Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschichte der Erde
wieder, bey sogenannten Ausgehenden, an Liegenden,
Schiefern und Hangenden, vielfältig zu sehen sind; so
muß ein dritter Umsturz diese Felsen wieder zerrissen, neue
Thäler gemacht, und die verheilten Wunden wieder auf-
gedeckt haben.

Gleichwie nun die ganze Oberfläche des Erdbodens, kei-
ne Hand breit ausgenommen, von einer allgemeinen, das
inwendige aber von weit mehren Zerrüttungen, zuverläs-
sige Zeugen darstellet: doch aber von nichts als der Sünd-
fluth, Nachricht verhanden; so werde ich zu glauben be-
wogen, daß entweder zu solcher Zeit keine vernünftige
Creaturen, so solches aufzeichnen können, verhanden ge-
wesen, oder mit Hinterlassung ihrer Knochen, ausgerot-
tet worden.

§. 86.

Damit ich nicht zu tadeln scheine ohne es besser zu
machen, so will ich nun zeigen, wie bequem derjenige Zu-
stand der Erde aus einem allgemeinen Erdbeben hergelei-
tet werden könne. Jederman weiß, daß Felsen durch
Erdbeben zerspalten werden können, und daß der Vesuvius
öfters dergestalt gewüthet, daß ganze Centnerschwere Stei-
ne sehr weit hinweggeworfen worden sind. Kan es also
wohl schwer zu begreifen seyn, wie ungeheure Steine auf
die höchsten Berge haben kommen können? Weil ferner
ein allgemeines Erdbeben eine allgemeine Entzündung der
Erde zum voraus setzt, so haben die Felsen und Steine
sehr erhitzt werden müssen, dadurch es denn geschehen, daß
sie zersprungen und viele Risse bekommen die wir gegen-
wärtig in ihnen antreffen. Ja wenn wir setzen, daß
Wasser auf diese bey nahe glüende Steine geflossen, so
läst sich der Ursprung der in ihnen befindlichen Risse, und ihre
Zermalmung in kleinere Feldsteine, ingleichen der Ursprung
des Sandes noch besser daraus herleiten. Daß aber, als
diese allgemeine Entzündung geschehen, bereits Wasser

auf

Geſchichte der Erde
wieder, bey ſogenannten Ausgehenden, an Liegenden,
Schiefern und Hangenden, vielfaͤltig zu ſehen ſind; ſo
muß ein dritter Umſturz dieſe Felſen wieder zerriſſen, neue
Thaͤler gemacht, und die verheilten Wunden wieder auf-
gedeckt haben.

Gleichwie nun die ganze Oberflaͤche des Erdbodens, kei-
ne Hand breit ausgenommen, von einer allgemeinen, das
inwendige aber von weit mehren Zerruͤttungen, zuverlaͤſ-
ſige Zeugen darſtellet: doch aber von nichts als der Suͤnd-
fluth, Nachricht verhanden; ſo werde ich zu glauben be-
wogen, daß entweder zu ſolcher Zeit keine vernuͤnftige
Creaturen, ſo ſolches aufzeichnen koͤnnen, verhanden ge-
weſen, oder mit Hinterlaſſung ihrer Knochen, ausgerot-
tet worden.

§. 86.

Damit ich nicht zu tadeln ſcheine ohne es beſſer zu
machen, ſo will ich nun zeigen, wie bequem derjenige Zu-
ſtand der Erde aus einem allgemeinen Erdbeben hergelei-
tet werden koͤnne. Jederman weiß, daß Felſen durch
Erdbeben zerſpalten werden koͤnnen, und daß der Veſuvius
oͤfters dergeſtalt gewuͤthet, daß ganze Centnerſchwere Stei-
ne ſehr weit hinweggeworfen worden ſind. Kan es alſo
wohl ſchwer zu begreifen ſeyn, wie ungeheure Steine auf
die hoͤchſten Berge haben kommen koͤnnen? Weil ferner
ein allgemeines Erdbeben eine allgemeine Entzuͤndung der
Erde zum voraus ſetzt, ſo haben die Felſen und Steine
ſehr erhitzt werden muͤſſen, dadurch es denn geſchehen, daß
ſie zerſprungen und viele Riſſe bekommen die wir gegen-
waͤrtig in ihnen antreffen. Ja wenn wir ſetzen, daß
Waſſer auf dieſe bey nahe gluͤende Steine gefloſſen, ſo
laͤſt ſich der Urſprung der in ihnen befindlichen Riſſe, und ihre
Zermalmung in kleinere Feldſteine, ingleichen der Urſprung
des Sandes noch beſſer daraus herleiten. Daß aber, als
dieſe allgemeine Entzuͤndung geſchehen, bereits Waſſer

auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0174" n="160"/><fw place="top" type="header">Ge&#x017F;chichte der Erde</fw><lb/>
wieder, bey &#x017F;ogenannten Ausgehenden, an Liegenden,<lb/>
Schiefern und Hangenden, vielfa&#x0364;ltig zu &#x017F;ehen &#x017F;ind; &#x017F;o<lb/>
muß ein dritter Um&#x017F;turz die&#x017F;e Fel&#x017F;en wieder zerri&#x017F;&#x017F;en, neue<lb/>
Tha&#x0364;ler gemacht, und die verheilten Wunden wieder auf-<lb/>
gedeckt haben.</p><lb/>
        <p>Gleichwie nun die ganze Oberfla&#x0364;che des Erdbodens, kei-<lb/>
ne Hand breit ausgenommen, von einer allgemeinen, das<lb/>
inwendige aber von weit mehren Zerru&#x0364;ttungen, zuverla&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ige Zeugen dar&#x017F;tellet: doch aber von nichts als der Su&#x0364;nd-<lb/>
fluth, Nachricht verhanden; &#x017F;o werde ich zu glauben be-<lb/>
wogen, daß entweder zu &#x017F;olcher Zeit keine vernu&#x0364;nftige<lb/>
Creaturen, &#x017F;o &#x017F;olches aufzeichnen ko&#x0364;nnen, verhanden ge-<lb/>
we&#x017F;en, oder mit Hinterla&#x017F;&#x017F;ung ihrer Knochen, ausgerot-<lb/>
tet worden.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 86.</head><lb/>
        <p>Damit ich nicht zu tadeln &#x017F;cheine ohne es be&#x017F;&#x017F;er zu<lb/>
machen, &#x017F;o will ich nun zeigen, wie bequem derjenige Zu-<lb/>
&#x017F;tand der Erde aus einem allgemeinen Erdbeben hergelei-<lb/>
tet werden ko&#x0364;nne. Jederman weiß, daß Fel&#x017F;en durch<lb/>
Erdbeben zer&#x017F;palten werden ko&#x0364;nnen, und daß der <hi rendition="#fr">Ve&#x017F;uvius</hi><lb/>
o&#x0364;fters derge&#x017F;talt gewu&#x0364;thet, daß ganze Centner&#x017F;chwere Stei-<lb/>
ne &#x017F;ehr weit hinweggeworfen worden &#x017F;ind. Kan es al&#x017F;o<lb/>
wohl &#x017F;chwer zu begreifen &#x017F;eyn, wie ungeheure Steine auf<lb/>
die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Berge haben kommen ko&#x0364;nnen? Weil ferner<lb/>
ein allgemeines Erdbeben eine allgemeine Entzu&#x0364;ndung der<lb/>
Erde zum voraus &#x017F;etzt, &#x017F;o haben die Fel&#x017F;en und Steine<lb/>
&#x017F;ehr erhitzt werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, dadurch es denn ge&#x017F;chehen, daß<lb/>
&#x017F;ie zer&#x017F;prungen und viele Ri&#x017F;&#x017F;e bekommen die wir gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtig in ihnen antreffen. Ja wenn wir &#x017F;etzen, daß<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er auf die&#x017F;e bey nahe glu&#x0364;ende Steine geflo&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o<lb/>
la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich der Ur&#x017F;prung der in ihnen befindlichen Ri&#x017F;&#x017F;e, und ihre<lb/>
Zermalmung in kleinere Feld&#x017F;teine, ingleichen der Ur&#x017F;prung<lb/>
des Sandes noch be&#x017F;&#x017F;er daraus herleiten. Daß aber, als<lb/>
die&#x017F;e allgemeine Entzu&#x0364;ndung ge&#x017F;chehen, bereits Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0174] Geſchichte der Erde wieder, bey ſogenannten Ausgehenden, an Liegenden, Schiefern und Hangenden, vielfaͤltig zu ſehen ſind; ſo muß ein dritter Umſturz dieſe Felſen wieder zerriſſen, neue Thaͤler gemacht, und die verheilten Wunden wieder auf- gedeckt haben. Gleichwie nun die ganze Oberflaͤche des Erdbodens, kei- ne Hand breit ausgenommen, von einer allgemeinen, das inwendige aber von weit mehren Zerruͤttungen, zuverlaͤſ- ſige Zeugen darſtellet: doch aber von nichts als der Suͤnd- fluth, Nachricht verhanden; ſo werde ich zu glauben be- wogen, daß entweder zu ſolcher Zeit keine vernuͤnftige Creaturen, ſo ſolches aufzeichnen koͤnnen, verhanden ge- weſen, oder mit Hinterlaſſung ihrer Knochen, ausgerot- tet worden. §. 86. Damit ich nicht zu tadeln ſcheine ohne es beſſer zu machen, ſo will ich nun zeigen, wie bequem derjenige Zu- ſtand der Erde aus einem allgemeinen Erdbeben hergelei- tet werden koͤnne. Jederman weiß, daß Felſen durch Erdbeben zerſpalten werden koͤnnen, und daß der Veſuvius oͤfters dergeſtalt gewuͤthet, daß ganze Centnerſchwere Stei- ne ſehr weit hinweggeworfen worden ſind. Kan es alſo wohl ſchwer zu begreifen ſeyn, wie ungeheure Steine auf die hoͤchſten Berge haben kommen koͤnnen? Weil ferner ein allgemeines Erdbeben eine allgemeine Entzuͤndung der Erde zum voraus ſetzt, ſo haben die Felſen und Steine ſehr erhitzt werden muͤſſen, dadurch es denn geſchehen, daß ſie zerſprungen und viele Riſſe bekommen die wir gegen- waͤrtig in ihnen antreffen. Ja wenn wir ſetzen, daß Waſſer auf dieſe bey nahe gluͤende Steine gefloſſen, ſo laͤſt ſich der Urſprung der in ihnen befindlichen Riſſe, und ihre Zermalmung in kleinere Feldſteine, ingleichen der Urſprung des Sandes noch beſſer daraus herleiten. Daß aber, als dieſe allgemeine Entzuͤndung geſchehen, bereits Waſſer auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/174
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/174>, abgerufen am 21.11.2024.