mehr anders zu machen. Das Mädle will mich und ich will sie; uns zwei reißt niemand mehr aus einander. Also handelt wie ein recht¬ schaffener Vater an seinem Kind handeln soll, und tretet nicht auch noch zu unsern Feinden.
Die beiden Alten eiferten und schalten heftig über diese eigen¬ mächtige Art, eine Liebschaft anzufangen, und namentlich meinte die Hirschbäuerin, ihre Tochter hätte wohl eine Züchtigung dafür verdient. Auch betheuerte sie, sie habe nie daran gedacht, daß er darum in ihr Haus gekommen sei, um durch ein Liebesverhältniß mit ihrer Tochter seinen Eltern Verdruß zu machen, und wälzte jede Verantwortlichkeit dafür feierlich von sich ab. Allein ungeachtet des polternden Tones waren Beide sichtbar besänftigt durch die Offenheit, mit welcher der junge Mann seine Gesinnung ausgesprochen hatte. Sie gaben sich jedoch Mühe, dies nicht merken zu lassen, und der Hirschbauer sagte: Man spricht auch, daß Er so gewaltthätig sei und daß man von Ihm nichts als Ungelegenheit haben werde; Er soll ja haben verlauten lassen, wenn Er Seinen Willen nicht durchsetze, so werde Er Alles über Einen Haufen stechen und den Flecken anzünden.
Das ist nicht wahr! rief Friedrich entrüstet, es ist kein solches Wort aus meinem Mund gangen. Wer hat das gesagt? Er soll sich stellen und mich überführen.
Der Hirschbauer schwieg.
Ich weiß schon, fuhr Friedrich fort. Meine Stiefmutter -- Ihr müßt sie nicht meine Mutter heißen -- die sucht mich auszurotten, sie gönnt mir das Schwarze unterm Nagel nicht. Aber saget selber: wie stimmen ihre Reden zusammen? Wie kann sie denn behaupten, ich möcht' über alle Berg' und aus diesen Banden los sein, wenn sie hinwieder von mir sagt, ich sei auf meinen Willen so versessen, daß ich sengen und brennen woll', wenn ich Eure Tochter nicht krieg'? -- Ohne die hätt' ich bei meinem Vater ein leichters Spiel. Wenn meine Schwester und ihr Mann, der Chirurgus, nicht wären, so ging' ich gar nicht fort, denn sie thät' mich in meiner Abwesenheit vollends ganz untergraben, aber ich hoff', die zwei werden mich vertheidigen.
Vielleicht, sagte der Hirschbauer nach einigem Besinnen, ließ' sich ein Wort mit Seinem Herrn Schwager reden und auch mit dem Herrn
mehr anders zu machen. Das Mädle will mich und ich will ſie; uns zwei reißt niemand mehr aus einander. Alſo handelt wie ein recht¬ ſchaffener Vater an ſeinem Kind handeln ſoll, und tretet nicht auch noch zu unſern Feinden.
Die beiden Alten eiferten und ſchalten heftig über dieſe eigen¬ mächtige Art, eine Liebſchaft anzufangen, und namentlich meinte die Hirſchbäuerin, ihre Tochter hätte wohl eine Züchtigung dafür verdient. Auch betheuerte ſie, ſie habe nie daran gedacht, daß er darum in ihr Haus gekommen ſei, um durch ein Liebesverhältniß mit ihrer Tochter ſeinen Eltern Verdruß zu machen, und wälzte jede Verantwortlichkeit dafür feierlich von ſich ab. Allein ungeachtet des polternden Tones waren Beide ſichtbar beſänftigt durch die Offenheit, mit welcher der junge Mann ſeine Geſinnung ausgeſprochen hatte. Sie gaben ſich jedoch Mühe, dies nicht merken zu laſſen, und der Hirſchbauer ſagte: Man ſpricht auch, daß Er ſo gewaltthätig ſei und daß man von Ihm nichts als Ungelegenheit haben werde; Er ſoll ja haben verlauten laſſen, wenn Er Seinen Willen nicht durchſetze, ſo werde Er Alles über Einen Haufen ſtechen und den Flecken anzünden.
Das iſt nicht wahr! rief Friedrich entrüſtet, es iſt kein ſolches Wort aus meinem Mund gangen. Wer hat das geſagt? Er ſoll ſich ſtellen und mich überführen.
Der Hirſchbauer ſchwieg.
Ich weiß ſchon, fuhr Friedrich fort. Meine Stiefmutter — Ihr müßt ſie nicht meine Mutter heißen — die ſucht mich auszurotten, ſie gönnt mir das Schwarze unterm Nagel nicht. Aber ſaget ſelber: wie ſtimmen ihre Reden zuſammen? Wie kann ſie denn behaupten, ich möcht' über alle Berg' und aus dieſen Banden los ſein, wenn ſie hinwieder von mir ſagt, ich ſei auf meinen Willen ſo verſeſſen, daß ich ſengen und brennen woll', wenn ich Eure Tochter nicht krieg'? — Ohne die hätt' ich bei meinem Vater ein leichters Spiel. Wenn meine Schweſter und ihr Mann, der Chirurgus, nicht wären, ſo ging' ich gar nicht fort, denn ſie thät' mich in meiner Abweſenheit vollends ganz untergraben, aber ich hoff', die zwei werden mich vertheidigen.
Vielleicht, ſagte der Hirſchbauer nach einigem Beſinnen, ließ' ſich ein Wort mit Seinem Herrn Schwager reden und auch mit dem Herrn
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mehr anders zu machen. Das Mädle will mich und ich will ſie; uns
zwei reißt niemand mehr aus einander. Alſo handelt wie ein recht¬
ſchaffener Vater an ſeinem Kind handeln ſoll, und tretet nicht auch
noch zu unſern Feinden.
Die beiden Alten eiferten und ſchalten heftig über dieſe eigen¬
mächtige Art, eine Liebſchaft anzufangen, und namentlich meinte die
Hirſchbäuerin, ihre Tochter hätte wohl eine Züchtigung dafür verdient.
Auch betheuerte ſie, ſie habe nie daran gedacht, daß er darum in ihr
Haus gekommen ſei, um durch ein Liebesverhältniß mit ihrer Tochter
ſeinen Eltern Verdruß zu machen, und wälzte jede Verantwortlichkeit
dafür feierlich von ſich ab. Allein ungeachtet des polternden Tones
waren Beide ſichtbar beſänftigt durch die Offenheit, mit welcher der
junge Mann ſeine Geſinnung ausgeſprochen hatte. Sie gaben ſich
jedoch Mühe, dies nicht merken zu laſſen, und der Hirſchbauer ſagte:
Man ſpricht auch, daß Er ſo gewaltthätig ſei und daß man von Ihm
nichts als Ungelegenheit haben werde; Er ſoll ja haben verlauten
laſſen, wenn Er Seinen Willen nicht durchſetze, ſo werde Er Alles
über Einen Haufen ſtechen und den Flecken anzünden.
Das iſt nicht wahr! rief Friedrich entrüſtet, es iſt kein ſolches
Wort aus meinem Mund gangen. Wer hat das geſagt? Er ſoll
ſich ſtellen und mich überführen.
Der Hirſchbauer ſchwieg.
Ich weiß ſchon, fuhr Friedrich fort. Meine Stiefmutter — Ihr
müßt ſie nicht meine Mutter heißen — die ſucht mich auszurotten,
ſie gönnt mir das Schwarze unterm Nagel nicht. Aber ſaget ſelber:
wie ſtimmen ihre Reden zuſammen? Wie kann ſie denn behaupten,
ich möcht' über alle Berg' und aus dieſen Banden los ſein, wenn ſie
hinwieder von mir ſagt, ich ſei auf meinen Willen ſo verſeſſen, daß
ich ſengen und brennen woll', wenn ich Eure Tochter nicht krieg'?
— Ohne die hätt' ich bei meinem Vater ein leichters Spiel. Wenn
meine Schweſter und ihr Mann, der Chirurgus, nicht wären, ſo
ging' ich gar nicht fort, denn ſie thät' mich in meiner Abweſenheit
vollends ganz untergraben, aber ich hoff', die zwei werden mich
vertheidigen.
Vielleicht, ſagte der Hirſchbauer nach einigem Beſinnen, ließ' ſich
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/162>, abgerufen am 25.11.2024.
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