Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und ich liege ewig hier vor Anker! Hier herein wird sich der Feind schwerlich wagen. Wärest du Chef des Schoners, ich würde den Kajütenjungen beneiden, aber so -- werde ich dich auch wiedersehen? -- Denn du wirst die Schande unserer Flagge nicht überleben. Nein, sagte Holger entschlossen, aber ihr vorbeugen. Wie denn? ist er jetzt nicht dein Chef? Armer Freund! und du mußtest mit mir tauschen! Holger hörte seine Worte kaum. Seine Seele war in ein dunkles, verworrenes Gefühl versunken. Er war wieder an Bord des Schiffes gekommen, ehe er es selbst wußte. Du bleibst verflucht lange aus! mit diesen Worten empfing ihn John. Ich habe noch viel in dem Flecken zu thun; auch gehe ich mit Fleiß zu einem kleinen Gelage dort; kurz vor zwölf kehre ich zurück; man darf nicht vermuthen, daß wir uns heute Nacht hinausschleichen; der Feind könnte hier Spione haben; man kann nicht wissen. Sie sollen glauben, daß ich bis morgen am Lande bleibe, darum schicke keine Schaluppe, um auf mich zu warten; laß sie nur am Schiffe fertig liegen; wenn du einen Pistolenschuß hörst, ist es ein Zeichen, daß ich da bin. Holger nickte schweigend, während er in sich murmelte: hinaus schleichen; dieser Ausdruck, die feige Vorsicht eines unwahrscheinlichen Verrathes wegen, die mit John's gewöhnlichem Leichtsinn grell contrastirte, und ich liege ewig hier vor Anker! Hier herein wird sich der Feind schwerlich wagen. Wärest du Chef des Schoners, ich würde den Kajütenjungen beneiden, aber so — werde ich dich auch wiedersehen? — Denn du wirst die Schande unserer Flagge nicht überleben. Nein, sagte Holger entschlossen, aber ihr vorbeugen. Wie denn? ist er jetzt nicht dein Chef? Armer Freund! und du mußtest mit mir tauschen! Holger hörte seine Worte kaum. Seine Seele war in ein dunkles, verworrenes Gefühl versunken. Er war wieder an Bord des Schiffes gekommen, ehe er es selbst wußte. Du bleibst verflucht lange aus! mit diesen Worten empfing ihn John. Ich habe noch viel in dem Flecken zu thun; auch gehe ich mit Fleiß zu einem kleinen Gelage dort; kurz vor zwölf kehre ich zurück; man darf nicht vermuthen, daß wir uns heute Nacht hinausschleichen; der Feind könnte hier Spione haben; man kann nicht wissen. Sie sollen glauben, daß ich bis morgen am Lande bleibe, darum schicke keine Schaluppe, um auf mich zu warten; laß sie nur am Schiffe fertig liegen; wenn du einen Pistolenschuß hörst, ist es ein Zeichen, daß ich da bin. Holger nickte schweigend, während er in sich murmelte: hinaus schleichen; dieser Ausdruck, die feige Vorsicht eines unwahrscheinlichen Verrathes wegen, die mit John's gewöhnlichem Leichtsinn grell contrastirte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0080"/> und ich liege ewig hier vor Anker! Hier herein wird sich der Feind schwerlich wagen. Wärest du Chef des Schoners, ich würde den Kajütenjungen beneiden, aber so — werde ich dich auch wiedersehen? — Denn du wirst die Schande unserer Flagge nicht überleben.</p><lb/> <p>Nein, sagte Holger entschlossen, aber ihr vorbeugen.</p><lb/> <p>Wie denn? ist er jetzt nicht dein Chef? Armer Freund! und du mußtest mit mir tauschen!</p><lb/> <p>Holger hörte seine Worte kaum. Seine Seele war in ein dunkles, verworrenes Gefühl versunken. Er war wieder an Bord des Schiffes gekommen, ehe er es selbst wußte.</p><lb/> <p>Du bleibst verflucht lange aus! mit diesen Worten empfing ihn John. Ich habe noch viel in dem Flecken zu thun; auch gehe ich mit Fleiß zu einem kleinen Gelage dort; kurz vor zwölf kehre ich zurück; man darf nicht vermuthen, daß wir uns heute Nacht hinausschleichen; der Feind könnte hier Spione haben; man kann nicht wissen. Sie sollen glauben, daß ich bis morgen am Lande bleibe, darum schicke keine Schaluppe, um auf mich zu warten; laß sie nur am Schiffe fertig liegen; wenn du einen Pistolenschuß hörst, ist es ein Zeichen, daß ich da bin.</p><lb/> <p>Holger nickte schweigend, während er in sich murmelte: hinaus schleichen; dieser Ausdruck, die feige Vorsicht eines unwahrscheinlichen Verrathes wegen, die mit John's gewöhnlichem Leichtsinn grell contrastirte,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0080]
und ich liege ewig hier vor Anker! Hier herein wird sich der Feind schwerlich wagen. Wärest du Chef des Schoners, ich würde den Kajütenjungen beneiden, aber so — werde ich dich auch wiedersehen? — Denn du wirst die Schande unserer Flagge nicht überleben.
Nein, sagte Holger entschlossen, aber ihr vorbeugen.
Wie denn? ist er jetzt nicht dein Chef? Armer Freund! und du mußtest mit mir tauschen!
Holger hörte seine Worte kaum. Seine Seele war in ein dunkles, verworrenes Gefühl versunken. Er war wieder an Bord des Schiffes gekommen, ehe er es selbst wußte.
Du bleibst verflucht lange aus! mit diesen Worten empfing ihn John. Ich habe noch viel in dem Flecken zu thun; auch gehe ich mit Fleiß zu einem kleinen Gelage dort; kurz vor zwölf kehre ich zurück; man darf nicht vermuthen, daß wir uns heute Nacht hinausschleichen; der Feind könnte hier Spione haben; man kann nicht wissen. Sie sollen glauben, daß ich bis morgen am Lande bleibe, darum schicke keine Schaluppe, um auf mich zu warten; laß sie nur am Schiffe fertig liegen; wenn du einen Pistolenschuß hörst, ist es ein Zeichen, daß ich da bin.
Holger nickte schweigend, während er in sich murmelte: hinaus schleichen; dieser Ausdruck, die feige Vorsicht eines unwahrscheinlichen Verrathes wegen, die mit John's gewöhnlichem Leichtsinn grell contrastirte,
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