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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Ich möcht' nur wissen, mit was sie ihm's angethan hat! seufzte
die Chirurgin, die bisher seine Lieblingsschwester gewesen war.

Pah! lachte der Krämer, sie handelt mit kurzer Waar', und da
beißt so ein Unverstand gleich an.

Ja, sagte seine Frau, Schwarz ist auch eine Farb'.

Für den Liebhaber! fiel die Sonnenwirthin ein, die eben wieder
in die Stube getreten war. Der Geschmack verbirgt sich nicht. Es
heißt nicht umsonst: Sage mir, mit wem du umgehst, so will ich dir
sagen, wer du bist. Diese Liebschaft bringt's einmal recht an den
Tag. Da kann man wohl auch sagen: Hudel find't Lumpen, Hutsch
find't sein Hätsch.

Der Sonnenwirth, dem es bei all seinem eignen Verdrusse doch
durch die Seele schnitt, seine Frau in seiner Gegenwart so von seinem
Sohne reden zu hören, sagte unmuthig zu ihr: Das Zeugniß
muß ich dir geben, daß du mir da ein schönes Zugemüs' angerichtet
hast. Hättest's nicht besser anbringen können, als just überm Essen.
Wem du den Neujahrsschmaus bereitest, von dem darfst nicht fürchten,
daß er nichts übrig lassen werde.

Da muß ich freilich sehr um Verzeihung bitten, entgegnete sie:
wenn ich gewußt hätt', daß dir das Essen wichtiger ist als der Le¬
benswandel deines Sohns, so hätt' ich geschwiegen; aber ich hab' eben
gemeint, ich müss' reden, so lang's noch Zeit ist und eh' er vollends
ganz in den Abgrund taumelt. Wiewohl, ich hab's auch früher nicht
an Ermahnungen fehlen lassen, und die Sach' ist dir schon lang sehr
nah' gelegen; wenn's ein Wolf gewesen wär', er hätt' dich gefressen.

Der Sonnenwirth trommelte am Fenster. Hab' ich mir denken
können, schnauzte er nach einer Weile herum, daß der Bub' so aus
der Art schlagen und mit der dummen Liebschaft Ernst machen würd'?
Jetzt muß man freilich mit ihm Ernst machen, fuhr er gegen den
Chirurgen fort, dem er noch am liebsten ein Wort gönnen mochte:
und wenn man zu den schärfsten Mitteln greifen müßt', so ist das
Unglück nicht so groß, als wenn man der Sach' den Lauf läßt. Hier
muß man mit der Katz' durch den Bach.

Der Chirurgus, der bis jetzt das Reden den Andern überlassen
und sich dadurch seine Meinung frei behalten hatte, räusperte sich und
erwiderte: Das ist gar kein Zweifel, Herr Vater, diese Liebschaft ist

Ich möcht' nur wiſſen, mit was ſie ihm's angethan hat! ſeufzte
die Chirurgin, die bisher ſeine Lieblingsſchweſter geweſen war.

Pah! lachte der Krämer, ſie handelt mit kurzer Waar', und da
beißt ſo ein Unverſtand gleich an.

Ja, ſagte ſeine Frau, Schwarz iſt auch eine Farb'.

Für den Liebhaber! fiel die Sonnenwirthin ein, die eben wieder
in die Stube getreten war. Der Geſchmack verbirgt ſich nicht. Es
heißt nicht umſonſt: Sage mir, mit wem du umgehſt, ſo will ich dir
ſagen, wer du biſt. Dieſe Liebſchaft bringt's einmal recht an den
Tag. Da kann man wohl auch ſagen: Hudel find't Lumpen, Hutſch
find't ſein Hätſch.

Der Sonnenwirth, dem es bei all ſeinem eignen Verdruſſe doch
durch die Seele ſchnitt, ſeine Frau in ſeiner Gegenwart ſo von ſeinem
Sohne reden zu hören, ſagte unmuthig zu ihr: Das Zeugniß
muß ich dir geben, daß du mir da ein ſchönes Zugemüſ' angerichtet
haſt. Hätteſt's nicht beſſer anbringen können, als juſt überm Eſſen.
Wem du den Neujahrsſchmaus bereiteſt, von dem darfſt nicht fürchten,
daß er nichts übrig laſſen werde.

Da muß ich freilich ſehr um Verzeihung bitten, entgegnete ſie:
wenn ich gewußt hätt', daß dir das Eſſen wichtiger iſt als der Le¬
benswandel deines Sohns, ſo hätt' ich geſchwiegen; aber ich hab' eben
gemeint, ich müſſ' reden, ſo lang's noch Zeit iſt und eh' er vollends
ganz in den Abgrund taumelt. Wiewohl, ich hab's auch früher nicht
an Ermahnungen fehlen laſſen, und die Sach' iſt dir ſchon lang ſehr
nah' gelegen; wenn's ein Wolf geweſen wär', er hätt' dich gefreſſen.

Der Sonnenwirth trommelte am Fenſter. Hab' ich mir denken
können, ſchnauzte er nach einer Weile herum, daß der Bub' ſo aus
der Art ſchlagen und mit der dummen Liebſchaft Ernſt machen würd'?
Jetzt muß man freilich mit ihm Ernſt machen, fuhr er gegen den
Chirurgen fort, dem er noch am liebſten ein Wort gönnen mochte:
und wenn man zu den ſchärfſten Mitteln greifen müßt', ſo iſt das
Unglück nicht ſo groß, als wenn man der Sach' den Lauf läßt. Hier
muß man mit der Katz' durch den Bach.

Der Chirurgus, der bis jetzt das Reden den Andern überlaſſen
und ſich dadurch ſeine Meinung frei behalten hatte, räusperte ſich und
erwiderte: Das iſt gar kein Zweifel, Herr Vater, dieſe Liebſchaft iſt

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[135/0151] Ich möcht' nur wiſſen, mit was ſie ihm's angethan hat! ſeufzte die Chirurgin, die bisher ſeine Lieblingsſchweſter geweſen war. Pah! lachte der Krämer, ſie handelt mit kurzer Waar', und da beißt ſo ein Unverſtand gleich an. Ja, ſagte ſeine Frau, Schwarz iſt auch eine Farb'. Für den Liebhaber! fiel die Sonnenwirthin ein, die eben wieder in die Stube getreten war. Der Geſchmack verbirgt ſich nicht. Es heißt nicht umſonſt: Sage mir, mit wem du umgehſt, ſo will ich dir ſagen, wer du biſt. Dieſe Liebſchaft bringt's einmal recht an den Tag. Da kann man wohl auch ſagen: Hudel find't Lumpen, Hutſch find't ſein Hätſch. Der Sonnenwirth, dem es bei all ſeinem eignen Verdruſſe doch durch die Seele ſchnitt, ſeine Frau in ſeiner Gegenwart ſo von ſeinem Sohne reden zu hören, ſagte unmuthig zu ihr: Das Zeugniß muß ich dir geben, daß du mir da ein ſchönes Zugemüſ' angerichtet haſt. Hätteſt's nicht beſſer anbringen können, als juſt überm Eſſen. Wem du den Neujahrsſchmaus bereiteſt, von dem darfſt nicht fürchten, daß er nichts übrig laſſen werde. Da muß ich freilich ſehr um Verzeihung bitten, entgegnete ſie: wenn ich gewußt hätt', daß dir das Eſſen wichtiger iſt als der Le¬ benswandel deines Sohns, ſo hätt' ich geſchwiegen; aber ich hab' eben gemeint, ich müſſ' reden, ſo lang's noch Zeit iſt und eh' er vollends ganz in den Abgrund taumelt. Wiewohl, ich hab's auch früher nicht an Ermahnungen fehlen laſſen, und die Sach' iſt dir ſchon lang ſehr nah' gelegen; wenn's ein Wolf geweſen wär', er hätt' dich gefreſſen. Der Sonnenwirth trommelte am Fenſter. Hab' ich mir denken können, ſchnauzte er nach einer Weile herum, daß der Bub' ſo aus der Art ſchlagen und mit der dummen Liebſchaft Ernſt machen würd'? Jetzt muß man freilich mit ihm Ernſt machen, fuhr er gegen den Chirurgen fort, dem er noch am liebſten ein Wort gönnen mochte: und wenn man zu den ſchärfſten Mitteln greifen müßt', ſo iſt das Unglück nicht ſo groß, als wenn man der Sach' den Lauf läßt. Hier muß man mit der Katz' durch den Bach. Der Chirurgus, der bis jetzt das Reden den Andern überlaſſen und ſich dadurch ſeine Meinung frei behalten hatte, räusperte ſich und erwiderte: Das iſt gar kein Zweifel, Herr Vater, dieſe Liebſchaft iſt

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/151>, abgerufen am 24.11.2024.