Vorbedingung des Lebens erst in Lebensglück verwandeln muß. Und wahrlich, an diese Kraft dachte ich auch bei meinem Anerbieten. Ich bin der Krämer, der einem Shakespeare ein Buch Papier überreicht mit den Worten: hier, mein Herr, haben Sie die Unsterblichkeit, -- sie thut sechs Pfennige. Der Werth meines Materials und der Werth Ihrer Arbeit liegt lächerlich weit aus einander. Ja, ob ich Ihnen selbst diese sechs Pfennige schenke, ist noch die Frage. Ich schenke sie aber nicht, sondern ich lege sie auf furchtbaren Wucher. Sie wissen besser als ich, daß ein Mensch hier viel, ein Grundstück wenig Preis hat. Um einen Kopf mehr gedacht, um eine Hand mehr gerührt auf meinem Farm, erhöht seine Rente. Ich treibe Agiotage mit meiner Gastfreundschaft. Kurz, es ist hier von einem Compagnie-Geschäfte die Rede; ich schieße das Geld dazu her und Sie ein Capital, das Geldes werth ist. Ich bin Poet und ein schlechter Wirthschafter. Eine Strophe kann mich am Erntetag gründlicher beschäftigen als die ganze Ernte. Ein paar Kälber verkauf' ich vielleicht zum günstigsten Preis nicht, weil mir die Zeichnung ihrer Haut gefällt. Fragen Sie nicht, ob ein solcher Wirth die praktische Vernunft zu Gaste bitten darf. Mein Einfall, Grund zu besitzen, konnte überhaupt nur auf der Hoffnung ruhen, daß das Glück seine Ausführung übernimmt. Besitzer von Gütern zu sein, ist ein Talent, so gut, als Besitzer von Ideen zu sein. Mir fehlt jenes Talent. Will ich Grund besitzen, so ist es mein Vortheil, den Vortheil Anderer daran zu knüpfen. Ich muß mich mit meiner Erde durch Procuration vermählen lassen.
Moorfeld hatte sich in eine Ueberzeugung gesprochen, die ihn des Sieges gewiß machte. Jetzt zog er sich wohlweislich auf sein Ziel, gleichsam wie auf eine Rückzugslinie, zurück, und sagte mit jener Mäßigung, die der Abschluß einer Sache ist: Ich gebe Ihnen gerne zu, daß Sie für den Augenblick noch kein klares Bild von dem Verhältnisse haben. Ich verlange daher auch Ihr klares unumwun¬ denes Wort nicht. Es genügt mir schon, daß wir uns in der Vor¬ frage orientirt haben. Auch ist meine Stimme nicht die einzige Po¬ tenz für Ihre Entschließung. Mit aller Ehrfurcht erkenne ich höhere Potenzen. Der nächste Stand der Dinge bleibt daher, wie er ist. Sie behalten Mr. Mockingbird's Schule; ich gehe meinem Projecte nach auf eigene Hand und Gefahr. Ich reise nach Ohio. Ich sehe
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Vorbedingung des Lebens erſt in Lebensglück verwandeln muß. Und wahrlich, an dieſe Kraft dachte ich auch bei meinem Anerbieten. Ich bin der Krämer, der einem Shakespeare ein Buch Papier überreicht mit den Worten: hier, mein Herr, haben Sie die Unſterblichkeit, — ſie thut ſechs Pfennige. Der Werth meines Materials und der Werth Ihrer Arbeit liegt lächerlich weit aus einander. Ja, ob ich Ihnen ſelbſt dieſe ſechs Pfennige ſchenke, iſt noch die Frage. Ich ſchenke ſie aber nicht, ſondern ich lege ſie auf furchtbaren Wucher. Sie wiſſen beſſer als ich, daß ein Menſch hier viel, ein Grundſtück wenig Preis hat. Um einen Kopf mehr gedacht, um eine Hand mehr gerührt auf meinem Farm, erhöht ſeine Rente. Ich treibe Agiotage mit meiner Gaſtfreundſchaft. Kurz, es iſt hier von einem Compagnie-Geſchäfte die Rede; ich ſchieße das Geld dazu her und Sie ein Capital, das Geldes werth iſt. Ich bin Poet und ein ſchlechter Wirthſchafter. Eine Strophe kann mich am Erntetag gründlicher beſchäftigen als die ganze Ernte. Ein paar Kälber verkauf' ich vielleicht zum günſtigſten Preis nicht, weil mir die Zeichnung ihrer Haut gefällt. Fragen Sie nicht, ob ein ſolcher Wirth die praktiſche Vernunft zu Gaſte bitten darf. Mein Einfall, Grund zu beſitzen, konnte überhaupt nur auf der Hoffnung ruhen, daß das Glück ſeine Ausführung übernimmt. Beſitzer von Gütern zu ſein, iſt ein Talent, ſo gut, als Beſitzer von Ideen zu ſein. Mir fehlt jenes Talent. Will ich Grund beſitzen, ſo iſt es mein Vortheil, den Vortheil Anderer daran zu knüpfen. Ich muß mich mit meiner Erde durch Procuration vermählen laſſen.
Moorfeld hatte ſich in eine Ueberzeugung geſprochen, die ihn des Sieges gewiß machte. Jetzt zog er ſich wohlweislich auf ſein Ziel, gleichſam wie auf eine Rückzugslinie, zurück, und ſagte mit jener Mäßigung, die der Abſchluß einer Sache iſt: Ich gebe Ihnen gerne zu, daß Sie für den Augenblick noch kein klares Bild von dem Verhältniſſe haben. Ich verlange daher auch Ihr klares unumwun¬ denes Wort nicht. Es genügt mir ſchon, daß wir uns in der Vor¬ frage orientirt haben. Auch iſt meine Stimme nicht die einzige Po¬ tenz für Ihre Entſchließung. Mit aller Ehrfurcht erkenne ich höhere Potenzen. Der nächſte Stand der Dinge bleibt daher, wie er iſt. Sie behalten Mr. Mockingbird's Schule; ich gehe meinem Projecte nach auf eigene Hand und Gefahr. Ich reiſe nach Ohio. Ich ſehe
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Vorbedingung des Lebens erſt in Lebensglück verwandeln muß. Und
wahrlich, an dieſe Kraft dachte ich auch bei meinem Anerbieten. Ich
bin der Krämer, der einem Shakespeare ein Buch Papier überreicht mit
den Worten: hier, mein Herr, haben Sie die Unſterblichkeit, — ſie
thut ſechs Pfennige. Der Werth meines Materials und der Werth
Ihrer Arbeit liegt lächerlich weit aus einander. Ja, ob ich Ihnen
ſelbſt dieſe ſechs Pfennige ſchenke, iſt noch die Frage. Ich ſchenke ſie
aber nicht, ſondern ich lege ſie auf furchtbaren Wucher. Sie wiſſen
beſſer als ich, daß ein Menſch hier viel, ein Grundſtück wenig Preis
hat. Um einen Kopf mehr gedacht, um eine Hand mehr gerührt auf
meinem Farm, erhöht ſeine Rente. Ich treibe Agiotage mit meiner
Gaſtfreundſchaft. Kurz, es iſt hier von einem Compagnie-Geſchäfte
die Rede; ich ſchieße das Geld dazu her und Sie ein Capital, das
Geldes werth iſt. Ich bin Poet und ein ſchlechter Wirthſchafter.
Eine Strophe kann mich am Erntetag gründlicher beſchäftigen als die
ganze Ernte. Ein paar Kälber verkauf' ich vielleicht zum günſtigſten
Preis nicht, weil mir die Zeichnung ihrer Haut gefällt. Fragen Sie
nicht, ob ein ſolcher Wirth die praktiſche Vernunft zu Gaſte bitten
darf. Mein Einfall, Grund zu beſitzen, konnte überhaupt nur auf
der Hoffnung ruhen, daß das Glück ſeine Ausführung übernimmt.
Beſitzer von Gütern zu ſein, iſt ein Talent, ſo gut, als Beſitzer von
Ideen zu ſein. Mir fehlt jenes Talent. Will ich Grund beſitzen, ſo
iſt es mein Vortheil, den Vortheil Anderer daran zu knüpfen. Ich
muß mich mit meiner Erde durch Procuration vermählen laſſen.
Moorfeld hatte ſich in eine Ueberzeugung geſprochen, die ihn des
Sieges gewiß machte. Jetzt zog er ſich wohlweislich auf ſein Ziel,
gleichſam wie auf eine Rückzugslinie, zurück, und ſagte mit jener
Mäßigung, die der Abſchluß einer Sache iſt: Ich gebe Ihnen
gerne zu, daß Sie für den Augenblick noch kein klares Bild von dem
Verhältniſſe haben. Ich verlange daher auch Ihr klares unumwun¬
denes Wort nicht. Es genügt mir ſchon, daß wir uns in der Vor¬
frage orientirt haben. Auch iſt meine Stimme nicht die einzige Po¬
tenz für Ihre Entſchließung. Mit aller Ehrfurcht erkenne ich höhere
Potenzen. Der nächſte Stand der Dinge bleibt daher, wie er iſt.
Sie behalten Mr. Mockingbird's Schule; ich gehe meinem Projecte
nach auf eigene Hand und Gefahr. Ich reiſe nach Ohio. Ich ſehe
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/181>, abgerufen am 24.11.2024.
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