der Herr Pfarrer zum Herrn Amtmann geschickt. Der hat aber gleich gesagt, da werde es etwas setzen, denn der Küfer sei zwar in seinem Handwerk fleißig und kein übler Haushälter, aber sonst ein eigen¬ sinniger hartnäckiger Gesell. Es ging auch so, wie der Herr Amt¬ mann gesagt hatte, denn obwohl man mich zweimal zu ihm schickte, denn ich muß eben Alles ausrichten, weil der Herr Amtmann den Amtsknecht fast ganz ins Haus braucht als seinen Leibdiener, so kam er doch nicht, so daß ich ihn zuletzt mit zwei Männern hab' holen müssen. Das hat er aber wohlweislich vorausgesehen und sich ins Sternwirths Keller etwas zu schaffen gemacht, damit ihm der Spek¬ takel nicht in seinem Haus über den Hals käm'.
Und darum ist er in Thurn kommen? wiederholte der Müllerknecht.
Nein, er hat dann böse Reden geführt, denn so still er sonst sein mag, so hat er vor Convent das Maul weit aufgethan. Wie man ihm fürgehalten hat, warum er ungehorsam gewesen sei, hat er ge¬ sagt, er habe vor dem Kirchenconvent nichts zu schaffen, es sei ihm solches ein Schimpf, sein Weib hab' die Schläg' nöthig, der vorige Pfarrer und Amtmann haben ihm selber gesagt, er solle sie nur schlagen, wenn sie's brauche. Wenn ihn der Herr Amtmann für sich citire zum weltlichen Amt, so komme er und man brauche ihm nicht mit dem Holzschlägel zu winken, aber auf kirchenconventliche Citation komme er nicht, sonderlich wenn man ihm den Büttel schicke -- da¬ mit hatte er mich gemeint; -- man solle ihm ein geschworen Weib schicken oder die Hebamme, das seien des Pfarrers seine Amtsboten.
Alles lachte zusammen.
Zuletzt ist's dann vollends faustdick kommen, fuhr der Schütz fort. Da hat er sich vernehmen lassen, es geh' hier viel Unordnung vor, so nicht gestraft werd', der Pfarrer melier' sich mit hiesigen Weibern, die Leute reden ihm viel nach. Ich hab' vor der Thür nicht Alles verstanden, denn vorher hat er ein wenig geschrieen, das Schärfst' aber hat er nicht mehr so laut gesagt, er wird gedacht haben, es schalle auch so noch deutlich in die Ohren. Den Herr Pfarrer aber hat man nachher verstehen können, der hat ihn angeschrauen, er sei ein lüderlicher Gesell, was er denn von ihm sagen könne? und man müsse die Sache an's löbliche Oberamt nach Göppingen berichten. Der Herr Amtmann aber hat ihn einstweilen in Thurn sperren lassen.
der Herr Pfarrer zum Herrn Amtmann geſchickt. Der hat aber gleich geſagt, da werde es etwas ſetzen, denn der Küfer ſei zwar in ſeinem Handwerk fleißig und kein übler Haushälter, aber ſonſt ein eigen¬ ſinniger hartnäckiger Geſell. Es ging auch ſo, wie der Herr Amt¬ mann geſagt hatte, denn obwohl man mich zweimal zu ihm ſchickte, denn ich muß eben Alles ausrichten, weil der Herr Amtmann den Amtsknecht faſt ganz ins Haus braucht als ſeinen Leibdiener, ſo kam er doch nicht, ſo daß ich ihn zuletzt mit zwei Männern hab' holen müſſen. Das hat er aber wohlweislich vorausgeſehen und ſich ins Sternwirths Keller etwas zu ſchaffen gemacht, damit ihm der Spek¬ takel nicht in ſeinem Haus über den Hals käm'.
Und darum iſt er in Thurn kommen? wiederholte der Müllerknecht.
Nein, er hat dann böſe Reden geführt, denn ſo ſtill er ſonſt ſein mag, ſo hat er vor Convent das Maul weit aufgethan. Wie man ihm fürgehalten hat, warum er ungehorſam geweſen ſei, hat er ge¬ ſagt, er habe vor dem Kirchenconvent nichts zu ſchaffen, es ſei ihm ſolches ein Schimpf, ſein Weib hab' die Schläg' nöthig, der vorige Pfarrer und Amtmann haben ihm ſelber geſagt, er ſolle ſie nur ſchlagen, wenn ſie's brauche. Wenn ihn der Herr Amtmann für ſich citire zum weltlichen Amt, ſo komme er und man brauche ihm nicht mit dem Holzſchlägel zu winken, aber auf kirchenconventliche Citation komme er nicht, ſonderlich wenn man ihm den Büttel ſchicke — da¬ mit hatte er mich gemeint; — man ſolle ihm ein geſchworen Weib ſchicken oder die Hebamme, das ſeien des Pfarrers ſeine Amtsboten.
Alles lachte zuſammen.
Zuletzt iſt's dann vollends fauſtdick kommen, fuhr der Schütz fort. Da hat er ſich vernehmen laſſen, es geh' hier viel Unordnung vor, ſo nicht geſtraft werd', der Pfarrer melier' ſich mit hieſigen Weibern, die Leute reden ihm viel nach. Ich hab' vor der Thür nicht Alles verſtanden, denn vorher hat er ein wenig geſchrieen, das Schärfſt' aber hat er nicht mehr ſo laut geſagt, er wird gedacht haben, es ſchalle auch ſo noch deutlich in die Ohren. Den Herr Pfarrer aber hat man nachher verſtehen können, der hat ihn angeſchrauen, er ſei ein lüderlicher Geſell, was er denn von ihm ſagen könne? und man müſſe die Sache an's löbliche Oberamt nach Göppingen berichten. Der Herr Amtmann aber hat ihn einſtweilen in Thurn ſperren laſſen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0112"n="96"/>
der Herr Pfarrer zum Herrn Amtmann geſchickt. Der hat aber gleich<lb/>
geſagt, da werde es etwas ſetzen, denn der Küfer ſei zwar in ſeinem<lb/>
Handwerk fleißig und kein übler Haushälter, aber ſonſt ein eigen¬<lb/>ſinniger hartnäckiger Geſell. Es ging auch ſo, wie der Herr Amt¬<lb/>
mann geſagt hatte, denn obwohl man mich zweimal zu ihm ſchickte,<lb/>
denn ich muß eben Alles ausrichten, weil der Herr Amtmann den<lb/>
Amtsknecht faſt ganz ins Haus braucht als ſeinen Leibdiener, ſo kam<lb/>
er doch nicht, ſo daß ich ihn zuletzt mit zwei Männern hab' holen<lb/>
müſſen. Das hat er aber wohlweislich vorausgeſehen und ſich ins<lb/>
Sternwirths Keller etwas zu ſchaffen gemacht, damit ihm der Spek¬<lb/>
takel nicht in ſeinem Haus über den Hals käm'.</p><lb/><p>Und darum iſt er in Thurn kommen? wiederholte der Müllerknecht.</p><lb/><p>Nein, er hat dann böſe Reden geführt, denn ſo ſtill er ſonſt ſein<lb/>
mag, ſo hat er vor Convent das Maul weit aufgethan. Wie man<lb/>
ihm fürgehalten hat, warum er ungehorſam geweſen ſei, hat er ge¬<lb/>ſagt, er habe vor dem Kirchenconvent nichts zu ſchaffen, es ſei ihm<lb/>ſolches ein Schimpf, ſein Weib hab' die Schläg' nöthig, der vorige<lb/>
Pfarrer und Amtmann haben ihm ſelber geſagt, er ſolle ſie nur<lb/>ſchlagen, wenn ſie's brauche. Wenn ihn der Herr Amtmann für ſich<lb/>
citire zum weltlichen Amt, ſo komme er und man brauche ihm nicht<lb/>
mit dem Holzſchlägel zu winken, aber auf kirchenconventliche Citation<lb/>
komme er nicht, ſonderlich wenn man ihm den Büttel ſchicke — da¬<lb/>
mit hatte er mich gemeint; — man ſolle ihm ein geſchworen Weib<lb/>ſchicken oder die Hebamme, das ſeien des Pfarrers ſeine Amtsboten.</p><lb/><p>Alles lachte zuſammen.</p><lb/><p>Zuletzt iſt's dann vollends fauſtdick kommen, fuhr der Schütz fort.<lb/>
Da hat er ſich vernehmen laſſen, es geh' hier viel Unordnung vor,<lb/>ſo nicht geſtraft werd', der Pfarrer melier' ſich mit hieſigen Weibern,<lb/>
die Leute reden ihm viel nach. Ich hab' vor der Thür nicht Alles<lb/>
verſtanden, denn vorher hat er ein wenig geſchrieen, das Schärfſt'<lb/>
aber hat er nicht mehr ſo laut geſagt, er wird gedacht haben, es<lb/>ſchalle auch ſo noch deutlich in die Ohren. Den Herr Pfarrer aber<lb/>
hat man nachher verſtehen können, der hat ihn angeſchrauen, er ſei<lb/>
ein lüderlicher Geſell, was er denn von ihm ſagen könne? und man<lb/>
müſſe die Sache an's löbliche Oberamt nach Göppingen berichten. Der<lb/>
Herr Amtmann aber hat ihn einſtweilen in Thurn ſperren laſſen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[96/0112]
der Herr Pfarrer zum Herrn Amtmann geſchickt. Der hat aber gleich
geſagt, da werde es etwas ſetzen, denn der Küfer ſei zwar in ſeinem
Handwerk fleißig und kein übler Haushälter, aber ſonſt ein eigen¬
ſinniger hartnäckiger Geſell. Es ging auch ſo, wie der Herr Amt¬
mann geſagt hatte, denn obwohl man mich zweimal zu ihm ſchickte,
denn ich muß eben Alles ausrichten, weil der Herr Amtmann den
Amtsknecht faſt ganz ins Haus braucht als ſeinen Leibdiener, ſo kam
er doch nicht, ſo daß ich ihn zuletzt mit zwei Männern hab' holen
müſſen. Das hat er aber wohlweislich vorausgeſehen und ſich ins
Sternwirths Keller etwas zu ſchaffen gemacht, damit ihm der Spek¬
takel nicht in ſeinem Haus über den Hals käm'.
Und darum iſt er in Thurn kommen? wiederholte der Müllerknecht.
Nein, er hat dann böſe Reden geführt, denn ſo ſtill er ſonſt ſein
mag, ſo hat er vor Convent das Maul weit aufgethan. Wie man
ihm fürgehalten hat, warum er ungehorſam geweſen ſei, hat er ge¬
ſagt, er habe vor dem Kirchenconvent nichts zu ſchaffen, es ſei ihm
ſolches ein Schimpf, ſein Weib hab' die Schläg' nöthig, der vorige
Pfarrer und Amtmann haben ihm ſelber geſagt, er ſolle ſie nur
ſchlagen, wenn ſie's brauche. Wenn ihn der Herr Amtmann für ſich
citire zum weltlichen Amt, ſo komme er und man brauche ihm nicht
mit dem Holzſchlägel zu winken, aber auf kirchenconventliche Citation
komme er nicht, ſonderlich wenn man ihm den Büttel ſchicke — da¬
mit hatte er mich gemeint; — man ſolle ihm ein geſchworen Weib
ſchicken oder die Hebamme, das ſeien des Pfarrers ſeine Amtsboten.
Alles lachte zuſammen.
Zuletzt iſt's dann vollends fauſtdick kommen, fuhr der Schütz fort.
Da hat er ſich vernehmen laſſen, es geh' hier viel Unordnung vor,
ſo nicht geſtraft werd', der Pfarrer melier' ſich mit hieſigen Weibern,
die Leute reden ihm viel nach. Ich hab' vor der Thür nicht Alles
verſtanden, denn vorher hat er ein wenig geſchrieen, das Schärfſt'
aber hat er nicht mehr ſo laut geſagt, er wird gedacht haben, es
ſchalle auch ſo noch deutlich in die Ohren. Den Herr Pfarrer aber
hat man nachher verſtehen können, der hat ihn angeſchrauen, er ſei
ein lüderlicher Geſell, was er denn von ihm ſagen könne? und man
müſſe die Sache an's löbliche Oberamt nach Göppingen berichten. Der
Herr Amtmann aber hat ihn einſtweilen in Thurn ſperren laſſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/112>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.