N001 und auf der Handelsvertretung, wo die Genossen mich in verschie- N002 dene kubanische Probleme einführten. Die Situation ist in vieler N003 Beziehung ganz eigenartig und enorm interessant. Unser Botschaf- N004 ter lehrte mioh Kuba llbre zu trinken, eine Mischung von Oooa N005 Cola und Cuba-Rum; selten hatte er, wie er selbst zugeben mußte, N006 einen so gelehrigen Schüler"
N001 26.3.1964
N001 Plauderte zum Frühstück mit meinem Kellner, der etwas N002 Englisch kann und sich mit mir übt. Er verdient 112 Pesos im N003 Monat fest, brutto, 100 Pesos netto, dazu rund 50 Pesos Trink- N004 geld (zumeist von Fremden, da die Kubaner selten Trinkgeld N005 geben), dazu die Mahlzeiten. Seine Frau ist in der Kinderkleider- N006 anfertigung (Heimarbeit, die es hier viel gibt) beschäftigt und N007 verdient 100 Pesos im Monat. Sie kommt von einer kleinen Farm N008 in der Nähe von Santiago, wo sein Schwager Zucker, Bananen etc. N009 anbaut. Sie haben im Mai letzten Jahres geheiratet, wollen aber N010 erst in zwei Jahren ihr erstes Kind haben und im ganzen höchstens N011 zwei. "Man muß langsam leben", meint er, "und nicht zu hastig." N012 Englisch lernt er aus einem Buch und an den Gästen. In Santiago N013 empfiehlt er mir das Hotel Versailles, das das beste sei; er N014 habe dort seine Hochzeitsnacht verbracht.
N001 Es ist 8,3o morgens, die Sonne strahlt auf den Golf von N002 Mexiko, und in einer halben Stunde hoffe ich zu erfahren, ob ich N003 heute 1000 km entfernt von hier Mittag esse und zum Historiker- N004 kongreß fahre, oder hier in Habana zu Diskussionen auf die Uni- N005 versität gehe...
N001 Das Flugzeug nach Santiago war schon besetzt, und so bleibe
N001 und auf der Handelsvertretung, wo die Genossen mich in verschie- N002 dene kubanische Probleme einführten. Die Situation ist in vieler N003 Beziehung ganz eigenartig und enorm interessant. Unser Botschaf- N004 ter lehrte mioh Kuba llbre zu trinken, eine Mischung von Oooa N005 Cola und Cuba-Rum; selten hatte er, wie er selbst zugeben mußte, N006 einen so gelehrigen Schüler«
N001 26.3.1964
N001 Plauderte zum Frühstück mit meinem Kellner, der etwas N002 Englisch kann und sich mit mir übt. Er verdient 112 Pesos im N003 Monat fest, brutto, 100 Pesos netto, dazu rund 50 Pesos Trink- N004 geld (zumeist von Fremden, da die Kubaner selten Trinkgeld N005 geben), dazu die Mahlzeiten. Seine Frau ist in der Kinderkleider- N006 anfertigung (Heimarbeit, die es hier viel gibt) beschäftigt und N007 verdient 100 Pesos im Monat. Sie kommt von einer kleinen Farm N008 in der Nähe von Santiago, wo sein Schwager Zucker, Bananen etc. N009 anbaut. Sie haben im Mai letzten Jahres geheiratet, wollen aber N010 erst in zwei Jahren ihr erstes Kind haben und im ganzen höchstens N011 zwei. "Man muß langsam leben", meint er, "und nicht zu hastig." N012 Englisch lernt er aus einem Buch und an den Gästen. In Santiago N013 empfiehlt er mir das Hotel Versailles, das das beste sei; er N014 habe dort seine Hochzeitsnacht verbracht.
N001 Es ist 8,3o morgens, die Sonne strahlt auf den Golf von N002 Mexiko, und in einer halben Stunde hoffe ich zu erfahren, ob ich N003 heute 1000 km entfernt von hier Mittag esse und zum Historiker- N004 kongreß fahre, oder hier in Habana zu Diskussionen auf die Uni- N005 versität gehe...
N001 Das Flugzeug nach Santiago war schon besetzt, und so bleibe
<TEI><text><body><divtype="chapter"><pbfacs="#f0174"/><p><lbn="N001"/>
und auf der Handelsvertretung, wo die Genossen mich in verschie- <lbn="N002"/>
dene kubanische Probleme einführten. Die Situation ist in vieler <lbn="N003"/>
Beziehung ganz eigenartig und enorm interessant. Unser Botschaf- <lbn="N004"/>
ter lehrte mioh Kuba llbre zu trinken, eine Mischung von Oooa <lbn="N005"/>
Cola und Cuba-Rum; selten hatte er, wie er selbst zugeben mußte, <lbn="N006"/>
einen so gelehrigen Schüler«</p><p><lbn="N001"/>
26.3.1964</p><p><lbn="N001"/>
Plauderte zum Frühstück mit meinem Kellner, der etwas <lbn="N002"/>
Englisch kann und sich mit mir übt. Er verdient 112 Pesos im <lbn="N003"/>
Monat fest, brutto, 100 Pesos netto, dazu rund 50 Pesos Trink- <lbn="N004"/>
geld (zumeist von Fremden, da die Kubaner selten Trinkgeld <lbn="N005"/>
geben), dazu die Mahlzeiten. Seine Frau ist in der Kinderkleider- <lbn="N006"/>
anfertigung (Heimarbeit, die es hier viel gibt) beschäftigt und <lbn="N007"/>
verdient 100 Pesos im Monat. Sie kommt von einer kleinen Farm <lbn="N008"/>
in der Nähe von Santiago, wo sein Schwager Zucker, Bananen etc. <lbn="N009"/>
anbaut. Sie haben im Mai letzten Jahres geheiratet, wollen aber <lbn="N010"/>
erst in zwei Jahren ihr erstes Kind haben und im ganzen höchstens <lbn="N011"/>
zwei. "Man muß langsam leben", meint er, "und nicht zu hastig." <lbn="N012"/>
Englisch lernt er aus einem Buch und an den Gästen. In Santiago <lbn="N013"/>
empfiehlt er mir das Hotel Versailles, das das beste sei; er <lbn="N014"/>
habe dort seine Hochzeitsnacht verbracht.</p><p><lbn="N001"/>
Es ist 8,3o morgens, die Sonne strahlt auf den Golf von <lbn="N002"/>
Mexiko, und in einer halben Stunde hoffe ich zu erfahren, ob ich <lbn="N003"/>
heute 1000 km entfernt von hier Mittag esse und zum Historiker- <lbn="N004"/>
kongreß fahre, oder hier in Habana zu Diskussionen auf die Uni- <lbn="N005"/>
versität gehe...</p><p><lbn="N001"/>
Das Flugzeug nach Santiago war schon besetzt, und so bleibe</p></div></body></text></TEI>
[0174]
N001
und auf der Handelsvertretung, wo die Genossen mich in verschie- N002
dene kubanische Probleme einführten. Die Situation ist in vieler N003
Beziehung ganz eigenartig und enorm interessant. Unser Botschaf- N004
ter lehrte mioh Kuba llbre zu trinken, eine Mischung von Oooa N005
Cola und Cuba-Rum; selten hatte er, wie er selbst zugeben mußte, N006
einen so gelehrigen Schüler«
N001
26.3.1964
N001
Plauderte zum Frühstück mit meinem Kellner, der etwas N002
Englisch kann und sich mit mir übt. Er verdient 112 Pesos im N003
Monat fest, brutto, 100 Pesos netto, dazu rund 50 Pesos Trink- N004
geld (zumeist von Fremden, da die Kubaner selten Trinkgeld N005
geben), dazu die Mahlzeiten. Seine Frau ist in der Kinderkleider- N006
anfertigung (Heimarbeit, die es hier viel gibt) beschäftigt und N007
verdient 100 Pesos im Monat. Sie kommt von einer kleinen Farm N008
in der Nähe von Santiago, wo sein Schwager Zucker, Bananen etc. N009
anbaut. Sie haben im Mai letzten Jahres geheiratet, wollen aber N010
erst in zwei Jahren ihr erstes Kind haben und im ganzen höchstens N011
zwei. "Man muß langsam leben", meint er, "und nicht zu hastig." N012
Englisch lernt er aus einem Buch und an den Gästen. In Santiago N013
empfiehlt er mir das Hotel Versailles, das das beste sei; er N014
habe dort seine Hochzeitsnacht verbracht.
N001
Es ist 8,3o morgens, die Sonne strahlt auf den Golf von N002
Mexiko, und in einer halben Stunde hoffe ich zu erfahren, ob ich N003
heute 1000 km entfernt von hier Mittag esse und zum Historiker- N004
kongreß fahre, oder hier in Habana zu Diskussionen auf die Uni- N005
versität gehe...
N001
Das Flugzeug nach Santiago war schon besetzt, und so bleibe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-01-09T11:07:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-01-09T11:07:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/174>, abgerufen am 30.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.