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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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deutsches Recht einheitlich regelt, eingewirkt haben.

Daß die Mehrzahl der Volksvertreter der älteren, dem
Manne besonders günstigen Auffassung zuneigte, kann uns kein
Wunder nehmen.

Wir sehen auf allen Gebieten, wie Zeiten und Anschau-
ungen nur langsam sich wandeln. Langsam nur ringt die
Menschheit sich zu gerechteren, veredelten Auffassungen hindurch.
Ueberall, wo wir den Mensch dem Menschen gegenüber ge-
stellt, wo wir verschiedengeartete Menschen mit einander eng
verbunden sehen, können wir solche langsam aufsteigende Ent-
wicklungslinie beobachten.

Wie hat das Verhältnis zwischen Fürsten und Untertanen
sich merklich verändert. Bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern
sind wir im Begriff, so sehr sich der Einzelne dagegen auch
sträubt, gleiche Verschiebungen zu erleben. Zwischen Eltern
und Kindern ist gar manches anders geworden. Und das Ge-
setz berücksichtigt das. Das Recht des Kindes ist in ganz an-
derer Weise geschützt, als in früheren Zeiten. Für das Recht
der Arbeiter treten weite Kreise mit Wärme und Ueberzeugung
ein. Das Recht der Frau aber in gleicher Weise anzuerkennen
und zu schützen, hat sich der deutsche Mann noch nicht entschließen
können.

Keineswegs wurde von Frauenseite verkannt, daß das
B.G.B. Fortschritte brachte. Aber sie waren - soweit die Frau
in Betracht kam - nur vereinzelt.

Als Fortschritt durfte man es z. B. bezeichnen, daß die Frau
- im Gegensatz zu früheren Bestimmungen - das, was sie in
selbständiger Arbeit erwarb, als Vorbehaltsgut zu eigener
Verfügung behielt und daß die Frau, der man früher die Be-
fähigung für solche Aemter ganz abgesprochen hatte, das Recht
der Vormundschaft zugestanden wurde, ja daß sie - und tat-

deutsches Recht einheitlich regelt, eingewirkt haben.

Daß die Mehrzahl der Volksvertreter der älteren, dem
Manne besonders günstigen Auffassung zuneigte, kann uns kein
Wunder nehmen.

Wir sehen auf allen Gebieten, wie Zeiten und Anschau-
ungen nur langsam sich wandeln. Langsam nur ringt die
Menschheit sich zu gerechteren, veredelten Auffassungen hindurch.
Ueberall, wo wir den Mensch dem Menschen gegenüber ge-
stellt, wo wir verschiedengeartete Menschen mit einander eng
verbunden sehen, können wir solche langsam aufsteigende Ent-
wicklungslinie beobachten.

Wie hat das Verhältnis zwischen Fürsten und Untertanen
sich merklich verändert. Bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern
sind wir im Begriff, so sehr sich der Einzelne dagegen auch
sträubt, gleiche Verschiebungen zu erleben. Zwischen Eltern
und Kindern ist gar manches anders geworden. Und das Ge-
setz berücksichtigt das. Das Recht des Kindes ist in ganz an-
derer Weise geschützt, als in früheren Zeiten. Für das Recht
der Arbeiter treten weite Kreise mit Wärme und Ueberzeugung
ein. Das Recht der Frau aber in gleicher Weise anzuerkennen
und zu schützen, hat sich der deutsche Mann noch nicht entschließen
können.

Keineswegs wurde von Frauenseite verkannt, daß das
B.G.B. Fortschritte brachte. Aber sie waren – soweit die Frau
in Betracht kam – nur vereinzelt.

Als Fortschritt durfte man es z. B. bezeichnen, daß die Frau
– im Gegensatz zu früheren Bestimmungen – das, was sie in
selbständiger Arbeit erwarb, als Vorbehaltsgut zu eigener
Verfügung behielt und daß die Frau, der man früher die Be-
fähigung für solche Aemter ganz abgesprochen hatte, das Recht
der Vormundschaft zugestanden wurde, ja daß sie – und tat-

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[200/0210] deutsches Recht einheitlich regelt, eingewirkt haben. Daß die Mehrzahl der Volksvertreter der älteren, dem Manne besonders günstigen Auffassung zuneigte, kann uns kein Wunder nehmen. Wir sehen auf allen Gebieten, wie Zeiten und Anschau- ungen nur langsam sich wandeln. Langsam nur ringt die Menschheit sich zu gerechteren, veredelten Auffassungen hindurch. Ueberall, wo wir den Mensch dem Menschen gegenüber ge- stellt, wo wir verschiedengeartete Menschen mit einander eng verbunden sehen, können wir solche langsam aufsteigende Ent- wicklungslinie beobachten. Wie hat das Verhältnis zwischen Fürsten und Untertanen sich merklich verändert. Bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind wir im Begriff, so sehr sich der Einzelne dagegen auch sträubt, gleiche Verschiebungen zu erleben. Zwischen Eltern und Kindern ist gar manches anders geworden. Und das Ge- setz berücksichtigt das. Das Recht des Kindes ist in ganz an- derer Weise geschützt, als in früheren Zeiten. Für das Recht der Arbeiter treten weite Kreise mit Wärme und Ueberzeugung ein. Das Recht der Frau aber in gleicher Weise anzuerkennen und zu schützen, hat sich der deutsche Mann noch nicht entschließen können. Keineswegs wurde von Frauenseite verkannt, daß das B.G.B. Fortschritte brachte. Aber sie waren – soweit die Frau in Betracht kam – nur vereinzelt. Als Fortschritt durfte man es z. B. bezeichnen, daß die Frau – im Gegensatz zu früheren Bestimmungen – das, was sie in selbständiger Arbeit erwarb, als Vorbehaltsgut zu eigener Verfügung behielt und daß die Frau, der man früher die Be- fähigung für solche Aemter ganz abgesprochen hatte, das Recht der Vormundschaft zugestanden wurde, ja daß sie – und tat-

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Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/210>, abgerufen am 25.05.2024.