Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

C. Merrets Anmerckungen über die Bücher NERI,
ist gereiniget worden: dann so wir das Glas/ welches in dem ersten
Stein ist und stecket/ verstehen/ so ist es/ nachdeme es heraus gebracht/
eben so wenig natürlich als ein Metall/ welches aus gedachten Steinen
extrahiret werde. Hierauff gebe ich zur Antwort/ daß das Glas nir-
gends auff solche Weis anzutreffen sey/ sondern nur Sand und Stei-
ne/ als welche die Glasmaterien sind.

Mit den Metallen hat es aber eine andere Beschaffenheit/ indeme
die Natur eine gewisse Art derselben in ihren Berg-Adern gewürcket/
ob sie wohl zuweiln aus solchen Berg-Adern/ Erden und Steinen/ als in
welchen die kleinesten metallischen Theile verborgen liegen/ vermittels
der starcken Feuers-Macht heraus geschmeltzet werden; iedoch mit die-
sem Unterscheid/ daß das Metall/ von der natürlichen Macht des Feu-
ers/ (als welche die gleichgenaturten Theil zusammen samlet/ und hinge-
gen die Ungleichen zerstreuet) nur hervor gebracht oder vielmehr nur ent-
decket worden; da sich doch die Sache mit dem Glas viel anderst verhält/
als welches durch Vermischung und Vereinigung der unterschiedlichen
saltzicht- und sandichten Theile bereitet wird.

Dieses will Fallopius, welches eine wunderliche Sache ist/ nicht
gestehen/ sagend/ es werde das Glas nicht aus der Aschen bereitet; noch
hinbey fügend/ daß zwar die Glasmacher/ die Aschen/ so von Alexan-
dria
kommet/ zum Glasmachen gebrauchen/ solche aber nehmen sie nur
an stat des Salpeters/ welcher schon vor Alters im Gebrauch gewesen
ist/ und zwar allein zu dem Ende/ damit das Glas aus denen metallischen
Steinen nur desto besser möge exrrahiret werden; derowegen darff man
nicht sagen/ daß die Aschen mit dem Metall darumb vermischet werde/
damit das Glas daraus werde; sondern darumb wird es dazu gethan/
damit das Glas desto leichter aus den kleinesten Theilen des Steins/ das
ist/ aus seinen eigenen Metall extrahiret werde.

Allein/ diese ungereimte Meinung kan leichtlich widerleget wer-
den: denn wann das Glas eintzig und allein aus dem Stein extrahiret
würde/ so würde alsdann das Glas-Metall am Gewicht viel leichter als
der Stein werden; nun befindet sich aber das Glas-Metall weit schwerer
als der Stein; denn es geben 100. Pfund Sand mehr als 150. Metall.
Uber dieses so ist das Saltz/ welches zur Composition des Glases ge-
nommen wird/ viel fixer/ als daß es könte durch das stärckste Feuer ge-
trennet werden: zu deme so kan man auch/ an den Fenstern (so aus Fran-
tzösischen Glas bereitet) auff der/ gegen der Lufft stehenden Seiten/ eini-

ges

C. Merrets Anmerckungen uͤber die Buͤcher NERI,
iſt gereiniget worden: dann ſo wir das Glas/ welches in dem erſten
Stein iſt und ſtecket/ verſtehen/ ſo iſt es/ nachdeme es heraus gebracht/
eben ſo wenig natuͤrlich als ein Metall/ welches aus gedachten Steinen
extrahiret werde. Hierauff gebe ich zur Antwort/ daß das Glas nir-
gends auff ſolche Weis anzutreffen ſey/ ſondern nur Sand und Stei-
ne/ als welche die Glasmaterien ſind.

Mit den Metallen hat es aber eine andere Beſchaffenheit/ indeme
die Natur eine gewiſſe Art derſelben in ihren Berg-Adern gewuͤrcket/
ob ſie wohl zuweiln aus ſolchen Berg-Adern/ Erden und Steinen/ als in
welchen die kleineſten metalliſchen Theile verborgen liegen/ vermittels
der ſtarcken Feuers-Macht heraus geſchmeltzet werden; iedoch mit die-
ſem Unterſcheid/ daß das Metall/ von der natuͤrlichen Macht des Feu-
ers/ (als welche die gleichgenaturten Theil zuſam̃en ſamlet/ und hinge-
gen die Ungleichen zerſtreuet) nur hervor gebracht oder vielmehr nur ent-
decket worden; da ſich doch die Sache mit dem Glas viel anderſt verhaͤlt/
als welches durch Vermiſchung und Vereinigung der unterſchiedlichen
ſaltzicht- und ſandichten Theile bereitet wird.

Dieſes will Fallopius, welches eine wunderliche Sache iſt/ nicht
geſtehen/ ſagend/ es werde das Glas nicht aus der Aſchen bereitet; noch
hinbey fuͤgend/ daß zwar die Glasmacher/ die Aſchen/ ſo von Alexan-
dria
kommet/ zum Glasmachen gebrauchen/ ſolche aber nehmen ſie nur
an ſtat des Salpeters/ welcher ſchon vor Alters im Gebrauch geweſen
iſt/ und zwar allein zu dem Ende/ damit das Glas aus denen metalliſchen
Steinen nur deſto beſſer moͤge exrrahiret werden; derowegen darff man
nicht ſagen/ daß die Aſchen mit dem Metall darumb vermiſchet werde/
damit das Glas daraus werde; ſondern darumb wird es dazu gethan/
damit das Glas deſto leichter aus den kleineſten Theilen des Steins/ das
iſt/ aus ſeinen eigenen Metall extrahiret werde.

Allein/ dieſe ungereimte Meinung kan leichtlich widerleget wer-
den: denn wann das Glas eintzig und allein aus dem Stein extrahiret
wuͤrde/ ſo wuͤrde alsdann das Glas-Metall am Gewicht viel leichter als
der Stein werdẽ; nun befindet ſich aber das Glas-Metall weit ſchwerer
als der Stein; denn es geben 100. Pfund Sand mehr als 150. Metall.
Uber dieſes ſo iſt das Saltz/ welches zur Compoſition des Glaſes ge-
nommen wird/ viel fixer/ als daß es koͤnte durch das ſtaͤrckſte Feuer ge-
trennet werden: zu deme ſo kan man auch/ an den Fenſtern (ſo aus Fran-
tzoͤſiſchen Glas bereitet) auff der/ gegen der Lufft ſtehenden Seiten/ eini-

ges
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0262" n="218"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">C. Merrets Anmerckungen u&#x0364;ber die Bu&#x0364;cher <hi rendition="#aq">NERI,</hi></hi></fw><lb/>
i&#x017F;t gereiniget worden: dann &#x017F;o wir das Glas/ welches in dem er&#x017F;ten<lb/>
Stein i&#x017F;t und &#x017F;tecket/ ver&#x017F;tehen/ &#x017F;o i&#x017F;t es/ nachdeme es heraus gebracht/<lb/>
eben &#x017F;o wenig natu&#x0364;rlich als ein Metall/ welches aus gedachten Steinen<lb/><hi rendition="#aq">extrahi</hi>ret werde. Hierauff gebe ich zur Antwort/ daß das Glas nir-<lb/>
gends auff &#x017F;olche Weis anzutreffen &#x017F;ey/ &#x017F;ondern nur Sand und Stei-<lb/>
ne/ als welche die Glasmaterien &#x017F;ind.</p><lb/>
              <p>Mit den Metallen hat es aber eine andere Be&#x017F;chaffenheit/ indeme<lb/>
die Natur eine gewi&#x017F;&#x017F;e Art der&#x017F;elben in ihren Berg-Adern gewu&#x0364;rcket/<lb/>
ob &#x017F;ie wohl zuweiln aus &#x017F;olchen Berg-Adern/ Erden und Steinen/ als in<lb/>
welchen die kleine&#x017F;ten metalli&#x017F;chen Theile verborgen liegen/ vermittels<lb/>
der &#x017F;tarcken Feuers-Macht heraus ge&#x017F;chmeltzet werden; iedoch mit die-<lb/>
&#x017F;em Unter&#x017F;cheid/ daß das Metall/ von der natu&#x0364;rlichen Macht des Feu-<lb/>
ers/ (als welche die gleichgenaturten Theil zu&#x017F;am&#x0303;en &#x017F;amlet/ und hinge-<lb/>
gen die Ungleichen zer&#x017F;treuet) nur hervor gebracht oder vielmehr nur ent-<lb/>
decket worden; da &#x017F;ich doch die Sache mit dem Glas viel ander&#x017F;t verha&#x0364;lt/<lb/>
als welches durch Vermi&#x017F;chung und Vereinigung der unter&#x017F;chiedlichen<lb/>
&#x017F;altzicht- und &#x017F;andichten Theile bereitet wird.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;es will <hi rendition="#aq">Fallopius,</hi> welches eine wunderliche Sache i&#x017F;t/ nicht<lb/>
ge&#x017F;tehen/ &#x017F;agend/ es werde das Glas nicht aus der A&#x017F;chen bereitet; noch<lb/>
hinbey fu&#x0364;gend/ daß zwar die Glasmacher/ die A&#x017F;chen/ &#x017F;o von <hi rendition="#aq">Alexan-<lb/>
dria</hi> kommet/ zum Glasmachen gebrauchen/ &#x017F;olche aber nehmen &#x017F;ie nur<lb/>
an &#x017F;tat des Salpeters/ welcher &#x017F;chon vor Alters im Gebrauch gewe&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t/ und zwar allein zu dem Ende/ damit das Glas aus denen metalli&#x017F;chen<lb/>
Steinen nur de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er mo&#x0364;ge <hi rendition="#aq">exrrahi</hi>ret werden; derowegen darff man<lb/>
nicht &#x017F;agen/ daß die A&#x017F;chen mit dem Metall darumb vermi&#x017F;chet werde/<lb/>
damit das Glas daraus werde; &#x017F;ondern darumb wird es dazu gethan/<lb/>
damit das Glas de&#x017F;to leichter aus den kleine&#x017F;ten Theilen des Steins/ das<lb/>
i&#x017F;t/ aus &#x017F;einen eigenen Metall <hi rendition="#aq">extrahi</hi>ret werde.</p><lb/>
              <p>Allein/ die&#x017F;e ungereimte Meinung kan leichtlich widerleget wer-<lb/>
den: denn wann das Glas eintzig und allein aus dem Stein <hi rendition="#aq">extrahi</hi>ret<lb/>
wu&#x0364;rde/ &#x017F;o wu&#x0364;rde alsdann das Glas-Metall am Gewicht viel leichter als<lb/>
der Stein werde&#x0303;; nun befindet &#x017F;ich aber das Glas-Metall weit &#x017F;chwerer<lb/>
als der Stein; denn es geben 100. Pfund Sand mehr als 150. Metall.<lb/>
Uber die&#x017F;es &#x017F;o i&#x017F;t das Saltz/ welches zur <hi rendition="#aq">Compo&#x017F;ition</hi> des Gla&#x017F;es ge-<lb/>
nommen wird/ viel fixer/ als daß es ko&#x0364;nte durch das &#x017F;ta&#x0364;rck&#x017F;te Feuer ge-<lb/>
trennet werden: zu deme &#x017F;o kan man auch/ an den Fen&#x017F;tern (&#x017F;o aus Fran-<lb/>
tzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Glas bereitet) auff der/ gegen der Lufft &#x017F;tehenden Seiten/ eini-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ges</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0262] C. Merrets Anmerckungen uͤber die Buͤcher NERI, iſt gereiniget worden: dann ſo wir das Glas/ welches in dem erſten Stein iſt und ſtecket/ verſtehen/ ſo iſt es/ nachdeme es heraus gebracht/ eben ſo wenig natuͤrlich als ein Metall/ welches aus gedachten Steinen extrahiret werde. Hierauff gebe ich zur Antwort/ daß das Glas nir- gends auff ſolche Weis anzutreffen ſey/ ſondern nur Sand und Stei- ne/ als welche die Glasmaterien ſind. Mit den Metallen hat es aber eine andere Beſchaffenheit/ indeme die Natur eine gewiſſe Art derſelben in ihren Berg-Adern gewuͤrcket/ ob ſie wohl zuweiln aus ſolchen Berg-Adern/ Erden und Steinen/ als in welchen die kleineſten metalliſchen Theile verborgen liegen/ vermittels der ſtarcken Feuers-Macht heraus geſchmeltzet werden; iedoch mit die- ſem Unterſcheid/ daß das Metall/ von der natuͤrlichen Macht des Feu- ers/ (als welche die gleichgenaturten Theil zuſam̃en ſamlet/ und hinge- gen die Ungleichen zerſtreuet) nur hervor gebracht oder vielmehr nur ent- decket worden; da ſich doch die Sache mit dem Glas viel anderſt verhaͤlt/ als welches durch Vermiſchung und Vereinigung der unterſchiedlichen ſaltzicht- und ſandichten Theile bereitet wird. Dieſes will Fallopius, welches eine wunderliche Sache iſt/ nicht geſtehen/ ſagend/ es werde das Glas nicht aus der Aſchen bereitet; noch hinbey fuͤgend/ daß zwar die Glasmacher/ die Aſchen/ ſo von Alexan- dria kommet/ zum Glasmachen gebrauchen/ ſolche aber nehmen ſie nur an ſtat des Salpeters/ welcher ſchon vor Alters im Gebrauch geweſen iſt/ und zwar allein zu dem Ende/ damit das Glas aus denen metalliſchen Steinen nur deſto beſſer moͤge exrrahiret werden; derowegen darff man nicht ſagen/ daß die Aſchen mit dem Metall darumb vermiſchet werde/ damit das Glas daraus werde; ſondern darumb wird es dazu gethan/ damit das Glas deſto leichter aus den kleineſten Theilen des Steins/ das iſt/ aus ſeinen eigenen Metall extrahiret werde. Allein/ dieſe ungereimte Meinung kan leichtlich widerleget wer- den: denn wann das Glas eintzig und allein aus dem Stein extrahiret wuͤrde/ ſo wuͤrde alsdann das Glas-Metall am Gewicht viel leichter als der Stein werdẽ; nun befindet ſich aber das Glas-Metall weit ſchwerer als der Stein; denn es geben 100. Pfund Sand mehr als 150. Metall. Uber dieſes ſo iſt das Saltz/ welches zur Compoſition des Glaſes ge- nommen wird/ viel fixer/ als daß es koͤnte durch das ſtaͤrckſte Feuer ge- trennet werden: zu deme ſo kan man auch/ an den Fenſtern (ſo aus Fran- tzoͤſiſchen Glas bereitet) auff der/ gegen der Lufft ſtehenden Seiten/ eini- ges

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/262
Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/262>, abgerufen am 24.11.2024.