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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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leg des Mannes. Das zarte Geschlecht hinter dem Bier-
schoppen, dem Weinglase sitzen zu sehen, wurde als unweib-
lich, als unschön empfunden. Dem Manne dagegen war von
jeher ein kräftiger Trunk Lebensbedürfnis. Auch wenn ein
Deutscher einmal darin des Guten zu viel tat, war das nicht
etwa Zeichen unmännlicher Schwäche, ein Beweis bedauerlichen
Mangels an Selbstzucht. Das war durchaus ungermanische
Auffassung. Jm Gegenteil: im Trinken seinen Mann stehen
zu können, galt als Zeichen von Kraft. Etwa noch vorsich-
tigen jungen Leuten wurde von gereifteren Kameraden, wurde
selbst von älteren, eigentlich verständiger sein sollenden Herren
so lange zugesetzt, bis sie ihr natürliches, gesundes Gefühl
überwanden und lernten, ohne Durst und über den Durst
zu trinken. Da aber der Mann in der Ehe seinen Trink-
gewohnheiten nur ungern entsagte und es doch ungemütlich
war für ihn, mit seinem Glase allein zu sitzen, so war es ihm
eine besondere Freude, wenn auch seine Frau nicht gar so
zimperlich tat, wenn auch sie einen Tropfen vertragen lernte,
um ihm beim Trinken Gesellschaft zu leisten. Auch ins Wirts-
haus - einst ausschließlich von Männern besucht - folgte
die Frau gar bald, folgte mit ihr die Jugend. Und die Wirts-
häuser mehrten sich in Stadt und Land, die Versuchung, Alko-
hol zu genießen und die Gelegenheit dazu wurde immer
häufiger. Jmmer müheloser wurde es auch daheim für den
eigenen Haushalt Alkohol zu beschaffen. Das Flaschenbier
hielt seinen Einzug in gar vielen Familien, denen bis dahin
tägliches, gewohnheitsmäßiges Trinken noch fremd war. Und so
ergriff der Alkoholgenuß immer weitere Kreise und die Alko-
holfrage ist längst darüber hinausgewachsen, nur eine Männer-
frage zu sein.

Auch die Frau weiß heute, aus eigener Erfahrung, wie

leg des Mannes. Das zarte Geschlecht hinter dem Bier-
schoppen, dem Weinglase sitzen zu sehen, wurde als unweib-
lich, als unschön empfunden. Dem Manne dagegen war von
jeher ein kräftiger Trunk Lebensbedürfnis. Auch wenn ein
Deutscher einmal darin des Guten zu viel tat, war das nicht
etwa Zeichen unmännlicher Schwäche, ein Beweis bedauerlichen
Mangels an Selbstzucht. Das war durchaus ungermanische
Auffassung. Jm Gegenteil: im Trinken seinen Mann stehen
zu können, galt als Zeichen von Kraft. Etwa noch vorsich-
tigen jungen Leuten wurde von gereifteren Kameraden, wurde
selbst von älteren, eigentlich verständiger sein sollenden Herren
so lange zugesetzt, bis sie ihr natürliches, gesundes Gefühl
überwanden und lernten, ohne Durst und über den Durst
zu trinken. Da aber der Mann in der Ehe seinen Trink-
gewohnheiten nur ungern entsagte und es doch ungemütlich
war für ihn, mit seinem Glase allein zu sitzen, so war es ihm
eine besondere Freude, wenn auch seine Frau nicht gar so
zimperlich tat, wenn auch sie einen Tropfen vertragen lernte,
um ihm beim Trinken Gesellschaft zu leisten. Auch ins Wirts-
haus – einst ausschließlich von Männern besucht – folgte
die Frau gar bald, folgte mit ihr die Jugend. Und die Wirts-
häuser mehrten sich in Stadt und Land, die Versuchung, Alko-
hol zu genießen und die Gelegenheit dazu wurde immer
häufiger. Jmmer müheloser wurde es auch daheim für den
eigenen Haushalt Alkohol zu beschaffen. Das Flaschenbier
hielt seinen Einzug in gar vielen Familien, denen bis dahin
tägliches, gewohnheitsmäßiges Trinken noch fremd war. Und so
ergriff der Alkoholgenuß immer weitere Kreise und die Alko-
holfrage ist längst darüber hinausgewachsen, nur eine Männer-
frage zu sein.

Auch die Frau weiß heute, aus eigener Erfahrung, wie

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[165/0175] leg des Mannes. Das zarte Geschlecht hinter dem Bier- schoppen, dem Weinglase sitzen zu sehen, wurde als unweib- lich, als unschön empfunden. Dem Manne dagegen war von jeher ein kräftiger Trunk Lebensbedürfnis. Auch wenn ein Deutscher einmal darin des Guten zu viel tat, war das nicht etwa Zeichen unmännlicher Schwäche, ein Beweis bedauerlichen Mangels an Selbstzucht. Das war durchaus ungermanische Auffassung. Jm Gegenteil: im Trinken seinen Mann stehen zu können, galt als Zeichen von Kraft. Etwa noch vorsich- tigen jungen Leuten wurde von gereifteren Kameraden, wurde selbst von älteren, eigentlich verständiger sein sollenden Herren so lange zugesetzt, bis sie ihr natürliches, gesundes Gefühl überwanden und lernten, ohne Durst und über den Durst zu trinken. Da aber der Mann in der Ehe seinen Trink- gewohnheiten nur ungern entsagte und es doch ungemütlich war für ihn, mit seinem Glase allein zu sitzen, so war es ihm eine besondere Freude, wenn auch seine Frau nicht gar so zimperlich tat, wenn auch sie einen Tropfen vertragen lernte, um ihm beim Trinken Gesellschaft zu leisten. Auch ins Wirts- haus – einst ausschließlich von Männern besucht – folgte die Frau gar bald, folgte mit ihr die Jugend. Und die Wirts- häuser mehrten sich in Stadt und Land, die Versuchung, Alko- hol zu genießen und die Gelegenheit dazu wurde immer häufiger. Jmmer müheloser wurde es auch daheim für den eigenen Haushalt Alkohol zu beschaffen. Das Flaschenbier hielt seinen Einzug in gar vielen Familien, denen bis dahin tägliches, gewohnheitsmäßiges Trinken noch fremd war. Und so ergriff der Alkoholgenuß immer weitere Kreise und die Alko- holfrage ist längst darüber hinausgewachsen, nur eine Männer- frage zu sein. Auch die Frau weiß heute, aus eigener Erfahrung, wie

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/175>, abgerufen am 21.11.2024.