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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Maul drüber aufthut, so wird er noch gestraft. Die Herren glauben's
nicht oder thun wenigstens so, und man sagt, auch der Herzog hab's
nicht gern. Wer weiß, was dabei im Spiel ist, daß man dem Teufel
so den freien Lauf läßt. Vor Zeiten ist das anders gewesen.

Also wenn's nach Euch ging', sagte Friedrich, so müßt' man die
alten Weiber wieder schwemmen und an der Leiter aufziehen und ver¬
brennen. Saubere Zeiten sind das gewesen! Wenn ich irgend etwas
an der Obrigkeit lob', so ist es das, daß sie solchem dummen Ge¬
schwätz kein Gehör mehr gibt.

Was? schrieen die in der Gesellschaft anwesenden Bauern zusam¬
men: das soll dummes Geschwätz sein? Heißt's nicht in der Bibel:
"Die Zauberer und Greulichen sollt du mit Feuer verbrennen?" Und
das soll ein dummes Geschwätz sein? Soll's denn keinen Teufel mehr
geben? Wer das nicht glaubt, der glaubt auch nicht an die Ewigkeit
und glaubt nicht, daß es selige und verdammte Geister gibt.

Ich hab' wenigstens noch keinen gesehen, bemerkte Friedrich kalt.

Der glaubt gar nichts! rief Einer, und die Andern sahen den
Gegenstand dieses Verwerfungsurtheils mit einem gewissen Abscheu an.
Oder, sagte ein Anderer, ist er vielleicht --? Ich weiß nur nicht
wie ich's angreifen soll, denn man wird ja gleich gestraft, wenn man
seine Wort' nicht auf die Goldwag' legt.

Soll ich vielleicht selber ein Hexenmeister sein? lachte Friedrich.
Nur herzhaft 'raus mit der Farb'! Ich lauf' deswegen nicht so gleich
vor Kirchenconvent, ich bin nicht so empfindlich, auch hat man seiner
Lebtag keinen Esel einen Hexenmeister gescholten, denn dumme Leut'
kann der Teufel, scheint's, nicht brauchen.

Was die alte Hammelayin betrifft, sagte der Invalide, um das
Gespräch von dieser Klippe ab wieder in ruhigeres Fahrwasser zu lei¬
ten, so ist es gewiß und wahrhaftig, daß sie eine mächtige Raffel
unter der Nas' sitzen hat.

Ja, sagte ein Anderer, sie hat aber nicht bloß ein bös Maul,
sondern es ließ' sich sonst noch allerlei über sie sagen. Wißt ihr noch,
wie ihre ältere Tochter, die jetzt den Schneider hat, wie die mit
dem Diegelsberger hat Hochzeit gehabt? Die Hochzeit ist im Hecht an¬
gestellt worden, und der Bräutigam, dem's schon um acht Uhr weh
gewesen ist, Nachts um Zwölfe will er noch einen Tanz thun, --

Maul drüber aufthut, ſo wird er noch geſtraft. Die Herren glauben's
nicht oder thun wenigſtens ſo, und man ſagt, auch der Herzog hab's
nicht gern. Wer weiß, was dabei im Spiel iſt, daß man dem Teufel
ſo den freien Lauf läßt. Vor Zeiten iſt das anders geweſen.

Alſo wenn's nach Euch ging', ſagte Friedrich, ſo müßt' man die
alten Weiber wieder ſchwemmen und an der Leiter aufziehen und ver¬
brennen. Saubere Zeiten ſind das geweſen! Wenn ich irgend etwas
an der Obrigkeit lob', ſo iſt es das, daß ſie ſolchem dummen Ge¬
ſchwätz kein Gehör mehr gibt.

Was? ſchrieen die in der Geſellſchaft anweſenden Bauern zuſam¬
men: das ſoll dummes Geſchwätz ſein? Heißt's nicht in der Bibel:
„Die Zauberer und Greulichen ſollt du mit Feuer verbrennen?“ Und
das ſoll ein dummes Geſchwätz ſein? Soll's denn keinen Teufel mehr
geben? Wer das nicht glaubt, der glaubt auch nicht an die Ewigkeit
und glaubt nicht, daß es ſelige und verdammte Geiſter gibt.

Ich hab' wenigſtens noch keinen geſehen, bemerkte Friedrich kalt.

Der glaubt gar nichts! rief Einer, und die Andern ſahen den
Gegenſtand dieſes Verwerfungsurtheils mit einem gewiſſen Abſcheu an.
Oder, ſagte ein Anderer, iſt er vielleicht —? Ich weiß nur nicht
wie ich's angreifen ſoll, denn man wird ja gleich geſtraft, wenn man
ſeine Wort' nicht auf die Goldwag' legt.

Soll ich vielleicht ſelber ein Hexenmeiſter ſein? lachte Friedrich.
Nur herzhaft 'raus mit der Farb'! Ich lauf' deswegen nicht ſo gleich
vor Kirchenconvent, ich bin nicht ſo empfindlich, auch hat man ſeiner
Lebtag keinen Eſel einen Hexenmeiſter geſcholten, denn dumme Leut'
kann der Teufel, ſcheint's, nicht brauchen.

Was die alte Hammelayin betrifft, ſagte der Invalide, um das
Geſpräch von dieſer Klippe ab wieder in ruhigeres Fahrwaſſer zu lei¬
ten, ſo iſt es gewiß und wahrhaftig, daß ſie eine mächtige Raffel
unter der Naſ' ſitzen hat.

Ja, ſagte ein Anderer, ſie hat aber nicht bloß ein bös Maul,
ſondern es ließ' ſich ſonſt noch allerlei über ſie ſagen. Wißt ihr noch,
wie ihre ältere Tochter, die jetzt den Schneider hat, wie die mit
dem Diegelsberger hat Hochzeit gehabt? Die Hochzeit iſt im Hecht an¬
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[105/0121] Maul drüber aufthut, ſo wird er noch geſtraft. Die Herren glauben's nicht oder thun wenigſtens ſo, und man ſagt, auch der Herzog hab's nicht gern. Wer weiß, was dabei im Spiel iſt, daß man dem Teufel ſo den freien Lauf läßt. Vor Zeiten iſt das anders geweſen. Alſo wenn's nach Euch ging', ſagte Friedrich, ſo müßt' man die alten Weiber wieder ſchwemmen und an der Leiter aufziehen und ver¬ brennen. Saubere Zeiten ſind das geweſen! Wenn ich irgend etwas an der Obrigkeit lob', ſo iſt es das, daß ſie ſolchem dummen Ge¬ ſchwätz kein Gehör mehr gibt. Was? ſchrieen die in der Geſellſchaft anweſenden Bauern zuſam¬ men: das ſoll dummes Geſchwätz ſein? Heißt's nicht in der Bibel: „Die Zauberer und Greulichen ſollt du mit Feuer verbrennen?“ Und das ſoll ein dummes Geſchwätz ſein? Soll's denn keinen Teufel mehr geben? Wer das nicht glaubt, der glaubt auch nicht an die Ewigkeit und glaubt nicht, daß es ſelige und verdammte Geiſter gibt. Ich hab' wenigſtens noch keinen geſehen, bemerkte Friedrich kalt. Der glaubt gar nichts! rief Einer, und die Andern ſahen den Gegenſtand dieſes Verwerfungsurtheils mit einem gewiſſen Abſcheu an. Oder, ſagte ein Anderer, iſt er vielleicht —? Ich weiß nur nicht wie ich's angreifen ſoll, denn man wird ja gleich geſtraft, wenn man ſeine Wort' nicht auf die Goldwag' legt. Soll ich vielleicht ſelber ein Hexenmeiſter ſein? lachte Friedrich. Nur herzhaft 'raus mit der Farb'! Ich lauf' deswegen nicht ſo gleich vor Kirchenconvent, ich bin nicht ſo empfindlich, auch hat man ſeiner Lebtag keinen Eſel einen Hexenmeiſter geſcholten, denn dumme Leut' kann der Teufel, ſcheint's, nicht brauchen. Was die alte Hammelayin betrifft, ſagte der Invalide, um das Geſpräch von dieſer Klippe ab wieder in ruhigeres Fahrwaſſer zu lei¬ ten, ſo iſt es gewiß und wahrhaftig, daß ſie eine mächtige Raffel unter der Naſ' ſitzen hat. Ja, ſagte ein Anderer, ſie hat aber nicht bloß ein bös Maul, ſondern es ließ' ſich ſonſt noch allerlei über ſie ſagen. Wißt ihr noch, wie ihre ältere Tochter, die jetzt den Schneider hat, wie die mit dem Diegelsberger hat Hochzeit gehabt? Die Hochzeit iſt im Hecht an¬ geſtellt worden, und der Bräutigam, dem's ſchon um acht Uhr weh geweſen iſt, Nachts um Zwölfe will er noch einen Tanz thun, —

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/121>, abgerufen am 24.11.2024.