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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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vor, daß es jetzt höchste Zeit sei, an die Einrichtung eines kleinen
Hauswesens zu denken, und daß er zu diesem Zwecke sein mütter¬
liches Vermögen heraushaben müsse.

Nun, nun, sagte der Alte, es hat ja noch Zeit. Ich seh' über¬
haupt nicht ein, wozu du so viel Geld brauchst. Du hast ja selbst
gesagt, du wollest froh sein, wenn du mir als Knecht dienen dürfest.

Ich bin's zufrieden, entgegnete der Sohn, aber ich muß doch we¬
nigstens eine Stube haben, wo ich mit meinem Weib drin wohnen kann.

Als Knecht kannst du bei mir wohnen, wie bisher.

Ja, wollt Ihr denn mein Weib auch zu Euch in's Haus nehmen?
fragte der Sohn mit einem Freudenschimmer in den Augen.

Das kommt noch auf's Wohlverhalten an, antwortete der Vater
mit einem spöttischen Blick. Am End' wär's freilich das Best', ich
nähm' euch Beide unter Aufsicht; ihr könntet's vielleicht brauchen.

Der Alte ging seinen häuslichen Verrichtungen nach, ohne sich zu
einer bestimmten Erklärung bringen zu lassen. Ein paar weitere Ver¬
suche seines Sohnes liefen eben so ab und er erhielt nichts als aus¬
weichende, räthselnde, stichelnde Antworten, wobei der Alte jedesmal
ein Geschäft oder einen Besuch zu benutzen wußte, um das Gespräch
abzubrechen. Friedrich verging beinahe vor Unmuth und Ungeduld,
aber er hatte Christinen versprechen müssen, diese letzten Tage der
Prüfung vollends in Ruhe auszuharren. -- Sieh, ich hab' Esels¬
geduld, sagte er oft zu ihr.

Unterdessen war die Sonnenwirthin nicht müßig gewesen, im Wege
der Gunst wie des Hasses auf ihre Gönnerin, die Amtmännin, und
durch diese auf den Amtmann einzuwirken. Es wäre ja doch schreck¬
lich, sagte sie, wenn so ein eigensinniger, gewaltthätiger Trotzkopf ver¬
nünftige Leute abzwingen könnte. Der Amtmann, der sich gleichfalls
von ihm überrumpelt sah, hatte, nachdem die erste kirchliche Handlung
durchgesetzt war, doppelte Lust gewonnen, die Heirath doch noch am
Ziele zu hintertreiben. Er schalt auf die Regierung, welche viel zu
liberal sei und das junge Volk, wenn es nur brav Dispensgelder
bezahle, in's Blaue hinein heirathen und den Gemeinden zur Last
fallen lasse; übrigens, meinte er, der Sonnenwirth brauche nur den
Taugenichts aus dem Hause zu jagen und jede Verbindung mit ihm
abzubrechen, dann habe er allen Boden unter den Füßen verloren,

vor, daß es jetzt höchſte Zeit ſei, an die Einrichtung eines kleinen
Hausweſens zu denken, und daß er zu dieſem Zwecke ſein mütter¬
liches Vermögen heraushaben müſſe.

Nun, nun, ſagte der Alte, es hat ja noch Zeit. Ich ſeh' über¬
haupt nicht ein, wozu du ſo viel Geld brauchſt. Du haſt ja ſelbſt
geſagt, du wolleſt froh ſein, wenn du mir als Knecht dienen dürfeſt.

Ich bin's zufrieden, entgegnete der Sohn, aber ich muß doch we¬
nigſtens eine Stube haben, wo ich mit meinem Weib drin wohnen kann.

Als Knecht kannſt du bei mir wohnen, wie bisher.

Ja, wollt Ihr denn mein Weib auch zu Euch in's Haus nehmen?
fragte der Sohn mit einem Freudenſchimmer in den Augen.

Das kommt noch auf's Wohlverhalten an, antwortete der Vater
mit einem ſpöttiſchen Blick. Am End' wär's freilich das Beſt', ich
nähm' euch Beide unter Aufſicht; ihr könntet's vielleicht brauchen.

Der Alte ging ſeinen häuslichen Verrichtungen nach, ohne ſich zu
einer beſtimmten Erklärung bringen zu laſſen. Ein paar weitere Ver¬
ſuche ſeines Sohnes liefen eben ſo ab und er erhielt nichts als aus¬
weichende, räthſelnde, ſtichelnde Antworten, wobei der Alte jedesmal
ein Geſchäft oder einen Beſuch zu benutzen wußte, um das Geſpräch
abzubrechen. Friedrich verging beinahe vor Unmuth und Ungeduld,
aber er hatte Chriſtinen verſprechen müſſen, dieſe letzten Tage der
Prüfung vollends in Ruhe auszuharren. — Sieh, ich hab' Eſels¬
geduld, ſagte er oft zu ihr.

Unterdeſſen war die Sonnenwirthin nicht müßig geweſen, im Wege
der Gunſt wie des Haſſes auf ihre Gönnerin, die Amtmännin, und
durch dieſe auf den Amtmann einzuwirken. Es wäre ja doch ſchreck¬
lich, ſagte ſie, wenn ſo ein eigenſinniger, gewaltthätiger Trotzkopf ver¬
nünftige Leute abzwingen könnte. Der Amtmann, der ſich gleichfalls
von ihm überrumpelt ſah, hatte, nachdem die erſte kirchliche Handlung
durchgeſetzt war, doppelte Luſt gewonnen, die Heirath doch noch am
Ziele zu hintertreiben. Er ſchalt auf die Regierung, welche viel zu
liberal ſei und das junge Volk, wenn es nur brav Dispensgelder
bezahle, in's Blaue hinein heirathen und den Gemeinden zur Laſt
fallen laſſe; übrigens, meinte er, der Sonnenwirth brauche nur den
Taugenichts aus dem Hauſe zu jagen und jede Verbindung mit ihm
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[235/0251] vor, daß es jetzt höchſte Zeit ſei, an die Einrichtung eines kleinen Hausweſens zu denken, und daß er zu dieſem Zwecke ſein mütter¬ liches Vermögen heraushaben müſſe. Nun, nun, ſagte der Alte, es hat ja noch Zeit. Ich ſeh' über¬ haupt nicht ein, wozu du ſo viel Geld brauchſt. Du haſt ja ſelbſt geſagt, du wolleſt froh ſein, wenn du mir als Knecht dienen dürfeſt. Ich bin's zufrieden, entgegnete der Sohn, aber ich muß doch we¬ nigſtens eine Stube haben, wo ich mit meinem Weib drin wohnen kann. Als Knecht kannſt du bei mir wohnen, wie bisher. Ja, wollt Ihr denn mein Weib auch zu Euch in's Haus nehmen? fragte der Sohn mit einem Freudenſchimmer in den Augen. Das kommt noch auf's Wohlverhalten an, antwortete der Vater mit einem ſpöttiſchen Blick. Am End' wär's freilich das Beſt', ich nähm' euch Beide unter Aufſicht; ihr könntet's vielleicht brauchen. Der Alte ging ſeinen häuslichen Verrichtungen nach, ohne ſich zu einer beſtimmten Erklärung bringen zu laſſen. Ein paar weitere Ver¬ ſuche ſeines Sohnes liefen eben ſo ab und er erhielt nichts als aus¬ weichende, räthſelnde, ſtichelnde Antworten, wobei der Alte jedesmal ein Geſchäft oder einen Beſuch zu benutzen wußte, um das Geſpräch abzubrechen. Friedrich verging beinahe vor Unmuth und Ungeduld, aber er hatte Chriſtinen verſprechen müſſen, dieſe letzten Tage der Prüfung vollends in Ruhe auszuharren. — Sieh, ich hab' Eſels¬ geduld, ſagte er oft zu ihr. Unterdeſſen war die Sonnenwirthin nicht müßig geweſen, im Wege der Gunſt wie des Haſſes auf ihre Gönnerin, die Amtmännin, und durch dieſe auf den Amtmann einzuwirken. Es wäre ja doch ſchreck¬ lich, ſagte ſie, wenn ſo ein eigenſinniger, gewaltthätiger Trotzkopf ver¬ nünftige Leute abzwingen könnte. Der Amtmann, der ſich gleichfalls von ihm überrumpelt ſah, hatte, nachdem die erſte kirchliche Handlung durchgeſetzt war, doppelte Luſt gewonnen, die Heirath doch noch am Ziele zu hintertreiben. Er ſchalt auf die Regierung, welche viel zu liberal ſei und das junge Volk, wenn es nur brav Dispensgelder bezahle, in's Blaue hinein heirathen und den Gemeinden zur Laſt fallen laſſe; übrigens, meinte er, der Sonnenwirth brauche nur den Taugenichts aus dem Hauſe zu jagen und jede Verbindung mit ihm abzubrechen, dann habe er allen Boden unter den Füßen verloren,

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/251>, abgerufen am 22.11.2024.