Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
- 6 d -

N001
Weltgeist, beim reinen Idealismus landen. Entweder bestimmt das N002
gesellschaftliche Sein das Bewußtsein, oder das Bewußtsein spielt N003
eine immer größere Rolle und bestimmt in durchaus absehbarer Zeit N004
das gesellschaftliche Sein. Faktisch spielt das Bewußtsein heute N005
wohl kaum eine größere Rolle als eh und Je. Natürlich ist das Be- N006
wußtsein größer geworden, erfaßt immer weitere Gebiete. Das gilt N007
aber auch vom gesellschaftlichen Sein, das einen immer größeren N008
Teil des Naturseins zu gesellschaftlichem Sein macht.

N001
Wiederum werden Quantität und Qualität verwechselt. Der sub- N002
jektive Faktor spielt im Sozialismus keine größere Rolle als im N003
Kapitalismus, aber seine Qualität beginnt sich mehr und mehr zu N004
ändern. Während im Kapitalismus das Bewußtsein ein "falsches" oder N005
inadäquates, nur die Oberfläche des gesellschaftlichen Seins erfas- N006
sendes ist, und die Menschen oft zu Handlungen treibt, die den Ge- N007
setzen des gesellschaftlichen Seins widersprechen oder ihnen nicht N008
adäquat sind, entspricht im Sozialismus das Handeln der Menschen N009
mehr und mehr den Gesetzen des gesellschaftlichen Seins und fördert N010
deren Durchsetzung so. Das heißt, die Qualität der Rolle des sub- N011
jektiven Faktors wird eine immer höhere, nioht aber die Rolle selbst N012
- denn eine Rolle spielt der subjektive Faktor, ganz gleich, ob er N013
den Gesetzen bei ihrer Durchsetzung hilft oder sie behindert,

N001
Und wenn wir abschließend an das so große und schöne Ideal des N002
Sozialismus denken, daß es allen Menschen gut gehe und daß ihre Be- N003
dürfnisse nach einem immer reicheren Leben in Erfüllung gehen, N004
müssen wir nicht auch dann sagen:

N001
Das Grundstreben des Sozialismus kann niemals, schon aus mo- N002
ralischen Gründen, eine immer größere, immer schneller wachsende N003
Quantität von Wohlstand für den Menschen sein. Das Grundstreben des N004
Sozialismus ist eine immer höhere Qualität auf allen Gebieten des N005
gesellschaftlichen Lebens, das heißt eine immer höhere Qualität des N006
Wohlstands, des Glücks der Existenz für alle Menschen.

N001
- 6 d -

N001
Weltgeist, beim reinen Idealismus landen. Entweder bestimmt das N002
gesellschaftliche Sein das Bewußtsein, oder das Bewußtsein spielt N003
eine immer größere Rolle und bestimmt in durchaus absehbarer Zeit N004
das gesellschaftliche Sein. Faktisch spielt das Bewußtsein heute N005
wohl kaum eine größere Rolle als eh und Je. Natürlich ist das Be- N006
wußtsein größer geworden, erfaßt immer weitere Gebiete. Das gilt N007
aber auch vom gesellschaftlichen Sein, das einen immer größeren N008
Teil des Naturseins zu gesellschaftlichem Sein macht.

N001
Wiederum werden Quantität und Qualität verwechselt. Der sub- N002
jektive Faktor spielt im Sozialismus keine größere Rolle als im N003
Kapitalismus, aber seine Qualität beginnt sich mehr und mehr zu N004
ändern. Während im Kapitalismus das Bewußtsein ein "falsches" oder N005
inadäquates, nur die Oberfläche des gesellschaftlichen Seins erfas- N006
sendes ist, und die Menschen oft zu Handlungen treibt, die den Ge- N007
setzen des gesellschaftlichen Seins widersprechen oder ihnen nicht N008
adäquat sind, entspricht im Sozialismus das Handeln der Menschen N009
mehr und mehr den Gesetzen des gesellschaftlichen Seins und fördert N010
deren Durchsetzung so. Das heißt, die Qualität der Rolle des sub- N011
jektiven Faktors wird eine immer höhere, nioht aber die Rolle selbst N012
- denn eine Rolle spielt der subjektive Faktor, ganz gleich, ob er N013
den Gesetzen bei ihrer Durchsetzung hilft oder sie behindert,

N001
Und wenn wir abschließend an das so große und schöne Ideal des N002
Sozialismus denken, daß es allen Menschen gut gehe und daß ihre Be- N003
dürfnisse nach einem immer reicheren Leben in Erfüllung gehen, N004
müssen wir nicht auch dann sagen:

N001
Das Grundstreben des Sozialismus kann niemals, schon aus mo- N002
ralischen Gründen, eine immer größere, immer schneller wachsende N003
Quantität von Wohlstand für den Menschen sein. Das Grundstreben des N004
Sozialismus ist eine immer höhere Qualität auf allen Gebieten des N005
gesellschaftlichen Lebens, das heißt eine immer höhere Qualität des N006
Wohlstands, des Glücks der Existenz für alle Menschen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <pb facs="#f0601"/>
        <p><lb n="N001"/>
- 6 d -</p>
        <p><lb n="N001"/>
Weltgeist, beim reinen Idealismus landen. Entweder bestimmt das     <lb n="N002"/>
gesellschaftliche Sein das Bewußtsein, oder das Bewußtsein spielt     <lb n="N003"/>
eine immer größere Rolle und bestimmt in durchaus absehbarer Zeit     <lb n="N004"/>
das gesellschaftliche Sein. Faktisch spielt das Bewußtsein heute     <lb n="N005"/>
wohl kaum eine größere Rolle als eh und Je. Natürlich ist das Be-     <lb n="N006"/>
wußtsein größer geworden, erfaßt immer weitere Gebiete. Das gilt     <lb n="N007"/>
aber auch vom gesellschaftlichen Sein, das einen immer größeren     <lb n="N008"/>
Teil des Naturseins zu gesellschaftlichem Sein macht.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Wiederum werden Quantität und Qualität verwechselt. Der sub-     <lb n="N002"/>
jektive Faktor spielt im Sozialismus keine größere Rolle als im     <lb n="N003"/>
Kapitalismus, aber seine Qualität beginnt sich mehr und mehr zu     <lb n="N004"/>
ändern. Während im Kapitalismus das Bewußtsein ein "falsches" oder     <lb n="N005"/>
inadäquates, nur die Oberfläche des gesellschaftlichen Seins erfas-     <lb n="N006"/>
sendes ist, und die Menschen oft zu Handlungen treibt, die den Ge-     <lb n="N007"/>
setzen des gesellschaftlichen Seins widersprechen oder ihnen nicht     <lb n="N008"/>
adäquat sind, entspricht im Sozialismus das Handeln der Menschen     <lb n="N009"/>
mehr und mehr den Gesetzen des gesellschaftlichen Seins und fördert     <lb n="N010"/>
deren Durchsetzung so. Das heißt, die Qualität der Rolle des sub-     <lb n="N011"/>
jektiven Faktors wird eine immer höhere, nioht aber die Rolle selbst     <lb n="N012"/>
- denn eine Rolle spielt der subjektive Faktor, ganz gleich, ob er     <lb n="N013"/>
den Gesetzen bei ihrer Durchsetzung hilft oder sie behindert,</p>
        <p><lb n="N001"/>
Und wenn wir abschließend an das so große und schöne Ideal des     <lb n="N002"/>
Sozialismus denken, daß es allen Menschen gut gehe und daß ihre Be-     <lb n="N003"/>
dürfnisse nach einem immer reicheren Leben in Erfüllung gehen,     <lb n="N004"/>
müssen wir nicht auch dann sagen:</p>
        <p><lb n="N001"/>
Das Grundstreben des Sozialismus kann niemals, schon aus mo-     <lb n="N002"/>
ralischen Gründen, eine immer größere, immer schneller wachsende     <lb n="N003"/>
Quantität von Wohlstand für den Menschen sein. Das Grundstreben des     <lb n="N004"/>
Sozialismus ist eine immer höhere Qualität auf allen Gebieten des     <lb n="N005"/>
gesellschaftlichen Lebens, das heißt eine immer höhere Qualität des     <lb n="N006"/>
Wohlstands, des Glücks der Existenz für alle Menschen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0601] N001 - 6 d - N001 Weltgeist, beim reinen Idealismus landen. Entweder bestimmt das N002 gesellschaftliche Sein das Bewußtsein, oder das Bewußtsein spielt N003 eine immer größere Rolle und bestimmt in durchaus absehbarer Zeit N004 das gesellschaftliche Sein. Faktisch spielt das Bewußtsein heute N005 wohl kaum eine größere Rolle als eh und Je. Natürlich ist das Be- N006 wußtsein größer geworden, erfaßt immer weitere Gebiete. Das gilt N007 aber auch vom gesellschaftlichen Sein, das einen immer größeren N008 Teil des Naturseins zu gesellschaftlichem Sein macht. N001 Wiederum werden Quantität und Qualität verwechselt. Der sub- N002 jektive Faktor spielt im Sozialismus keine größere Rolle als im N003 Kapitalismus, aber seine Qualität beginnt sich mehr und mehr zu N004 ändern. Während im Kapitalismus das Bewußtsein ein "falsches" oder N005 inadäquates, nur die Oberfläche des gesellschaftlichen Seins erfas- N006 sendes ist, und die Menschen oft zu Handlungen treibt, die den Ge- N007 setzen des gesellschaftlichen Seins widersprechen oder ihnen nicht N008 adäquat sind, entspricht im Sozialismus das Handeln der Menschen N009 mehr und mehr den Gesetzen des gesellschaftlichen Seins und fördert N010 deren Durchsetzung so. Das heißt, die Qualität der Rolle des sub- N011 jektiven Faktors wird eine immer höhere, nioht aber die Rolle selbst N012 - denn eine Rolle spielt der subjektive Faktor, ganz gleich, ob er N013 den Gesetzen bei ihrer Durchsetzung hilft oder sie behindert, N001 Und wenn wir abschließend an das so große und schöne Ideal des N002 Sozialismus denken, daß es allen Menschen gut gehe und daß ihre Be- N003 dürfnisse nach einem immer reicheren Leben in Erfüllung gehen, N004 müssen wir nicht auch dann sagen: N001 Das Grundstreben des Sozialismus kann niemals, schon aus mo- N002 ralischen Gründen, eine immer größere, immer schneller wachsende N003 Quantität von Wohlstand für den Menschen sein. Das Grundstreben des N004 Sozialismus ist eine immer höhere Qualität auf allen Gebieten des N005 gesellschaftlichen Lebens, das heißt eine immer höhere Qualität des N006 Wohlstands, des Glücks der Existenz für alle Menschen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/601
Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/601>, abgerufen am 22.11.2024.