Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

in den allerältesten Zeiten.
wenn man auch alles einräumen wollte, sich dennoch nicht
würklich ausdehnen könnte, sondern nur eine blosse Be-
mühung haben würde, dieses zu thun.

§. 88.

Ohnerachtet sich das Centralfeuer nicht nach der Art
geometrischer Wahrheiten, oder wie die Weltweisen re-
den, von vorne her (a priori) erweisen läst: so läst es sich
doch durch die Erfahrung sehr wahrscheinlich machen.
Man begebe sich bey der grösten Kälte in den Schacht ei-
nes Bergwerks: so wird man unten niemals frieren, man
wird auch nicht sehen, daß das unterirdische Wasser da-
selbst jemals in Eiß verwandelt werden sollte, und diese
unterirdische Wärme ist desto grösser, je tiefer man unter
der Erde ist. Nimmermehr kan man diese Wärme von
den Sonnenstrahlen herleiten, denn die dringen nicht so
tief in die Erde hinein, und wenn es auch wäre, so müste
ja nothwendig die oberste Rinde der Erde am wärmesten
seyn. Werden wir ihren Ursprung also nicht in der Erde
selbst suchen müssen? Und warum wollten wir nun nicht
sagen: daß die Erde in der Mitte einen heissen Kern
habe.

§. 89.

Ein Körper, welcher so groß ist wie die Erde, braucht
eine sehr lange Zeit um völlig wieder kalt zu werden, wenn
er einmal durch und durch erhitzt gewesen ist, aber man
mag diese Zeit so lang annehmen als man immer will: so
ist sie doch endlich, und die Wärme muß nothwendig nach
und nach abnehmen. Ich bin daher auf die Gedanken
gerathen, daß die sich nach und nach vermindernte Wär-
me der Erde die Ursache seyn könnte, warum die Som-
mer anfangen kälter zu werden, als sie vormals gewesen
sind, und die Winter viel länger dauren. Denn daß die-
ses keine leere Einbildung sey, und die Sommer zum we-

nig-
L 2

in den alleraͤlteſten Zeiten.
wenn man auch alles einraͤumen wollte, ſich dennoch nicht
wuͤrklich ausdehnen koͤnnte, ſondern nur eine bloſſe Be-
muͤhung haben wuͤrde, dieſes zu thun.

§. 88.

Ohnerachtet ſich das Centralfeuer nicht nach der Art
geometriſcher Wahrheiten, oder wie die Weltweiſen re-
den, von vorne her (a priori) erweiſen laͤſt: ſo laͤſt es ſich
doch durch die Erfahrung ſehr wahrſcheinlich machen.
Man begebe ſich bey der groͤſten Kaͤlte in den Schacht ei-
nes Bergwerks: ſo wird man unten niemals frieren, man
wird auch nicht ſehen, daß das unterirdiſche Waſſer da-
ſelbſt jemals in Eiß verwandelt werden ſollte, und dieſe
unterirdiſche Waͤrme iſt deſto groͤſſer, je tiefer man unter
der Erde iſt. Nimmermehr kan man dieſe Waͤrme von
den Sonnenſtrahlen herleiten, denn die dringen nicht ſo
tief in die Erde hinein, und wenn es auch waͤre, ſo muͤſte
ja nothwendig die oberſte Rinde der Erde am waͤrmeſten
ſeyn. Werden wir ihren Urſprung alſo nicht in der Erde
ſelbſt ſuchen muͤſſen? Und warum wollten wir nun nicht
ſagen: daß die Erde in der Mitte einen heiſſen Kern
habe.

§. 89.

Ein Koͤrper, welcher ſo groß iſt wie die Erde, braucht
eine ſehr lange Zeit um voͤllig wieder kalt zu werden, wenn
er einmal durch und durch erhitzt geweſen iſt, aber man
mag dieſe Zeit ſo lang annehmen als man immer will: ſo
iſt ſie doch endlich, und die Waͤrme muß nothwendig nach
und nach abnehmen. Ich bin daher auf die Gedanken
gerathen, daß die ſich nach und nach vermindernte Waͤr-
me der Erde die Urſache ſeyn koͤnnte, warum die Som-
mer anfangen kaͤlter zu werden, als ſie vormals geweſen
ſind, und die Winter viel laͤnger dauren. Denn daß die-
ſes keine leere Einbildung ſey, und die Sommer zum we-

nig-
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0177" n="163"/><fw place="top" type="header">in den allera&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten.</fw><lb/>
wenn man auch alles einra&#x0364;umen wollte, &#x017F;ich dennoch nicht<lb/>
wu&#x0364;rklich ausdehnen ko&#x0364;nnte, &#x017F;ondern nur eine blo&#x017F;&#x017F;e Be-<lb/>
mu&#x0364;hung haben wu&#x0364;rde, die&#x017F;es zu thun.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 88.</head><lb/>
        <p>Ohnerachtet &#x017F;ich das <hi rendition="#fr">Centralfeuer</hi> nicht nach der Art<lb/>
geometri&#x017F;cher Wahrheiten, oder wie die Weltwei&#x017F;en re-<lb/>
den, von vorne her (<hi rendition="#aq">a priori</hi>) erwei&#x017F;en la&#x0364;&#x017F;t: &#x017F;o la&#x0364;&#x017F;t es &#x017F;ich<lb/>
doch durch die Erfahrung &#x017F;ehr wahr&#x017F;cheinlich machen.<lb/>
Man begebe &#x017F;ich bey der gro&#x0364;&#x017F;ten Ka&#x0364;lte in den Schacht ei-<lb/>
nes Bergwerks: &#x017F;o wird man unten niemals frieren, man<lb/>
wird auch nicht &#x017F;ehen, daß das unterirdi&#x017F;che Wa&#x017F;&#x017F;er da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t jemals in Eiß verwandelt werden &#x017F;ollte, und die&#x017F;e<lb/>
unterirdi&#x017F;che Wa&#x0364;rme i&#x017F;t de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, je tiefer man unter<lb/>
der Erde i&#x017F;t. Nimmermehr kan man die&#x017F;e Wa&#x0364;rme von<lb/>
den Sonnen&#x017F;trahlen herleiten, denn die dringen nicht &#x017F;o<lb/>
tief in die Erde hinein, und wenn es auch wa&#x0364;re, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
ja nothwendig die ober&#x017F;te Rinde der Erde am wa&#x0364;rme&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;eyn. Werden wir ihren Ur&#x017F;prung al&#x017F;o nicht in der Erde<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;uchen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en? Und warum wollten wir nun nicht<lb/>
&#x017F;agen: daß die Erde in der Mitte einen hei&#x017F;&#x017F;en Kern<lb/>
habe.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 89.</head><lb/>
        <p>Ein Ko&#x0364;rper, welcher &#x017F;o groß i&#x017F;t wie die Erde, braucht<lb/>
eine &#x017F;ehr lange Zeit um vo&#x0364;llig wieder kalt zu werden, wenn<lb/>
er einmal durch und durch erhitzt gewe&#x017F;en i&#x017F;t, aber man<lb/>
mag die&#x017F;e Zeit &#x017F;o lang annehmen als man immer will: &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;ie doch endlich, und die Wa&#x0364;rme muß nothwendig nach<lb/>
und nach abnehmen. Ich bin daher auf die Gedanken<lb/>
gerathen, daß die &#x017F;ich nach und nach vermindernte Wa&#x0364;r-<lb/>
me der Erde die Ur&#x017F;ache &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte, warum die Som-<lb/>
mer anfangen ka&#x0364;lter zu werden, als &#x017F;ie vormals gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ind, und die Winter viel la&#x0364;nger dauren. Denn daß die-<lb/>
&#x017F;es keine leere Einbildung &#x017F;ey, und die Sommer zum we-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><fw place="bottom" type="catch">nig-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0177] in den alleraͤlteſten Zeiten. wenn man auch alles einraͤumen wollte, ſich dennoch nicht wuͤrklich ausdehnen koͤnnte, ſondern nur eine bloſſe Be- muͤhung haben wuͤrde, dieſes zu thun. §. 88. Ohnerachtet ſich das Centralfeuer nicht nach der Art geometriſcher Wahrheiten, oder wie die Weltweiſen re- den, von vorne her (a priori) erweiſen laͤſt: ſo laͤſt es ſich doch durch die Erfahrung ſehr wahrſcheinlich machen. Man begebe ſich bey der groͤſten Kaͤlte in den Schacht ei- nes Bergwerks: ſo wird man unten niemals frieren, man wird auch nicht ſehen, daß das unterirdiſche Waſſer da- ſelbſt jemals in Eiß verwandelt werden ſollte, und dieſe unterirdiſche Waͤrme iſt deſto groͤſſer, je tiefer man unter der Erde iſt. Nimmermehr kan man dieſe Waͤrme von den Sonnenſtrahlen herleiten, denn die dringen nicht ſo tief in die Erde hinein, und wenn es auch waͤre, ſo muͤſte ja nothwendig die oberſte Rinde der Erde am waͤrmeſten ſeyn. Werden wir ihren Urſprung alſo nicht in der Erde ſelbſt ſuchen muͤſſen? Und warum wollten wir nun nicht ſagen: daß die Erde in der Mitte einen heiſſen Kern habe. §. 89. Ein Koͤrper, welcher ſo groß iſt wie die Erde, braucht eine ſehr lange Zeit um voͤllig wieder kalt zu werden, wenn er einmal durch und durch erhitzt geweſen iſt, aber man mag dieſe Zeit ſo lang annehmen als man immer will: ſo iſt ſie doch endlich, und die Waͤrme muß nothwendig nach und nach abnehmen. Ich bin daher auf die Gedanken gerathen, daß die ſich nach und nach vermindernte Waͤr- me der Erde die Urſache ſeyn koͤnnte, warum die Som- mer anfangen kaͤlter zu werden, als ſie vormals geweſen ſind, und die Winter viel laͤnger dauren. Denn daß die- ſes keine leere Einbildung ſey, und die Sommer zum we- nig- L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/177
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/177>, abgerufen am 21.11.2024.