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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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Platze sein und es ist wohl zu erwarten, daß dann, wenn wir
Aerztinnen haben, die Frauen sich eher überwinden werden,
den Arzt aufzusuchen, daß sie dann nicht mehr, worüber die
Aerzte jetzt so häufig klagen zu spät, mit veraltetem oder schon
zu weit vorgeschrittenen Leiden wenn keine Rettung mehr möglich
sich dem Helfer anvertrauen. Der Arzt, der an gynäkologische
Untersuchungen gewöhnt ist, vergißt zu leicht, was solche Unter-
suchungen für eine Frau, was sie insbesondere für unverheira-
tete Frauen bedeuten, er übersieht, daß ganz besonders wenn
es sich nur um Beruhigung, Feststellung eines bisher nur gemut-
maßten Leidens handelt, die Frau sich weit natürlicher zuerst
an die Frau wendet.

Auch zum Seelsorgerberuf wäre manche unter den
Frauen befähigt. Jhr Wirken in solch stiller, segenbringender
Arbeit würde ein reiches, voll befriedigendes sein können.

Aber auch die andere Seite des Seelsorgerberufes dürfte
der Frauenart durchaus entsprechen: die der Predigerin, der
Künderin göttlicher Offenbarung. Um in vielen den Glauben
zu festigen und zu wecken an das Reich Gottes, das da kom-
men soll, nicht etwa nur in einer anderen, von diesem Le-
ben losgelösten Welt, sondern schon hier unter uns Menschen,
schon hier auf Erden. Dadurch, daß immer mehr Menschen zu
mutigen Bekennern des Evangeliums, zu Tatchristen werden,
daß sie nicht allein durch Worte und Geberden sondern durch
ihr ganzes Leben und Wirken Zeugnis ablegen von dem, was
sie mit frohem Glauben erfüllt. Um die Zuversicht zu wecken,
daß göttliche Kraft in uns allen lebendig ist, daß wir -
auch wenn wir nur langsam uns dem Ziele nähern - doch
immer mehr zur Vollkommenheit, immer mehr zu veredelteren,
reineren Zuständen gelangen werden. Damit es einst für alle,
die an dem Glauben an eine Aufwärtsentwicklung der Mensch-

Platze sein und es ist wohl zu erwarten, daß dann, wenn wir
Aerztinnen haben, die Frauen sich eher überwinden werden,
den Arzt aufzusuchen, daß sie dann nicht mehr, worüber die
Aerzte jetzt so häufig klagen zu spät, mit veraltetem oder schon
zu weit vorgeschrittenen Leiden wenn keine Rettung mehr möglich
sich dem Helfer anvertrauen. Der Arzt, der an gynäkologische
Untersuchungen gewöhnt ist, vergißt zu leicht, was solche Unter-
suchungen für eine Frau, was sie insbesondere für unverheira-
tete Frauen bedeuten, er übersieht, daß ganz besonders wenn
es sich nur um Beruhigung, Feststellung eines bisher nur gemut-
maßten Leidens handelt, die Frau sich weit natürlicher zuerst
an die Frau wendet.

Auch zum Seelsorgerberuf wäre manche unter den
Frauen befähigt. Jhr Wirken in solch stiller, segenbringender
Arbeit würde ein reiches, voll befriedigendes sein können.

Aber auch die andere Seite des Seelsorgerberufes dürfte
der Frauenart durchaus entsprechen: die der Predigerin, der
Künderin göttlicher Offenbarung. Um in vielen den Glauben
zu festigen und zu wecken an das Reich Gottes, das da kom-
men soll, nicht etwa nur in einer anderen, von diesem Le-
ben losgelösten Welt, sondern schon hier unter uns Menschen,
schon hier auf Erden. Dadurch, daß immer mehr Menschen zu
mutigen Bekennern des Evangeliums, zu Tatchristen werden,
daß sie nicht allein durch Worte und Geberden sondern durch
ihr ganzes Leben und Wirken Zeugnis ablegen von dem, was
sie mit frohem Glauben erfüllt. Um die Zuversicht zu wecken,
daß göttliche Kraft in uns allen lebendig ist, daß wir –
auch wenn wir nur langsam uns dem Ziele nähern – doch
immer mehr zur Vollkommenheit, immer mehr zu veredelteren,
reineren Zuständen gelangen werden. Damit es einst für alle,
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[109/0119] Platze sein und es ist wohl zu erwarten, daß dann, wenn wir Aerztinnen haben, die Frauen sich eher überwinden werden, den Arzt aufzusuchen, daß sie dann nicht mehr, worüber die Aerzte jetzt so häufig klagen zu spät, mit veraltetem oder schon zu weit vorgeschrittenen Leiden wenn keine Rettung mehr möglich sich dem Helfer anvertrauen. Der Arzt, der an gynäkologische Untersuchungen gewöhnt ist, vergißt zu leicht, was solche Unter- suchungen für eine Frau, was sie insbesondere für unverheira- tete Frauen bedeuten, er übersieht, daß ganz besonders wenn es sich nur um Beruhigung, Feststellung eines bisher nur gemut- maßten Leidens handelt, die Frau sich weit natürlicher zuerst an die Frau wendet. Auch zum Seelsorgerberuf wäre manche unter den Frauen befähigt. Jhr Wirken in solch stiller, segenbringender Arbeit würde ein reiches, voll befriedigendes sein können. Aber auch die andere Seite des Seelsorgerberufes dürfte der Frauenart durchaus entsprechen: die der Predigerin, der Künderin göttlicher Offenbarung. Um in vielen den Glauben zu festigen und zu wecken an das Reich Gottes, das da kom- men soll, nicht etwa nur in einer anderen, von diesem Le- ben losgelösten Welt, sondern schon hier unter uns Menschen, schon hier auf Erden. Dadurch, daß immer mehr Menschen zu mutigen Bekennern des Evangeliums, zu Tatchristen werden, daß sie nicht allein durch Worte und Geberden sondern durch ihr ganzes Leben und Wirken Zeugnis ablegen von dem, was sie mit frohem Glauben erfüllt. Um die Zuversicht zu wecken, daß göttliche Kraft in uns allen lebendig ist, daß wir – auch wenn wir nur langsam uns dem Ziele nähern – doch immer mehr zur Vollkommenheit, immer mehr zu veredelteren, reineren Zuständen gelangen werden. Damit es einst für alle, die an dem Glauben an eine Aufwärtsentwicklung der Mensch-

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/119>, abgerufen am 24.11.2024.