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Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Seereise geneigt gewesen, zu glauben, daß John doch vielleicht zu viel geschehen, hatte kurz nachher bemerkt, daß der Freund den Jüngling mit immer größerer Geringschätzung behandelte, obgleich John selbst durch Späße und andre Kunstgriffe die Aufmerksamkeit der Uebrigen von den zwischen ihnen bestehenden Verhältnissen abzulenken strebte. Aber da Holger sich nie darüber äußerte und auch den Anspielungen des Freundes auszuweichen suchte, vermuthete dieser sogleich, daß John sich einer geheimen Beleidigung gegen ihn schuldig gemacht hätte; um so mehr enthielt er sich aller Fragen. Weder Unruhe noch Neugier plagte ihn; er wußte seine Ehre sicher in seinen eignen und des Freundes Händen; nur zog er sich immer kälter von John zurück.

Dieser fühlte sich nach der Abreise des Capitäns mit seinem Gefolge völlig allein. Die Freunde sprachen ihn nur im Dienst und über den Dienst, in welchem er als der Aeltere freilich ihr Vorgesetzter war. Natürlich suchte er einen Ersatz dieser Verlassenheit, wo er ihn zu finden meinte, gesellte sich, mit einem damals in seinem Stande sehr seltenen Zuvorkommen, zu den Offizieren der kleinen Garnison und nahm an deren oft zu lustigen Gelagen, die den Spießbürgern des Fleckens ein Aergerniß waren, weit größeren Antheil, als seine Gefährten billigen konnten, welche nur unter Kameraden ihrer Farbe sich ohne Selbstvorwürfe der Ausgelassenheit überlassen zu dürfen glaubten. So sahen

Seereise geneigt gewesen, zu glauben, daß John doch vielleicht zu viel geschehen, hatte kurz nachher bemerkt, daß der Freund den Jüngling mit immer größerer Geringschätzung behandelte, obgleich John selbst durch Späße und andre Kunstgriffe die Aufmerksamkeit der Uebrigen von den zwischen ihnen bestehenden Verhältnissen abzulenken strebte. Aber da Holger sich nie darüber äußerte und auch den Anspielungen des Freundes auszuweichen suchte, vermuthete dieser sogleich, daß John sich einer geheimen Beleidigung gegen ihn schuldig gemacht hätte; um so mehr enthielt er sich aller Fragen. Weder Unruhe noch Neugier plagte ihn; er wußte seine Ehre sicher in seinen eignen und des Freundes Händen; nur zog er sich immer kälter von John zurück.

Dieser fühlte sich nach der Abreise des Capitäns mit seinem Gefolge völlig allein. Die Freunde sprachen ihn nur im Dienst und über den Dienst, in welchem er als der Aeltere freilich ihr Vorgesetzter war. Natürlich suchte er einen Ersatz dieser Verlassenheit, wo er ihn zu finden meinte, gesellte sich, mit einem damals in seinem Stande sehr seltenen Zuvorkommen, zu den Offizieren der kleinen Garnison und nahm an deren oft zu lustigen Gelagen, die den Spießbürgern des Fleckens ein Aergerniß waren, weit größeren Antheil, als seine Gefährten billigen konnten, welche nur unter Kameraden ihrer Farbe sich ohne Selbstvorwürfe der Ausgelassenheit überlassen zu dürfen glaubten. So sahen

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[0053] Seereise geneigt gewesen, zu glauben, daß John doch vielleicht zu viel geschehen, hatte kurz nachher bemerkt, daß der Freund den Jüngling mit immer größerer Geringschätzung behandelte, obgleich John selbst durch Späße und andre Kunstgriffe die Aufmerksamkeit der Uebrigen von den zwischen ihnen bestehenden Verhältnissen abzulenken strebte. Aber da Holger sich nie darüber äußerte und auch den Anspielungen des Freundes auszuweichen suchte, vermuthete dieser sogleich, daß John sich einer geheimen Beleidigung gegen ihn schuldig gemacht hätte; um so mehr enthielt er sich aller Fragen. Weder Unruhe noch Neugier plagte ihn; er wußte seine Ehre sicher in seinen eignen und des Freundes Händen; nur zog er sich immer kälter von John zurück. Dieser fühlte sich nach der Abreise des Capitäns mit seinem Gefolge völlig allein. Die Freunde sprachen ihn nur im Dienst und über den Dienst, in welchem er als der Aeltere freilich ihr Vorgesetzter war. Natürlich suchte er einen Ersatz dieser Verlassenheit, wo er ihn zu finden meinte, gesellte sich, mit einem damals in seinem Stande sehr seltenen Zuvorkommen, zu den Offizieren der kleinen Garnison und nahm an deren oft zu lustigen Gelagen, die den Spießbürgern des Fleckens ein Aergerniß waren, weit größeren Antheil, als seine Gefährten billigen konnten, welche nur unter Kameraden ihrer Farbe sich ohne Selbstvorwürfe der Ausgelassenheit überlassen zu dürfen glaubten. So sahen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

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Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/53>, abgerufen am 24.11.2024.