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Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

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N001
26.2.1983

N001
Hatte einen betrübliehen Brief von Kurt Hager. Freundlich N002
gehalten, aber inhaltlich von erstaunlicher Fremdheit der Wirk- N003
lichkeit in Vergangenheit und Gegenwart gegenüber.

N001
Er fand meinen ersten Dialog mit meinem Urenkel noch zu N002
kritisch und negativ gegenüber unserer Gegenwart. Habe ihn N003
"positiver" gestaltet, um das Ganze nicht zu gefährden und werde N004
nun alles, hoffentlich endgültig, morgen beim Aufbau-Verlag ab- N005
geben.

N001
In dem Brief erklärte er wörtlich! "Was uns angeht, so würde N002
ich auf die Frage, hast Du Dir den Sozialismus in Deiner Jugend N003
so vorgestellt, wie er heute ist, zunächst einmal sagen, daß ioh N004
mir 1932 oder auch 1939 noch nicht habe träumen lassen, daß sohon N005
1945 der Hitlerfaschismus geschlagen sein würde und wir mit dem N006
Aufbau der neuen Gesellschaft beginnen könnten."

N001
Was für eine Konstruktion! 1932! wie grundfalsch sieht er N002
seine Haltung 1932! und auch 1939! Erst um 1944-, als er dem Vansit N003
tardismus verfiel und mit Heinz Schmidt übereinstimmte, daß wir N004
erst nach 30 Jahren oder noch später wieder eine Partei haben N005
würden, verfiel er - ganz im Gegensatz zu Siegbert Kahn, Grete N006
Wittkowski, mir und einigen anderen - einem solchen Pessimismus N007
und Defaitismus.

N001
Auch folgender Satz ist kennzeichnend! "Es laufen ja nicht N002
wenige Leute, z.B. Künstler, herum, die nichts sehqn als Mängel N003
und Düsternis, die aber keinen Sinn für die große gesellschaft- N004
liche Wandlung haben." Was für eine Einstellung zur Kritik! was N005
für ein Mißverstehen der Haltung unserer Künstler! wieder, was N006
für ein Defaitismus gegenüber nur allzu berechtigter Kritik in N007
unserer Bevölkerung, die doch, ebenso wie die meisten Künstler, N008
positiv zu unserer Gesellschaft stehen! -

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26.2.1983

N001
Hatte einen betrübliehen Brief von Kurt Hager. Freundlich N002
gehalten, aber inhaltlich von erstaunlicher Fremdheit der Wirk- N003
lichkeit in Vergangenheit und Gegenwart gegenüber.

N001
Er fand meinen ersten Dialog mit meinem Urenkel noch zu N002
kritisch und negativ gegenüber unserer Gegenwart. Habe ihn N003
"positiver” gestaltet, um das Ganze nicht zu gefährden und werde N004
nun alles, hoffentlich endgültig, morgen beim Aufbau-Verlag ab- N005
geben.

N001
In dem Brief erklärte er wörtlich! "Was uns angeht, so würde N002
ich auf die Frage, hast Du Dir den Sozialismus in Deiner Jugend N003
so vorgestellt, wie er heute ist, zunächst einmal sagen, daß ioh N004
mir 1932 oder auch 1939 noch nicht habe träumen lassen, daß sohon N005
1945 der Hitlerfaschismus geschlagen sein würde und wir mit dem N006
Aufbau der neuen Gesellschaft beginnen könnten."

N001
Was für eine Konstruktion! 1932! wie grundfalsch sieht er N002
seine Haltung 1932! und auch 1939! Erst um 1944-, als er dem Vansit N003
tardismus verfiel und mit Heinz Schmidt übereinstimmte, daß wir N004
erst nach 30 Jahren oder noch später wieder eine Partei haben N005
würden, verfiel er - ganz im Gegensatz zu Siegbert Kahn, Grete N006
Wittkowski, mir und einigen anderen - einem solchen Pessimismus N007
und Defaitismus.

N001
Auch folgender Satz ist kennzeichnend! "Es laufen ja nicht N002
wenige Leute, z.B. Künstler, herum, die nichts sehqn als Mängel N003
und Düsternis, die aber keinen Sinn für die große gesellschaft- N004
liche Wandlung haben." Was für eine Einstellung zur Kritik! was N005
für ein Mißverstehen der Haltung unserer Künstler! wieder, was N006
für ein Defaitismus gegenüber nur allzu berechtigter Kritik in N007
unserer Bevölkerung, die doch, ebenso wie die meisten Künstler, N008
positiv zu unserer Gesellschaft stehen! -

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Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/791>, abgerufen am 22.11.2024.