Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.von selbst versteht, die strengste Untersuchung geschehen; auch sehe ich wohl ein, daß Seine Lage unter solchen Umständen überall, nur nicht unter diesem Dache, peinlich sein würde; doch sollte Er bessere Gedanken von seinen Gefährten haben. Aber die Untersuchung leitete zu keiner andern Entdeckung, als der, welche aus Woldemar's Erklärungen hervorging, daß es durchaus unmöglich sei, daß dies Unheil von John oder von irgend einem Kameraden herrühren könne, theils weil der erste zu der Zeit, wo es geschehen sein mußte, sogar außer der Akademie sich befunden, und theils, weil alle übrigen Gefährten damals in dem Saale versammelt gewesen. Indessen ging die Prüfung ihren Gang fort. John wurde zugleich mit zwei Vormännern Offizier; Holger und Woldemar die beiden ersten Unteroffiziere. Ihr Hauptcharakter bestand aus gleichen Zahlen mit John's. Indeß war es deutlich, daß, wenn ihre Zeichnungen hätten vollendet vorgelegt und ihnen der Werth derselben angerechnet werden können, ihre Zahlen die des John so weit überstiegen haben würden, daß sie ihm vorbeigegangen wären, und weil sie der Regel nach, als zu junge Unteroffiziere, nicht sogleich Offiziere hätten werden können, hätte er noch ein halbes Jahr unter ihnen in der Klasse stehen müssen. Er machte selbst, leise bei sich frohlockend, diese Bemerkung, die jedoch weder von den übrigen Gefährten noch von den Lehrern weiter besprochen wurde, obgleich sie doch von selbst versteht, die strengste Untersuchung geschehen; auch sehe ich wohl ein, daß Seine Lage unter solchen Umständen überall, nur nicht unter diesem Dache, peinlich sein würde; doch sollte Er bessere Gedanken von seinen Gefährten haben. Aber die Untersuchung leitete zu keiner andern Entdeckung, als der, welche aus Woldemar's Erklärungen hervorging, daß es durchaus unmöglich sei, daß dies Unheil von John oder von irgend einem Kameraden herrühren könne, theils weil der erste zu der Zeit, wo es geschehen sein mußte, sogar außer der Akademie sich befunden, und theils, weil alle übrigen Gefährten damals in dem Saale versammelt gewesen. Indessen ging die Prüfung ihren Gang fort. John wurde zugleich mit zwei Vormännern Offizier; Holger und Woldemar die beiden ersten Unteroffiziere. Ihr Hauptcharakter bestand aus gleichen Zahlen mit John's. Indeß war es deutlich, daß, wenn ihre Zeichnungen hätten vollendet vorgelegt und ihnen der Werth derselben angerechnet werden können, ihre Zahlen die des John so weit überstiegen haben würden, daß sie ihm vorbeigegangen wären, und weil sie der Regel nach, als zu junge Unteroffiziere, nicht sogleich Offiziere hätten werden können, hätte er noch ein halbes Jahr unter ihnen in der Klasse stehen müssen. Er machte selbst, leise bei sich frohlockend, diese Bemerkung, die jedoch weder von den übrigen Gefährten noch von den Lehrern weiter besprochen wurde, obgleich sie doch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0018"/> von selbst versteht, die strengste Untersuchung geschehen; auch sehe ich wohl ein, daß Seine Lage unter solchen Umständen überall, nur nicht unter diesem Dache, peinlich sein würde; doch sollte Er bessere Gedanken von seinen Gefährten haben.</p><lb/> <p>Aber die Untersuchung leitete zu keiner andern Entdeckung, als der, welche aus Woldemar's Erklärungen hervorging, daß es durchaus unmöglich sei, daß dies Unheil von John oder von irgend einem Kameraden herrühren könne, theils weil der erste zu der Zeit, wo es geschehen sein mußte, sogar außer der Akademie sich befunden, und theils, weil alle übrigen Gefährten damals in dem Saale versammelt gewesen.</p><lb/> <p>Indessen ging die Prüfung ihren Gang fort. John wurde zugleich mit zwei Vormännern Offizier; Holger und Woldemar die beiden ersten Unteroffiziere. Ihr Hauptcharakter bestand aus gleichen Zahlen mit John's. Indeß war es deutlich, daß, wenn ihre Zeichnungen hätten vollendet vorgelegt und ihnen der Werth derselben angerechnet werden können, ihre Zahlen die des John so weit überstiegen haben würden, daß sie ihm vorbeigegangen wären, und weil sie der Regel nach, als zu junge Unteroffiziere, nicht sogleich Offiziere hätten werden können, hätte er noch ein halbes Jahr unter ihnen in der Klasse stehen müssen. Er machte selbst, leise bei sich frohlockend, diese Bemerkung, die jedoch weder von den übrigen Gefährten noch von den Lehrern weiter besprochen wurde, obgleich sie doch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
von selbst versteht, die strengste Untersuchung geschehen; auch sehe ich wohl ein, daß Seine Lage unter solchen Umständen überall, nur nicht unter diesem Dache, peinlich sein würde; doch sollte Er bessere Gedanken von seinen Gefährten haben.
Aber die Untersuchung leitete zu keiner andern Entdeckung, als der, welche aus Woldemar's Erklärungen hervorging, daß es durchaus unmöglich sei, daß dies Unheil von John oder von irgend einem Kameraden herrühren könne, theils weil der erste zu der Zeit, wo es geschehen sein mußte, sogar außer der Akademie sich befunden, und theils, weil alle übrigen Gefährten damals in dem Saale versammelt gewesen.
Indessen ging die Prüfung ihren Gang fort. John wurde zugleich mit zwei Vormännern Offizier; Holger und Woldemar die beiden ersten Unteroffiziere. Ihr Hauptcharakter bestand aus gleichen Zahlen mit John's. Indeß war es deutlich, daß, wenn ihre Zeichnungen hätten vollendet vorgelegt und ihnen der Werth derselben angerechnet werden können, ihre Zahlen die des John so weit überstiegen haben würden, daß sie ihm vorbeigegangen wären, und weil sie der Regel nach, als zu junge Unteroffiziere, nicht sogleich Offiziere hätten werden können, hätte er noch ein halbes Jahr unter ihnen in der Klasse stehen müssen. Er machte selbst, leise bei sich frohlockend, diese Bemerkung, die jedoch weder von den übrigen Gefährten noch von den Lehrern weiter besprochen wurde, obgleich sie doch
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/18>, abgerufen am 16.07.2024. |