Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Gewohnheit vielmehr für desto billiger, ie gewisser es
ist, daß ohne dieselbe ein ieder die Freyheit haben
würde die Welt mit Lügen und Fabeln zu überhäuf-
fen. Sie ist schon dergestalt damit erfüllt, daß der-
gleichen Unternehmen nichts anders wäre, als Was-
ser in den Brunnen tragen. So treuherzig bin ich,
daß ich mir selbst ein Gesetz vorschreibe, ohne welches
es mir viel leichter geworden seyn würde, diese Blät-
ter zu verfertigen; und was noch mehr ist, so würde
ich nicht der erste gewesen seyn, der dieses gethan hätte.
Denn man wird aus den folgenden sehen, daß es zu
allen Zeiten und unter allen Nationen Leute gegeben,
welche das Herz gehabt haben, uns die Begebenhei-
ten, die mit dem Erdboden vorgegangen sind, ehe
er von Menschen bewohnt worden ist, zu erzehlen,
ohne einen andern Grund darzu gehabt zu haben, als
den, daß es ihnen beliebt hätte, sich die Sache so vor-
zustellen. Jch werde also nothwendig Beweisthü-
mer anführen müssen, aus welchen ich die Warheit
meiner Sätze behaupten kan. Jch muß nach der Art
aller glaubwürdigen Historienschreiber meine Docu-
mente beybringen. Aber was werden es vor welche
seyn? Die Beweisthümer von den Geschichten der
Menschen in den ältesten Zeiten treffen wir so wol in
der heiligen Schrift, als in den Ueberbleibseln der
heidnischen Geschichtschreiber und Poeten an. Allein
wie haben uns Menschen die Geschichte der Erde be-
schreiben können, ehe Menschen geworden sind? Es
scheint bey sogestalten Sachen ein gefährliches Unter-
ternehmen zu seyn, eine glaubwürdige Geschichte der

Erde

Vorrede.
Gewohnheit vielmehr fuͤr deſto billiger, ie gewiſſer es
iſt, daß ohne dieſelbe ein ieder die Freyheit haben
wuͤrde die Welt mit Luͤgen und Fabeln zu uͤberhaͤuf-
fen. Sie iſt ſchon dergeſtalt damit erfuͤllt, daß der-
gleichen Unternehmen nichts anders waͤre, als Waſ-
ſer in den Brunnen tragen. So treuherzig bin ich,
daß ich mir ſelbſt ein Geſetz vorſchreibe, ohne welches
es mir viel leichter geworden ſeyn wuͤrde, dieſe Blaͤt-
ter zu verfertigen; und was noch mehr iſt, ſo wuͤrde
ich nicht der erſte geweſen ſeyn, der dieſes gethan haͤtte.
Denn man wird aus den folgenden ſehen, daß es zu
allen Zeiten und unter allen Nationen Leute gegeben,
welche das Herz gehabt haben, uns die Begebenhei-
ten, die mit dem Erdboden vorgegangen ſind, ehe
er von Menſchen bewohnt worden iſt, zu erzehlen,
ohne einen andern Grund darzu gehabt zu haben, als
den, daß es ihnen beliebt haͤtte, ſich die Sache ſo vor-
zuſtellen. Jch werde alſo nothwendig Beweisthuͤ-
mer anfuͤhren muͤſſen, aus welchen ich die Warheit
meiner Saͤtze behaupten kan. Jch muß nach der Art
aller glaubwuͤrdigen Hiſtorienſchreiber meine Docu-
mente beybringen. Aber was werden es vor welche
ſeyn? Die Beweisthuͤmer von den Geſchichten der
Menſchen in den aͤlteſten Zeiten treffen wir ſo wol in
der heiligen Schrift, als in den Ueberbleibſeln der
heidniſchen Geſchichtſchreiber und Poeten an. Allein
wie haben uns Menſchen die Geſchichte der Erde be-
ſchreiben koͤnnen, ehe Menſchen geworden ſind? Es
ſcheint bey ſogeſtalten Sachen ein gefaͤhrliches Unter-
ternehmen zu ſeyn, eine glaubwuͤrdige Geſchichte der

Erde
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0012"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Gewohnheit vielmehr fu&#x0364;r de&#x017F;to billiger, ie gewi&#x017F;&#x017F;er es<lb/>
i&#x017F;t, daß ohne die&#x017F;elbe ein ieder die Freyheit haben<lb/>
wu&#x0364;rde die Welt mit Lu&#x0364;gen und Fabeln zu u&#x0364;berha&#x0364;uf-<lb/>
fen. Sie i&#x017F;t &#x017F;chon derge&#x017F;talt damit erfu&#x0364;llt, daß der-<lb/>
gleichen Unternehmen nichts anders wa&#x0364;re, als Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er in den Brunnen tragen. So treuherzig bin ich,<lb/>
daß ich mir &#x017F;elb&#x017F;t ein Ge&#x017F;etz vor&#x017F;chreibe, ohne welches<lb/>
es mir viel leichter geworden &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, die&#x017F;e Bla&#x0364;t-<lb/>
ter zu verfertigen; und was noch mehr i&#x017F;t, &#x017F;o wu&#x0364;rde<lb/>
ich nicht der er&#x017F;te gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, der die&#x017F;es gethan ha&#x0364;tte.<lb/>
Denn man wird aus den folgenden &#x017F;ehen, daß es zu<lb/>
allen Zeiten und unter allen Nationen Leute gegeben,<lb/>
welche das Herz gehabt haben, uns die Begebenhei-<lb/>
ten, die mit dem Erdboden vorgegangen &#x017F;ind, ehe<lb/>
er von Men&#x017F;chen bewohnt worden i&#x017F;t, zu erzehlen,<lb/>
ohne einen andern Grund darzu gehabt zu haben, als<lb/>
den, daß es ihnen beliebt ha&#x0364;tte, &#x017F;ich die Sache &#x017F;o vor-<lb/>
zu&#x017F;tellen. Jch werde al&#x017F;o nothwendig Beweisthu&#x0364;-<lb/>
mer anfu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, aus welchen ich die Warheit<lb/>
meiner Sa&#x0364;tze behaupten kan. Jch muß nach der Art<lb/>
aller glaubwu&#x0364;rdigen Hi&#x017F;torien&#x017F;chreiber meine Docu-<lb/>
mente beybringen. Aber was werden es vor welche<lb/>
&#x017F;eyn? Die Beweisthu&#x0364;mer von den Ge&#x017F;chichten der<lb/>
Men&#x017F;chen in den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten treffen wir &#x017F;o wol in<lb/>
der heiligen Schrift, als in den Ueberbleib&#x017F;eln der<lb/>
heidni&#x017F;chen Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreiber und Poeten an. Allein<lb/>
wie haben uns Men&#x017F;chen die Ge&#x017F;chichte der Erde be-<lb/>
&#x017F;chreiben ko&#x0364;nnen, ehe Men&#x017F;chen geworden &#x017F;ind? Es<lb/>
&#x017F;cheint bey &#x017F;oge&#x017F;talten Sachen ein gefa&#x0364;hrliches Unter-<lb/>
ternehmen zu &#x017F;eyn, eine glaubwu&#x0364;rdige Ge&#x017F;chichte der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Erde</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0012] Vorrede. Gewohnheit vielmehr fuͤr deſto billiger, ie gewiſſer es iſt, daß ohne dieſelbe ein ieder die Freyheit haben wuͤrde die Welt mit Luͤgen und Fabeln zu uͤberhaͤuf- fen. Sie iſt ſchon dergeſtalt damit erfuͤllt, daß der- gleichen Unternehmen nichts anders waͤre, als Waſ- ſer in den Brunnen tragen. So treuherzig bin ich, daß ich mir ſelbſt ein Geſetz vorſchreibe, ohne welches es mir viel leichter geworden ſeyn wuͤrde, dieſe Blaͤt- ter zu verfertigen; und was noch mehr iſt, ſo wuͤrde ich nicht der erſte geweſen ſeyn, der dieſes gethan haͤtte. Denn man wird aus den folgenden ſehen, daß es zu allen Zeiten und unter allen Nationen Leute gegeben, welche das Herz gehabt haben, uns die Begebenhei- ten, die mit dem Erdboden vorgegangen ſind, ehe er von Menſchen bewohnt worden iſt, zu erzehlen, ohne einen andern Grund darzu gehabt zu haben, als den, daß es ihnen beliebt haͤtte, ſich die Sache ſo vor- zuſtellen. Jch werde alſo nothwendig Beweisthuͤ- mer anfuͤhren muͤſſen, aus welchen ich die Warheit meiner Saͤtze behaupten kan. Jch muß nach der Art aller glaubwuͤrdigen Hiſtorienſchreiber meine Docu- mente beybringen. Aber was werden es vor welche ſeyn? Die Beweisthuͤmer von den Geſchichten der Menſchen in den aͤlteſten Zeiten treffen wir ſo wol in der heiligen Schrift, als in den Ueberbleibſeln der heidniſchen Geſchichtſchreiber und Poeten an. Allein wie haben uns Menſchen die Geſchichte der Erde be- ſchreiben koͤnnen, ehe Menſchen geworden ſind? Es ſcheint bey ſogeſtalten Sachen ein gefaͤhrliches Unter- ternehmen zu ſeyn, eine glaubwuͤrdige Geſchichte der Erde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/12
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/12>, abgerufen am 21.11.2024.