Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.Geschichte der Erde begreifen. Denn er drehet sich nur gerade in der Zeit, daer seinen Umlauf um die Erde verrichtet ein einzigesmahl um seine Achse herum. Diese Bewegung dauert 271/2. Tag. Wer sieht also nicht, daß die Centrifugalkraft des Mondenwassers, wenn es erlaubt ist so zu sagen, viel zu geringe seyn müsse, als daß es vermögend wäre, in ei- ner nicht allzulangen Zeit merklich aus seinen Ufern zn treten. Vermuthlich hat es mit den übrigen Nebenpla- neten eine gleiche Beschaffenheit, wie sich solches aus ei- nigen mit den Jupiters Trabanten gemachten Observa- tionen schliessen läst. Der Mond wird also die Wohnung sehr ruhiger Seelen seyn müssen, dahingegen der Jupi- ter ein Wohnhauß unruhiger und veränderlicher Köpfe seyn wird. Ich kan es nicht wissen, wer aber genauere Nachricht davon haben will, der wird den Pater Kircher darum befragen müssen. Denn dieser ist würklich in alle Planeten gereiset, wer es nicht glauben will, der darf nur sein iter ecstaticum lesen, und wenn er damit nicht zufrieden ist, so wird ihm Ariost, ein Italiänischer Poete, noch nähern Unterricht ertheilen. Der Herr von Fonte- nelle hat davon einen Auszug gemacht, welcher von sol- cher Wichtigkeit ist, daß es sich wohl der Mühe verlohnt ihn hier anzuführen: Roland, der Schwester Sohn, Carls des grossen, war zum Narren geworden, weil ihm die schöne Angelica den Medor vorgezogen hatte. Astolph ein wackerer Ritter, befand sich eines Tages in dem irdischen Paradiese, welches auf dem Gipfel eines Berges lag, wohin ihn sein geflügelter Löwe getragen hat- te. Daselbst traf er den heil. Johannes an, welcher ihm sagte, daß sie den Roland von seiner Narrheit zu befreyen, zusammen eine Reise nach den Monden thun müsten. Astolph, der nichts mehr wünschte als frem- de Länder zu sehen, ließ sich nicht lange bitten. Und als- bald steht ein feuriger Wagen da, der den Apostel und den Ritter durch die Luft führet. Weil Astolph kein son- der-
Geſchichte der Erde begreifen. Denn er drehet ſich nur gerade in der Zeit, daer ſeinen Umlauf um die Erde verrichtet ein einzigesmahl um ſeine Achſe herum. Dieſe Bewegung dauert 27½. Tag. Wer ſieht alſo nicht, daß die Centrifugalkraft des Mondenwaſſers, wenn es erlaubt iſt ſo zu ſagen, viel zu geringe ſeyn muͤſſe, als daß es vermoͤgend waͤre, in ei- ner nicht allzulangen Zeit merklich aus ſeinen Ufern zn treten. Vermuthlich hat es mit den uͤbrigen Nebenpla- neten eine gleiche Beſchaffenheit, wie ſich ſolches aus ei- nigen mit den Jupiters Trabanten gemachten Obſerva- tionen ſchlieſſen laͤſt. Der Mond wird alſo die Wohnung ſehr ruhiger Seelen ſeyn muͤſſen, dahingegen der Jupi- ter ein Wohnhauß unruhiger und veraͤnderlicher Koͤpfe ſeyn wird. Ich kan es nicht wiſſen, wer aber genauere Nachricht davon haben will, der wird den Pater Kircher darum befragen muͤſſen. Denn dieſer iſt wuͤrklich in alle Planeten gereiſet, wer es nicht glauben will, der darf nur ſein iter ecſtaticum leſen, und wenn er damit nicht zufrieden iſt, ſo wird ihm Arioſt, ein Italiaͤniſcher Poete, noch naͤhern Unterricht ertheilen. Der Herr von Fonte- nelle hat davon einen Auszug gemacht, welcher von ſol- cher Wichtigkeit iſt, daß es ſich wohl der Muͤhe verlohnt ihn hier anzufuͤhren: Roland, der Schweſter Sohn, Carls des groſſen, war zum Narren geworden, weil ihm die ſchoͤne Angelica den Medor vorgezogen hatte. Aſtolph ein wackerer Ritter, befand ſich eines Tages in dem irdiſchen Paradieſe, welches auf dem Gipfel eines Berges lag, wohin ihn ſein gefluͤgelter Loͤwe getragen hat- te. Daſelbſt traf er den heil. Johannes an, welcher ihm ſagte, daß ſie den Roland von ſeiner Narrheit zu befreyen, zuſammen eine Reiſe nach den Monden thun muͤſten. Aſtolph, der nichts mehr wuͤnſchte als frem- de Laͤnder zu ſehen, ließ ſich nicht lange bitten. Und als- bald ſteht ein feuriger Wagen da, der den Apoſtel und den Ritter durch die Luft fuͤhret. Weil Aſtolph kein ſon- der-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="134"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Erde</fw><lb/> begreifen. Denn er drehet ſich nur gerade in der Zeit, da<lb/> er ſeinen Umlauf um die Erde verrichtet ein einzigesmahl<lb/> um ſeine Achſe herum. Dieſe Bewegung dauert 27½.<lb/> Tag. Wer ſieht alſo nicht, daß die <hi rendition="#fr">Centrifugalkraft</hi> des<lb/><hi rendition="#fr">Mondenwaſſers,</hi> wenn es erlaubt iſt ſo zu ſagen, viel<lb/> zu geringe ſeyn muͤſſe, als daß es vermoͤgend waͤre, in ei-<lb/> ner nicht allzulangen Zeit merklich aus ſeinen Ufern zn<lb/> treten. Vermuthlich hat es mit den uͤbrigen Nebenpla-<lb/> neten eine gleiche Beſchaffenheit, wie ſich ſolches aus ei-<lb/> nigen mit den <hi rendition="#fr">Jupiters</hi> Trabanten gemachten Obſerva-<lb/> tionen ſchlieſſen laͤſt. Der <hi rendition="#fr">Mond</hi> wird alſo die Wohnung<lb/> ſehr ruhiger Seelen ſeyn muͤſſen, dahingegen der <hi rendition="#fr">Jupi-<lb/> ter</hi> ein Wohnhauß unruhiger und veraͤnderlicher Koͤpfe<lb/> ſeyn wird. Ich kan es nicht wiſſen, wer aber genauere<lb/> Nachricht davon haben will, der wird den <hi rendition="#fr">Pater Kircher</hi><lb/> darum befragen muͤſſen. Denn dieſer iſt wuͤrklich in alle<lb/> Planeten gereiſet, wer es nicht glauben will, der darf<lb/> nur ſein <hi rendition="#aq">iter ecſtaticum</hi> leſen, und wenn er damit nicht<lb/> zufrieden iſt, ſo wird ihm <hi rendition="#fr">Arioſt,</hi> ein Italiaͤniſcher Poete,<lb/> noch naͤhern Unterricht ertheilen. Der Herr von <hi rendition="#fr">Fonte-<lb/> nelle</hi> hat davon einen Auszug gemacht, welcher von ſol-<lb/> cher Wichtigkeit iſt, daß es ſich wohl der Muͤhe verlohnt<lb/> ihn hier anzufuͤhren: <hi rendition="#fr">Roland,</hi> der Schweſter Sohn,<lb/><hi rendition="#fr">Carls</hi> des groſſen, war zum Narren geworden, weil ihm<lb/> die ſchoͤne <hi rendition="#fr">Angelica</hi> den <hi rendition="#fr">Medor</hi> vorgezogen hatte.<lb/><hi rendition="#fr">Aſtolph</hi> ein wackerer Ritter, befand ſich eines Tages in<lb/> dem irdiſchen Paradieſe, welches auf dem Gipfel eines<lb/> Berges lag, wohin ihn ſein gefluͤgelter Loͤwe getragen hat-<lb/> te. Daſelbſt traf er den heil. <hi rendition="#fr">Johannes</hi> an, welcher<lb/> ihm ſagte, daß ſie den <hi rendition="#fr">Roland</hi> von ſeiner Narrheit zu<lb/> befreyen, zuſammen eine Reiſe nach den Monden thun<lb/> muͤſten. <hi rendition="#fr">Aſtolph,</hi> der nichts mehr wuͤnſchte als frem-<lb/> de Laͤnder zu ſehen, ließ ſich nicht lange bitten. Und als-<lb/> bald ſteht ein feuriger Wagen da, der den Apoſtel und den<lb/> Ritter durch die Luft fuͤhret. Weil <hi rendition="#fr">Aſtolph</hi> kein ſon-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [134/0148]
Geſchichte der Erde
begreifen. Denn er drehet ſich nur gerade in der Zeit, da
er ſeinen Umlauf um die Erde verrichtet ein einzigesmahl
um ſeine Achſe herum. Dieſe Bewegung dauert 27½.
Tag. Wer ſieht alſo nicht, daß die Centrifugalkraft des
Mondenwaſſers, wenn es erlaubt iſt ſo zu ſagen, viel
zu geringe ſeyn muͤſſe, als daß es vermoͤgend waͤre, in ei-
ner nicht allzulangen Zeit merklich aus ſeinen Ufern zn
treten. Vermuthlich hat es mit den uͤbrigen Nebenpla-
neten eine gleiche Beſchaffenheit, wie ſich ſolches aus ei-
nigen mit den Jupiters Trabanten gemachten Obſerva-
tionen ſchlieſſen laͤſt. Der Mond wird alſo die Wohnung
ſehr ruhiger Seelen ſeyn muͤſſen, dahingegen der Jupi-
ter ein Wohnhauß unruhiger und veraͤnderlicher Koͤpfe
ſeyn wird. Ich kan es nicht wiſſen, wer aber genauere
Nachricht davon haben will, der wird den Pater Kircher
darum befragen muͤſſen. Denn dieſer iſt wuͤrklich in alle
Planeten gereiſet, wer es nicht glauben will, der darf
nur ſein iter ecſtaticum leſen, und wenn er damit nicht
zufrieden iſt, ſo wird ihm Arioſt, ein Italiaͤniſcher Poete,
noch naͤhern Unterricht ertheilen. Der Herr von Fonte-
nelle hat davon einen Auszug gemacht, welcher von ſol-
cher Wichtigkeit iſt, daß es ſich wohl der Muͤhe verlohnt
ihn hier anzufuͤhren: Roland, der Schweſter Sohn,
Carls des groſſen, war zum Narren geworden, weil ihm
die ſchoͤne Angelica den Medor vorgezogen hatte.
Aſtolph ein wackerer Ritter, befand ſich eines Tages in
dem irdiſchen Paradieſe, welches auf dem Gipfel eines
Berges lag, wohin ihn ſein gefluͤgelter Loͤwe getragen hat-
te. Daſelbſt traf er den heil. Johannes an, welcher
ihm ſagte, daß ſie den Roland von ſeiner Narrheit zu
befreyen, zuſammen eine Reiſe nach den Monden thun
muͤſten. Aſtolph, der nichts mehr wuͤnſchte als frem-
de Laͤnder zu ſehen, ließ ſich nicht lange bitten. Und als-
bald ſteht ein feuriger Wagen da, der den Apoſtel und den
Ritter durch die Luft fuͤhret. Weil Aſtolph kein ſon-
der-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |