Mit deinen lebigen Buben! spottete sie. Du meinst immer, das ganz' ledig' Mannsvolk sei hinter mir auf dem Strich.
Ich sag's nicht aus Eifersucht, entgegnete er. Aber es ist ja wohl möglich, daß dich einer auskundschaftet hat und hat dich vielleicht mit mir reden sehen. Du sagst ja selber, der Neid werd' ihn getrieben haben.
Ich bin keinem begegnet, sagte Christine, und wenn mich je einer gesehen hätt', hätt' er mich nicht erkannt, so flink bin ich gewesen. Nur Einer fällt mir ein, der hat mir ins Gesicht gesehen und könnt' mich möglicher Weis' erkannt haben. Den rechnet man aber kaum zu den ledigen Buben und er wird dich nicht eifersüchtig machen. Der Fischerhanne ist's gewesen; der ist vor seinem Haus gestanden und hat, scheint's, auf das Schießen gehorcht, hat aber dabei geschnat¬ tert vor Kälte.
Der Fischerhanne! rief Friedrich. Jetzt weiß ich wo ich dran bin. Der weißblütig' Neidteufel hat mich von jeher verfolgt. Da ist gar kein Zweifel, der ist dir gestern Nacht nachgeschlichen -- wenn ihn nur der Mordschlag troffen hätt'! -- und hat auch heut meinem Gang nachgeforscht. Dem möcht' ich jetzt für die zerbrochene Scheib' eins von seinen Gesichtsfenstern ausstoßen oder ein Eck von seinem sieben¬ eckigen Kopf wegschlagen.
Nein, du wilder, gewaltthätiger Bub'! sagte Christine, laß du ihn lieber in Frieden, sonst würdest nur aus Uebel Aerger machen.
Es ist auch wahr, erwiderte er. Und zudem seit du mein bist, ist mir's so wohl, daß ich der ganzen Welt in Fried' und Freundschaft die Hand geben möcht'. Ich muß mich eigentlich zwingen, dem Fischer¬ hanne gram zu sein, wie er's ja doch verdient. Auch meinem Vater hab' ich heut kein bös Wort geben können, wiewohl's nicht recht von ihm ist, daß er sich gegen unser Verhältniß hat einnehmen lassen und hat mich gar nicht anhören wollen.
Bleib' du immer so, sagte Christine, und wie du lieb gegen mich bist, so sei's auch gegen deine Nebenmenschen. Wir müssen die Hinder¬ nisse, die man uns in den Weg wirft, durch Liebe zu überwinden suchen.
Aber dem Racker thu' ich doch noch einmal einen Tuck, bemerkte Friedrich. Es gibt Menschen, mit denen man in Liebe und Güte nicht fertig wird, sonst fressen sie Einen auf'm Sauerkraut.
Mit deinen lebigen Buben! ſpottete ſie. Du meinſt immer, das ganz' ledig' Mannsvolk ſei hinter mir auf dem Strich.
Ich ſag's nicht aus Eiferſucht, entgegnete er. Aber es iſt ja wohl möglich, daß dich einer auskundſchaftet hat und hat dich vielleicht mit mir reden ſehen. Du ſagſt ja ſelber, der Neid werd' ihn getrieben haben.
Ich bin keinem begegnet, ſagte Chriſtine, und wenn mich je einer geſehen hätt', hätt' er mich nicht erkannt, ſo flink bin ich geweſen. Nur Einer fällt mir ein, der hat mir ins Geſicht geſehen und könnt' mich möglicher Weiſ' erkannt haben. Den rechnet man aber kaum zu den ledigen Buben und er wird dich nicht eiferſüchtig machen. Der Fiſcherhanne iſt's geweſen; der iſt vor ſeinem Haus geſtanden und hat, ſcheint's, auf das Schießen gehorcht, hat aber dabei geſchnat¬ tert vor Kälte.
Der Fiſcherhanne! rief Friedrich. Jetzt weiß ich wo ich dran bin. Der weißblütig' Neidteufel hat mich von jeher verfolgt. Da iſt gar kein Zweifel, der iſt dir geſtern Nacht nachgeſchlichen — wenn ihn nur der Mordſchlag troffen hätt'! — und hat auch heut meinem Gang nachgeforſcht. Dem möcht' ich jetzt für die zerbrochene Scheib' eins von ſeinen Geſichtsfenſtern ausſtoßen oder ein Eck von ſeinem ſieben¬ eckigen Kopf wegſchlagen.
Nein, du wilder, gewaltthätiger Bub'! ſagte Chriſtine, laß du ihn lieber in Frieden, ſonſt würdeſt nur aus Uebel Aerger machen.
Es iſt auch wahr, erwiderte er. Und zudem ſeit du mein biſt, iſt mir's ſo wohl, daß ich der ganzen Welt in Fried' und Freundſchaft die Hand geben möcht'. Ich muß mich eigentlich zwingen, dem Fiſcher¬ hanne gram zu ſein, wie er's ja doch verdient. Auch meinem Vater hab' ich heut kein bös Wort geben können, wiewohl's nicht recht von ihm iſt, daß er ſich gegen unſer Verhältniß hat einnehmen laſſen und hat mich gar nicht anhören wollen.
Bleib' du immer ſo, ſagte Chriſtine, und wie du lieb gegen mich biſt, ſo ſei's auch gegen deine Nebenmenſchen. Wir müſſen die Hinder¬ niſſe, die man uns in den Weg wirft, durch Liebe zu überwinden ſuchen.
Aber dem Racker thu' ich doch noch einmal einen Tuck, bemerkte Friedrich. Es gibt Menſchen, mit denen man in Liebe und Güte nicht fertig wird, ſonſt freſſen ſie Einen auf'm Sauerkraut.
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Mit deinen lebigen Buben! ſpottete ſie. Du meinſt immer, das
ganz' ledig' Mannsvolk ſei hinter mir auf dem Strich.
Ich ſag's nicht aus Eiferſucht, entgegnete er. Aber es iſt ja wohl
möglich, daß dich einer auskundſchaftet hat und hat dich vielleicht mit
mir reden ſehen. Du ſagſt ja ſelber, der Neid werd' ihn getrieben
haben.
Ich bin keinem begegnet, ſagte Chriſtine, und wenn mich je einer
geſehen hätt', hätt' er mich nicht erkannt, ſo flink bin ich geweſen.
Nur Einer fällt mir ein, der hat mir ins Geſicht geſehen und könnt'
mich möglicher Weiſ' erkannt haben. Den rechnet man aber kaum
zu den ledigen Buben und er wird dich nicht eiferſüchtig machen.
Der Fiſcherhanne iſt's geweſen; der iſt vor ſeinem Haus geſtanden
und hat, ſcheint's, auf das Schießen gehorcht, hat aber dabei geſchnat¬
tert vor Kälte.
Der Fiſcherhanne! rief Friedrich. Jetzt weiß ich wo ich dran bin.
Der weißblütig' Neidteufel hat mich von jeher verfolgt. Da iſt gar
kein Zweifel, der iſt dir geſtern Nacht nachgeſchlichen — wenn ihn
nur der Mordſchlag troffen hätt'! — und hat auch heut meinem Gang
nachgeforſcht. Dem möcht' ich jetzt für die zerbrochene Scheib' eins
von ſeinen Geſichtsfenſtern ausſtoßen oder ein Eck von ſeinem ſieben¬
eckigen Kopf wegſchlagen.
Nein, du wilder, gewaltthätiger Bub'! ſagte Chriſtine, laß du
ihn lieber in Frieden, ſonſt würdeſt nur aus Uebel Aerger machen.
Es iſt auch wahr, erwiderte er. Und zudem ſeit du mein biſt,
iſt mir's ſo wohl, daß ich der ganzen Welt in Fried' und Freundſchaft
die Hand geben möcht'. Ich muß mich eigentlich zwingen, dem Fiſcher¬
hanne gram zu ſein, wie er's ja doch verdient. Auch meinem Vater
hab' ich heut kein bös Wort geben können, wiewohl's nicht recht von
ihm iſt, daß er ſich gegen unſer Verhältniß hat einnehmen laſſen und
hat mich gar nicht anhören wollen.
Bleib' du immer ſo, ſagte Chriſtine, und wie du lieb gegen mich
biſt, ſo ſei's auch gegen deine Nebenmenſchen. Wir müſſen die Hinder¬
niſſe, die man uns in den Weg wirft, durch Liebe zu überwinden ſuchen.
Aber dem Racker thu' ich doch noch einmal einen Tuck, bemerkte
Friedrich. Es gibt Menſchen, mit denen man in Liebe und Güte nicht
fertig wird, ſonſt freſſen ſie Einen auf'm Sauerkraut.
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/154>, abgerufen am 24.11.2024.
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