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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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tersorge und Mutterliebe sind es, die die Frau hineintreiben
in den Kampf um größere Sittenreinheit, in den Kampf gegen
die Herrschaft der Doppelmoral. Aber auch begeisterte Liebe
zum deutschen Volk, dem Niedergang und Verseuchung droht
durch die jetzigen Zustände. Nur wenn die Frau bewußten
Einfluß mit ausübt, wird es gelingen, die Gewalten zu über-
winden, die jetzt die große Mehrzahl der Männer zum Skla-
ven ihrer Leidenschaften machen. Wir waren einst ein
sittenreines Volk
. Das Wort der Frau galt auch in Män-
nerkreise. Möge es auch heute Widerklang finden, möge es
den Mann stärken im Kampfe gegen unreine Gewalten.

Unser ganzes modernes Leben, das dürfen wir uns nicht
verhehlen, begünstigt Zügellosigkeit auf sittlichem Gebiete. Jn
den Großstädten häufen sich die Menschen, der Einzelne, der
sich daheim vielleicht schämen würde, auf Abwegen gesehen
zu werden, verschwindet leicht unter der Menge. Eine Masse
unsauberer Blätter, unsauberer Literatur trägt die Ansteckung
hinaus in Stadt und Land. Eine Alkoholüberschwemmung,
durch ungezählte Wirtshäuser vermittelt, wirkt anregend zur
Unzucht, lähmend auf die höheren, sonst vielleicht hemmend
wirkenden Geisteskräfte. Tingeltangel, Varietes, Kneipen mit
Damenbedienung und - vor allem - ein Heer von Prosti-
tuierten, dem Erwerb nachjagend, auf der Straße. Verstehen
kann man es wohl, wenn manchen Mann Zorn und Verach-
tung ergreift angesichts dieser Heerden von Frauen, die -
jeder menschlichen Würde bar - sich für den Meistbietenden
feil halten. Verstehen kann man auch, daß es dem Manne
schwer ist, Versuchungen, die ja auch in gefälligen Formen
herantreten, zu widerstehen.

Aber hat der Mann nicht selbst dazu beigetragen, diese
Zustände zu schaffen? Legitimiert er das Dirnengewerbe nicht

tersorge und Mutterliebe sind es, die die Frau hineintreiben
in den Kampf um größere Sittenreinheit, in den Kampf gegen
die Herrschaft der Doppelmoral. Aber auch begeisterte Liebe
zum deutschen Volk, dem Niedergang und Verseuchung droht
durch die jetzigen Zustände. Nur wenn die Frau bewußten
Einfluß mit ausübt, wird es gelingen, die Gewalten zu über-
winden, die jetzt die große Mehrzahl der Männer zum Skla-
ven ihrer Leidenschaften machen. Wir waren einst ein
sittenreines Volk
. Das Wort der Frau galt auch in Män-
nerkreise. Möge es auch heute Widerklang finden, möge es
den Mann stärken im Kampfe gegen unreine Gewalten.

Unser ganzes modernes Leben, das dürfen wir uns nicht
verhehlen, begünstigt Zügellosigkeit auf sittlichem Gebiete. Jn
den Großstädten häufen sich die Menschen, der Einzelne, der
sich daheim vielleicht schämen würde, auf Abwegen gesehen
zu werden, verschwindet leicht unter der Menge. Eine Masse
unsauberer Blätter, unsauberer Literatur trägt die Ansteckung
hinaus in Stadt und Land. Eine Alkoholüberschwemmung,
durch ungezählte Wirtshäuser vermittelt, wirkt anregend zur
Unzucht, lähmend auf die höheren, sonst vielleicht hemmend
wirkenden Geisteskräfte. Tingeltangel, Varietés, Kneipen mit
Damenbedienung und – vor allem – ein Heer von Prosti-
tuierten, dem Erwerb nachjagend, auf der Straße. Verstehen
kann man es wohl, wenn manchen Mann Zorn und Verach-
tung ergreift angesichts dieser Heerden von Frauen, die –
jeder menschlichen Würde bar – sich für den Meistbietenden
feil halten. Verstehen kann man auch, daß es dem Manne
schwer ist, Versuchungen, die ja auch in gefälligen Formen
herantreten, zu widerstehen.

Aber hat der Mann nicht selbst dazu beigetragen, diese
Zustände zu schaffen? Legitimiert er das Dirnengewerbe nicht

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[146/0156] tersorge und Mutterliebe sind es, die die Frau hineintreiben in den Kampf um größere Sittenreinheit, in den Kampf gegen die Herrschaft der Doppelmoral. Aber auch begeisterte Liebe zum deutschen Volk, dem Niedergang und Verseuchung droht durch die jetzigen Zustände. Nur wenn die Frau bewußten Einfluß mit ausübt, wird es gelingen, die Gewalten zu über- winden, die jetzt die große Mehrzahl der Männer zum Skla- ven ihrer Leidenschaften machen. Wir waren einst ein sittenreines Volk. Das Wort der Frau galt auch in Män- nerkreise. Möge es auch heute Widerklang finden, möge es den Mann stärken im Kampfe gegen unreine Gewalten. Unser ganzes modernes Leben, das dürfen wir uns nicht verhehlen, begünstigt Zügellosigkeit auf sittlichem Gebiete. Jn den Großstädten häufen sich die Menschen, der Einzelne, der sich daheim vielleicht schämen würde, auf Abwegen gesehen zu werden, verschwindet leicht unter der Menge. Eine Masse unsauberer Blätter, unsauberer Literatur trägt die Ansteckung hinaus in Stadt und Land. Eine Alkoholüberschwemmung, durch ungezählte Wirtshäuser vermittelt, wirkt anregend zur Unzucht, lähmend auf die höheren, sonst vielleicht hemmend wirkenden Geisteskräfte. Tingeltangel, Varietés, Kneipen mit Damenbedienung und – vor allem – ein Heer von Prosti- tuierten, dem Erwerb nachjagend, auf der Straße. Verstehen kann man es wohl, wenn manchen Mann Zorn und Verach- tung ergreift angesichts dieser Heerden von Frauen, die – jeder menschlichen Würde bar – sich für den Meistbietenden feil halten. Verstehen kann man auch, daß es dem Manne schwer ist, Versuchungen, die ja auch in gefälligen Formen herantreten, zu widerstehen. Aber hat der Mann nicht selbst dazu beigetragen, diese Zustände zu schaffen? Legitimiert er das Dirnengewerbe nicht

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/156>, abgerufen am 21.11.2024.