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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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als folgerichtig von dem Manne, der schon seinen Hund so artig be¬
handelte -- aber eben dieses Letztere? -- In diesem Augenblicke
hatte die Claque des Newsboys gesiegt, und Mr. Blackely erklärte sich
bereit, indem er das zugeworfene Spielhonorar mittelst Besen einsam¬
meln ließ, seine bewunderte Sterbescene zu wiederholen. Das war
mehr, als Moorfeld an einem schwülen Sommerabend für wünschens¬
werth hielt. Er griff nach seinem Hute; der Engländer wiederholte
sein Anerbieten, ihn vorzustellen -- ja, gleich morgen ihn abzuholen.
Moorfeld, zwischen dem Wunsche, den vielgenannten Kunstmäcen, Mr.
Bennet, endlich kennen zu lernen, und dem Bedenken gegen die vor¬
liegende Gelegenheit, besann sich auf einen aufschiebenden Mittelweg,
worauf die Herren ihre Karten austauschten, sich wechselweise einladend.
Mit Ueberraschung las Moorfeld auf der Karte des Fremden den Na¬
men: Lord Arthur Ormond. Da geschah ein Krach durch das Haus
-- es war die Stimme Mr. Blackely's, der von Neuem zur Todes¬
verzweiflung ansetzte. Moorfeld ergriff die Flucht. --


Sechstes Kapitel.

Als Moorfeld unter den stillen Nachthimmel heraustrat, ward ihm
eine freundliche Ueberraschung. Deutsche Handwerker zogen am Hause
vorbei und sangen eines ihrer schönen Heimathslieder. Das Lied be¬
wegte sich von den wohlklingenden Männerstimmen getragen in weni¬
gen glücklich gruppirten Accorden, es stieg wie reine Goldstrahlen aus
dem Herzen. Moorfeld stand und lauschte. Es war ihm wie die
Berührung einer Freundeshand, nach dem Anfall eines Straßenräubers.
Nie hatte ein Lied eine glücklichere Wirkung. Wie hob sich deutsches
Maß von amerikanischer Graßheit hier so sonnenhell ab! Die Sänger
woben ihrer Nation ein Ehrenkleid, von dem sie selbst nichts ahnten.

Moorfeld folgte ihnen durch mehrere Straßen. Es that zu wohl,
von diesen Klangwellen sich so fort spülen zu lassen. Und als erst

D. B.Vll. Der Amerika-Müde. 7

als folgerichtig von dem Manne, der ſchon ſeinen Hund ſo artig be¬
handelte — aber eben dieſes Letztere? — In dieſem Augenblicke
hatte die Claque des Newsboys geſiegt, und Mr. Blackely erklärte ſich
bereit, indem er das zugeworfene Spielhonorar mittelſt Beſen einſam¬
meln ließ, ſeine bewunderte Sterbeſcene zu wiederholen. Das war
mehr, als Moorfeld an einem ſchwülen Sommerabend für wünſchens¬
werth hielt. Er griff nach ſeinem Hute; der Engländer wiederholte
ſein Anerbieten, ihn vorzuſtellen — ja, gleich morgen ihn abzuholen.
Moorfeld, zwiſchen dem Wunſche, den vielgenannten Kunſtmäcen, Mr.
Bennet, endlich kennen zu lernen, und dem Bedenken gegen die vor¬
liegende Gelegenheit, beſann ſich auf einen aufſchiebenden Mittelweg,
worauf die Herren ihre Karten austauſchten, ſich wechſelweiſe einladend.
Mit Ueberraſchung las Moorfeld auf der Karte des Fremden den Na¬
men: Lord Arthur Ormond. Da geſchah ein Krach durch das Haus
— es war die Stimme Mr. Blackely's, der von Neuem zur Todes¬
verzweiflung anſetzte. Moorfeld ergriff die Flucht. —


Sechstes Kapitel.

Als Moorfeld unter den ſtillen Nachthimmel heraustrat, ward ihm
eine freundliche Ueberraſchung. Deutſche Handwerker zogen am Hauſe
vorbei und ſangen eines ihrer ſchönen Heimathslieder. Das Lied be¬
wegte ſich von den wohlklingenden Männerſtimmen getragen in weni¬
gen glücklich gruppirten Accorden, es ſtieg wie reine Goldſtrahlen aus
dem Herzen. Moorfeld ſtand und lauſchte. Es war ihm wie die
Berührung einer Freundeshand, nach dem Anfall eines Straßenräubers.
Nie hatte ein Lied eine glücklichere Wirkung. Wie hob ſich deutſches
Maß von amerikaniſcher Graßheit hier ſo ſonnenhell ab! Die Sänger
woben ihrer Nation ein Ehrenkleid, von dem ſie ſelbſt nichts ahnten.

Moorfeld folgte ihnen durch mehrere Straßen. Es that zu wohl,
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D. B.Vll. Der Amerika-Müde. 7
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[97/0115] als folgerichtig von dem Manne, der ſchon ſeinen Hund ſo artig be¬ handelte — aber eben dieſes Letztere? — In dieſem Augenblicke hatte die Claque des Newsboys geſiegt, und Mr. Blackely erklärte ſich bereit, indem er das zugeworfene Spielhonorar mittelſt Beſen einſam¬ meln ließ, ſeine bewunderte Sterbeſcene zu wiederholen. Das war mehr, als Moorfeld an einem ſchwülen Sommerabend für wünſchens¬ werth hielt. Er griff nach ſeinem Hute; der Engländer wiederholte ſein Anerbieten, ihn vorzuſtellen — ja, gleich morgen ihn abzuholen. Moorfeld, zwiſchen dem Wunſche, den vielgenannten Kunſtmäcen, Mr. Bennet, endlich kennen zu lernen, und dem Bedenken gegen die vor¬ liegende Gelegenheit, beſann ſich auf einen aufſchiebenden Mittelweg, worauf die Herren ihre Karten austauſchten, ſich wechſelweiſe einladend. Mit Ueberraſchung las Moorfeld auf der Karte des Fremden den Na¬ men: Lord Arthur Ormond. Da geſchah ein Krach durch das Haus — es war die Stimme Mr. Blackely's, der von Neuem zur Todes¬ verzweiflung anſetzte. Moorfeld ergriff die Flucht. — Sechstes Kapitel. Als Moorfeld unter den ſtillen Nachthimmel heraustrat, ward ihm eine freundliche Ueberraſchung. Deutſche Handwerker zogen am Hauſe vorbei und ſangen eines ihrer ſchönen Heimathslieder. Das Lied be¬ wegte ſich von den wohlklingenden Männerſtimmen getragen in weni¬ gen glücklich gruppirten Accorden, es ſtieg wie reine Goldſtrahlen aus dem Herzen. Moorfeld ſtand und lauſchte. Es war ihm wie die Berührung einer Freundeshand, nach dem Anfall eines Straßenräubers. Nie hatte ein Lied eine glücklichere Wirkung. Wie hob ſich deutſches Maß von amerikaniſcher Graßheit hier ſo ſonnenhell ab! Die Sänger woben ihrer Nation ein Ehrenkleid, von dem ſie ſelbſt nichts ahnten. Moorfeld folgte ihnen durch mehrere Straßen. Es that zu wohl, von dieſen Klangwellen ſich ſo fort ſpülen zu laſſen. Und als erſt D. B.Vll. Der Amerika-Müde. 7

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/115>, abgerufen am 24.11.2024.