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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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und so kommt er gewöhnlich in einem Sarras und rapportirt, der
Spitzbub' sei just vor ihm dagewesen, er habe ihn aber nicht mehr
angetroffen.

Die Amtmännin nahm sich die Freiheit, in den Ausschreiben zu
kramen und einzelne Stellen halblaut zu lesen. "Um den Flecken
Posten ausstellen," las sie, "sämmtliche Metzger mit ihren Knechten
dazu beordern, mit Gewehren in Händen, wozu insonderheit des Schwanen¬
wirths zu ziehen."

Sie blickte den Amtmann fragend an. Freilich! lachte dieser: weil
der Sonnenwirth Schwan heißt, so schreibt er immer: der Schwanen¬
wirth. -- Er nahm einen Erlaß aus dem Fache und deutete auf eine
Stelle. Sieh, so schrieb er damals, als der Fleckenschaden nach Hohen¬
twiel verurtheilt wurde: "Es ist dem Schwanenwirth zu bedeuten, daß
er cum venia ein paar Schuh und etliche Kleidung schicken, übrigens
aber sich getrösten solle, daß sein boshafter Sohn ihme künftighin in
seinem Leben keinen Verdruß mehr machen werde."

Darin ist er kein Prophet gewesen, sagte die Amtmännin lachend.
Sie las weiter: "Dafern sie etwas Verdächtiges vermerken, die Hunde
laufen lassen und mit Behutsamkeit anhetzen." Das ist wirklich ko¬
misch! rief sie und beide brachen in ein schallendes Gelächter aus.
"Verspreche mir übrigens wenigen Effect," las sie weiter, und setzte
hinzu: Ich auch.

Natürlich, sagte der Amtmann, schon deswegen, weil der abgefeimte
Schurke mit allen Hunden im Flecken auf dem besten Fuße steht. Ich
weiß nicht, was er für Jaunerkünste dabei anwendet.

Die Amtmännin griff nach einem andern Schreiben und las: "Bei
der geringsten Spur wiedermalen Sturm schlagen lassen" --

Das ist nonsens! rief der Amtmann. Das thu' ich nicht! Das
brächte mir den Flecken vollends bei der ganzen Umgegend in Mi߬
credit. Sie kämen ja, weiß Gott, mit Spritzen angefahren, wenn sie
die Sturmglocke hören würden, und wenn sie dann erführen, daß es
sich um den einzigen Höllenbrand handelt, so wäre des Gelächters
kein Ende.

"Allen Burgern", las sie weiter, "bei hoher und Leibesstraf' in¬
jungiren, sich ohne Widersetzlichkeit dem Streif zu unterziehen, welcher

und ſo kommt er gewöhnlich in einem Sarras und rapportirt, der
Spitzbub' ſei juſt vor ihm dageweſen, er habe ihn aber nicht mehr
angetroffen.

Die Amtmännin nahm ſich die Freiheit, in den Ausſchreiben zu
kramen und einzelne Stellen halblaut zu leſen. „Um den Flecken
Poſten ausſtellen,“ las ſie, „ſämmtliche Metzger mit ihren Knechten
dazu beordern, mit Gewehren in Händen, wozu inſonderheit des Schwanen¬
wirths zu ziehen.“

Sie blickte den Amtmann fragend an. Freilich! lachte dieſer: weil
der Sonnenwirth Schwan heißt, ſo ſchreibt er immer: der Schwanen¬
wirth. — Er nahm einen Erlaß aus dem Fache und deutete auf eine
Stelle. Sieh, ſo ſchrieb er damals, als der Fleckenſchaden nach Hohen¬
twiel verurtheilt wurde: „Es iſt dem Schwanenwirth zu bedeuten, daß
er cum venia ein paar Schuh und etliche Kleidung ſchicken, übrigens
aber ſich getröſten ſolle, daß ſein boshafter Sohn ihme künftighin in
ſeinem Leben keinen Verdruß mehr machen werde.“

Darin iſt er kein Prophet geweſen, ſagte die Amtmännin lachend.
Sie las weiter: „Dafern ſie etwas Verdächtiges vermerken, die Hunde
laufen laſſen und mit Behutſamkeit anhetzen.“ Das iſt wirklich ko¬
miſch! rief ſie und beide brachen in ein ſchallendes Gelächter aus.
„Verſpreche mir übrigens wenigen Effect,“ las ſie weiter, und ſetzte
hinzu: Ich auch.

Natürlich, ſagte der Amtmann, ſchon deswegen, weil der abgefeimte
Schurke mit allen Hunden im Flecken auf dem beſten Fuße ſteht. Ich
weiß nicht, was er für Jaunerkünſte dabei anwendet.

Die Amtmännin griff nach einem andern Schreiben und las: „Bei
der geringſten Spur wiedermalen Sturm ſchlagen laſſen“ —

Das iſt nonsens! rief der Amtmann. Das thu' ich nicht! Das
brächte mir den Flecken vollends bei der ganzen Umgegend in Mi߬
credit. Sie kämen ja, weiß Gott, mit Spritzen angefahren, wenn ſie
die Sturmglocke hören würden, und wenn ſie dann erführen, daß es
ſich um den einzigen Höllenbrand handelt, ſo wäre des Gelächters
kein Ende.

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[325/0341] und ſo kommt er gewöhnlich in einem Sarras und rapportirt, der Spitzbub' ſei juſt vor ihm dageweſen, er habe ihn aber nicht mehr angetroffen. Die Amtmännin nahm ſich die Freiheit, in den Ausſchreiben zu kramen und einzelne Stellen halblaut zu leſen. „Um den Flecken Poſten ausſtellen,“ las ſie, „ſämmtliche Metzger mit ihren Knechten dazu beordern, mit Gewehren in Händen, wozu inſonderheit des Schwanen¬ wirths zu ziehen.“ Sie blickte den Amtmann fragend an. Freilich! lachte dieſer: weil der Sonnenwirth Schwan heißt, ſo ſchreibt er immer: der Schwanen¬ wirth. — Er nahm einen Erlaß aus dem Fache und deutete auf eine Stelle. Sieh, ſo ſchrieb er damals, als der Fleckenſchaden nach Hohen¬ twiel verurtheilt wurde: „Es iſt dem Schwanenwirth zu bedeuten, daß er cum venia ein paar Schuh und etliche Kleidung ſchicken, übrigens aber ſich getröſten ſolle, daß ſein boshafter Sohn ihme künftighin in ſeinem Leben keinen Verdruß mehr machen werde.“ Darin iſt er kein Prophet geweſen, ſagte die Amtmännin lachend. Sie las weiter: „Dafern ſie etwas Verdächtiges vermerken, die Hunde laufen laſſen und mit Behutſamkeit anhetzen.“ Das iſt wirklich ko¬ miſch! rief ſie und beide brachen in ein ſchallendes Gelächter aus. „Verſpreche mir übrigens wenigen Effect,“ las ſie weiter, und ſetzte hinzu: Ich auch. Natürlich, ſagte der Amtmann, ſchon deswegen, weil der abgefeimte Schurke mit allen Hunden im Flecken auf dem beſten Fuße ſteht. Ich weiß nicht, was er für Jaunerkünſte dabei anwendet. Die Amtmännin griff nach einem andern Schreiben und las: „Bei der geringſten Spur wiedermalen Sturm ſchlagen laſſen“ — Das iſt nonsens! rief der Amtmann. Das thu' ich nicht! Das brächte mir den Flecken vollends bei der ganzen Umgegend in Mi߬ credit. Sie kämen ja, weiß Gott, mit Spritzen angefahren, wenn ſie die Sturmglocke hören würden, und wenn ſie dann erführen, daß es ſich um den einzigen Höllenbrand handelt, ſo wäre des Gelächters kein Ende. „Allen Burgern“, las ſie weiter, „bei hoher und Leibesſtraf' in¬ jungiren, ſich ohne Widerſetzlichkeit dem Streif zu unterziehen, welcher

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/341>, abgerufen am 22.11.2024.