Kampfes,
schön, moralisch hoch stehend sind sie nicht. Was im bürgerlichen
Leben kein anständiger Mensch dem anderen an Beleidigendem sagen
würde, das werfen sich recht häufig die Politiker in ihren öffentlichen
Streitreden an den Kopf. Jm Grunde denken sie garnicht persönlich
so geringschätzig von einander, es ist nur die Form, der leidenschaft-
liche Ausdruck für die erhitzte Überzeugung. Es ist begreiflich, daß
sehr viele Frauen, und darunter manche der besten, sich so davon
angewidert fühlen, daß sie lieber auf alle Rechte Verzicht leisten, als
daß sie sich zu solchem Gezänk hergeben. Liegt aber darin nicht
vielleicht auch ein gut Teil Bequemlichkeit, Selbstsucht und moralische
Überhebung? – und wäre es nicht besser, wenn sie statt dessen sagten:
Wir wollen uns dafür einsetzen, wir wollen wenigstens den Versuch
machen, daß durch unsern Einfluß die Formen an Häßlichkeit und
Schärfe verlieren. Wir müssen uns selbst zu gut sein, um in den
eingerissenen gehässigen Ton einzustimmen. Es hat schon mancher
Mann die Hoffnung ausgesprochen, daß mit Eintritt der Frau in
das parlamentarische Leben eine Verfeinerung der politischen Sitten
einziehen würde. Zum Trost sei auch gesagt, daß der eigentliche
politische Wahlkampf nur von den Führern und ihren direkten Helfern
ausgefochten wird. Der gewöhnliche Bürger kann seine Überzeugung
bilden und danach handeln, ohne unausgesetzt im öffentlichen Streit
zu stehen. Ein anderes ist die Frage: Werden die Frauen es ver-

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[17/0017] Frauen müssen es erreichen, daß solche in genügender Zahl und an erfolgreichen Plätzen auf die Abgeordnetenlisten gesetzt werden und haben sich mit diesen Vertreterinnen zu verständigen. Über alle eigenen Wünschen hinaus muß es aber immer wieder den neuen Wählerinnen eingeprägt werden: nicht nur um eurer selbst willen erhieltet ihr die politischen Rechte, ihr tragt jetzt mit die Verantwortung für das Ganze. Deutschlands, eures Heimats- landes, eures Volkes Wohl, – das muß euch über alles gehen. Soviel kostbares Blut ist um seine Verteidigung geflossen, soviel Arbeit, Entbehrung und Schmerz haben Männer und Frauen um dieser Heimat willen zu ertragen gehabt, diesem Land zu dienen und es nach der schweren Niederlage neu wieder aufzubauen, das soll die erste Losung aller Wähler sein, vor ihm gilt nicht Mann noch Weib, vor ihm gibt es nur Deutsche. Dieser Weckruf an die Frauen soll nicht zum Abschluß kommen, ohne noch auf einige Gedanken einzugehen, die sie als gewissenhafte Menschen in ihre Betrachtung mit hinein ziehen müssen, weil von ihrer Lösung Wert oder Unwert der politischen Tätigkeit der Frau abhängt. Es gilt eine Antwort zu finden auf die Frage: Wie können die Frauen an dem Kampf der öffentlichen Meinung teil- nehmen, ohne mit ihren nächstliegenden Pflichten in Widerstreit zu geraten, und ohne etwas von ihrer Weiblichkeit dabei einzubüßen? Denn auch darüber steht das alte Wort: Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele! Da sind zunächst die äußeren Formen des politischen Kampfes, schön, moralisch hoch stehend sind sie nicht. Was im bürgerlichen Leben kein anständiger Mensch dem anderen an Beleidigendem sagen würde, das werfen sich recht häufig die Politiker in ihren öffentlichen Streitreden an den Kopf. Jm Grunde denken sie garnicht persönlich so geringschätzig von einander, es ist nur die Form, der leidenschaft- liche Ausdruck für die erhitzte Überzeugung. Es ist begreiflich, daß sehr viele Frauen, und darunter manche der besten, sich so davon angewidert fühlen, daß sie lieber auf alle Rechte Verzicht leisten, als daß sie sich zu solchem Gezänk hergeben. Liegt aber darin nicht vielleicht auch ein gut Teil Bequemlichkeit, Selbstsucht und moralische Überhebung? – und wäre es nicht besser, wenn sie statt dessen sagten: Wir wollen uns dafür einsetzen, wir wollen wenigstens den Versuch machen, daß durch unsern Einfluß die Formen an Häßlichkeit und Schärfe verlieren. Wir müssen uns selbst zu gut sein, um in den eingerissenen gehässigen Ton einzustimmen. Es hat schon mancher Mann die Hoffnung ausgesprochen, daß mit Eintritt der Frau in das parlamentarische Leben eine Verfeinerung der politischen Sitten einziehen würde. Zum Trost sei auch gesagt, daß der eigentliche politische Wahlkampf nur von den Führern und ihren direkten Helfern ausgefochten wird. Der gewöhnliche Bürger kann seine Überzeugung bilden und danach handeln, ohne unausgesetzt im öffentlichen Streit zu stehen. Ein anderes ist die Frage: Werden die Frauen es ver-

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-24T15:36:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-11-24T15:36:09Z)

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Zitationshilfe: Krüger, Elsa; Lengefeld, Selma von: Über Wahlrecht und Wahlpflicht der deutschen Frau. Weimar, 1918, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_wahlrecht_1918/17>, abgerufen am 21.11.2024.