Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

Bild:
<< vorherige Seite
Ausgaben einer Berliner Plätterin für
Schlafstelle (mit Kaffee)jährlich120Mk.
Kostgeld   "312"
Kleidung   "120"


im Jahr552Mk.

Bei einer Einnahme von 600 Mk. jährlich bleiben somit
weniger als 5 Mk. monatlich für die bei den großstädtischen
Entfernungen nötigen Stadtbahnfahrten, für unvorhergesehene
Zufälle, für Erholung, Bildung, Vergnügen, Vereinsbestre-
bungen u. s. w. Kurz, alle Bedürfnisse muß eine Arbeiterin
auf das Mindestmaß herabschrauben, um mit 600 Mk. jähr-
lich auskommen zu können.

Die meisten Berliner Fabrikarbeiterinnen bleiben aber um
100 Mk. unterhalb dieses Lebensminimums. "Nehmen
wir als Beispiel" (so schreibt Dr. Wilbrandt im Handbuch
der Frauenbewegung) "eine junge Näherin, die das in Ber-
liner Wäschefabriken übliche, 450 Mk. im Jahr, verdient; ihre
Ausgaben betragen:

Schlafstelle jährlich66Mk.-Pf.
Mittagessen"109"50"
Uebrige Mahlzeiten"237"25"




im Jahr412Mk.75Pf.

Das bedeutet also eine tägliche Ausgabe für Mittagessen
von 30 Pf., für die übrigen Mahlzeiten zusammen von 65 Pf.
Für die meisten alleinstehenden Arbeiterinnen ist aber ein Mit-
tagessen für 30 Pf. bereits zu teuer: es besteht, im Arbeits-
saal der Fabrik eingenommen, aus Kaffee und Schrippen. Ein
Arbeiter urteilt über die Ernährungsweise seiner Mitarbeite-
rinnen: "Die Arbeiterinnen leben fast nur von Kaffee oder
1)

1) A. Pappritz, Die wirtschaftlichen Ursachen der Prostitution.
Berlin S.W. Herm. Walthers Verlag.
Ausgaben einer Berliner Plätterin für
Schlafstelle (mit Kaffee)jährlich120Mk.
Kostgeld   312
Kleidung   120


im Jahr552Mk.

Bei einer Einnahme von 600 Mk. jährlich bleiben somit
weniger als 5 Mk. monatlich für die bei den großstädtischen
Entfernungen nötigen Stadtbahnfahrten, für unvorhergesehene
Zufälle, für Erholung, Bildung, Vergnügen, Vereinsbestre-
bungen u. s. w. Kurz, alle Bedürfnisse muß eine Arbeiterin
auf das Mindestmaß herabschrauben, um mit 600 Mk. jähr-
lich auskommen zu können.

Die meisten Berliner Fabrikarbeiterinnen bleiben aber um
100 Mk. unterhalb dieses Lebensminimums. „Nehmen
wir als Beispiel“ (so schreibt Dr. Wilbrandt im Handbuch
der Frauenbewegung) „eine junge Näherin, die das in Ber-
liner Wäschefabriken übliche, 450 Mk. im Jahr, verdient; ihre
Ausgaben betragen:

Schlafstelle jährlich66Mk.Pf.
Mittagessen10950
Uebrige Mahlzeiten23725




im Jahr412Mk.75Pf.

Das bedeutet also eine tägliche Ausgabe für Mittagessen
von 30 Pf., für die übrigen Mahlzeiten zusammen von 65 Pf.
Für die meisten alleinstehenden Arbeiterinnen ist aber ein Mit-
tagessen für 30 Pf. bereits zu teuer: es besteht, im Arbeits-
saal der Fabrik eingenommen, aus Kaffee und Schrippen. Ein
Arbeiter urteilt über die Ernährungsweise seiner Mitarbeite-
rinnen: „Die Arbeiterinnen leben fast nur von Kaffee oder
1)

1) A. Pappritz, Die wirtschaftlichen Ursachen der Prostitution.
Berlin S.W. Herm. Walthers Verlag.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0158" n="148"/>
        <table>
          <head>Ausgaben einer Berliner Plätterin für</head><lb/>
          <row>
            <cell>Schlafstelle (mit Kaffee)</cell>
            <cell>jährlich</cell>
            <cell>120</cell>
            <cell>Mk.</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell>Kostgeld<space dim="horizontal"/></cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
            <cell>312</cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell>Kleidung<space dim="horizontal"/></cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
            <cell>120</cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell/>
            <cell/>
            <cell>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            </cell>
            <cell>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            </cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell/>
            <cell>im Jahr</cell>
            <cell>552</cell>
            <cell>Mk.</cell>
          </row><lb/>
        </table>
        <p>Bei einer Einnahme von 600 Mk. jährlich bleiben somit<lb/>
weniger als 5 Mk. monatlich für die bei den großstädtischen<lb/>
Entfernungen nötigen Stadtbahnfahrten, für unvorhergesehene<lb/>
Zufälle, für Erholung, Bildung, Vergnügen, Vereinsbestre-<lb/>
bungen u. s. w. Kurz, alle Bedürfnisse muß eine Arbeiterin<lb/>
auf das Mindestmaß herabschrauben, um mit 600 Mk. jähr-<lb/>
lich auskommen zu können.</p><lb/>
        <p>Die meisten Berliner Fabrikarbeiterinnen bleiben aber um<lb/>
100 Mk. <hi rendition="#g">unterhalb</hi> dieses Lebensminimums. &#x201E;Nehmen<lb/>
wir als Beispiel&#x201C; (so schreibt Dr. Wilbrandt im Handbuch<lb/>
der Frauenbewegung) &#x201E;eine junge Näherin, die das in Ber-<lb/>
liner Wäschefabriken übliche, 450 Mk. im Jahr, verdient; ihre<lb/>
Ausgaben betragen:</p><lb/>
        <table>
          <row>
            <cell>Schlafstelle </cell>
            <cell>jährlich</cell>
            <cell>66</cell>
            <cell>Mk.</cell>
            <cell>&#x2013;</cell>
            <cell>Pf.</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell>Mittagessen</cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
            <cell>109</cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
            <cell>50</cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell>Uebrige Mahlzeiten</cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
            <cell>237</cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
            <cell>25</cell>
            <cell>&#x3003;</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell/>
            <cell/>
            <cell>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            </cell>
            <cell>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            </cell>
            <cell>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            </cell>
            <cell>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            </cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell/>
            <cell>im Jahr</cell>
            <cell>412</cell>
            <cell>Mk.</cell>
            <cell>75</cell>
            <cell>Pf.</cell>
          </row><lb/>
        </table>
        <p>Das bedeutet also eine tägliche Ausgabe für Mittagessen<lb/>
von 30 Pf., für die übrigen Mahlzeiten zusammen von 65 Pf.<lb/>
Für die meisten alleinstehenden Arbeiterinnen ist aber ein Mit-<lb/>
tagessen für 30 Pf. bereits zu teuer: es besteht, im Arbeits-<lb/>
saal der Fabrik eingenommen, aus Kaffee und Schrippen. Ein<lb/>
Arbeiter urteilt über die Ernährungsweise seiner Mitarbeite-<lb/>
rinnen: &#x201E;Die Arbeiterinnen leben fast nur von Kaffee oder<lb/><note place="foot" n="1)">A. Pappritz, Die wirtschaftlichen Ursachen der Prostitution.<lb/>
Berlin <hi rendition="#aq">S.W.</hi> Herm. Walthers Verlag.</note>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0158] Ausgaben einer Berliner Plätterin für Schlafstelle (mit Kaffee) jährlich 120 Mk. Kostgeld 〃 312 〃 Kleidung 〃 120 〃 im Jahr 552 Mk. Bei einer Einnahme von 600 Mk. jährlich bleiben somit weniger als 5 Mk. monatlich für die bei den großstädtischen Entfernungen nötigen Stadtbahnfahrten, für unvorhergesehene Zufälle, für Erholung, Bildung, Vergnügen, Vereinsbestre- bungen u. s. w. Kurz, alle Bedürfnisse muß eine Arbeiterin auf das Mindestmaß herabschrauben, um mit 600 Mk. jähr- lich auskommen zu können. Die meisten Berliner Fabrikarbeiterinnen bleiben aber um 100 Mk. unterhalb dieses Lebensminimums. „Nehmen wir als Beispiel“ (so schreibt Dr. Wilbrandt im Handbuch der Frauenbewegung) „eine junge Näherin, die das in Ber- liner Wäschefabriken übliche, 450 Mk. im Jahr, verdient; ihre Ausgaben betragen: Schlafstelle jährlich 66 Mk. – Pf. Mittagessen 〃 109 〃 50 〃 Uebrige Mahlzeiten 〃 237 〃 25 〃 im Jahr 412 Mk. 75 Pf. Das bedeutet also eine tägliche Ausgabe für Mittagessen von 30 Pf., für die übrigen Mahlzeiten zusammen von 65 Pf. Für die meisten alleinstehenden Arbeiterinnen ist aber ein Mit- tagessen für 30 Pf. bereits zu teuer: es besteht, im Arbeits- saal der Fabrik eingenommen, aus Kaffee und Schrippen. Ein Arbeiter urteilt über die Ernährungsweise seiner Mitarbeite- rinnen: „Die Arbeiterinnen leben fast nur von Kaffee oder 1) 1) A. Pappritz, Die wirtschaftlichen Ursachen der Prostitution. Berlin S.W. Herm. Walthers Verlag.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: wie Vorlage; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/158
Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/158>, abgerufen am 25.05.2024.